Vor einigen Tagen beim Entladen des Autos hatte ich bereits alle Hände voll mit Taschen und sonstigem Gedöns, also klemmte ich die Schatzkiste unter den Arm und setzte mir den schwarzen Hut mit den langen Straußenfedern kurzerhand auf den Kopf. Das zog sofort die Aufmerksamkeit einiger Passanten auf sich, ein Mann von der anderen Straßenseite rief ein erstauntes „Hohoho“ herüber. Was sollte ich groß erklären? „Ich bin nebenberuflich als Pirat tätig!“ – ist doch egal, was meine Nachbarn jetzt denken.
Natürlich stimmt der Satz so auch nicht. Ich übe meine Piratentätigkeit durchaus in meinem Hauptberuf aus. Als Bibliothekarin muss man vielseitig sein, und es warten immer wieder ungewöhnliche Aufgaben und Abenteuer auf uns Büchermenschen.
Für eine Veranstaltung zur Leseförderung wurden meine Kolleginnen und ich eben zu Piraten. Eine ganze Klasse war zu einem Mottoabend eingeladen. Planung und Durchführung sind recht aufwändig, selbst wenn wir auf ein bereits mehrfach erprobtes Konzept zurückgreifen können. Entwickelt hatte es unsere Leiterin der Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle Frau Nothdurft. Im Mittelpunkt steht das Buch „Die unglaubliche Geschichte von der Riesenbirne“.

Piraten-Requisiten für einen Mottoabend in der Bibliothek
Wir lesen einen (leicht überarbeiteten) Ausschnitt aus dem Buch vor, zwei Vorleser im Wechsel; die Geschichte mit ihren vielen Figuren und der spannenden, sehr skurril-phantasievollen Abenteuerreise ist ein hervorragendes Vorlesebuch, das nicht nur den Kindern, sondern auch uns Erwachsenen Spaß macht. Natürlich haben wir mitten an einer besonders spannenden Stelle aufgehört, kurz nach dem Auftritt der wilden Piraten.
An diesem Abend gab es als kleinen Imbiss Schiffszwieback und Brackwasser. Nein, nein, liebe besorgte Eltern, das waren natürlich süße Kekse und Salzgebäck sowie ganz sauberes Tafelwasser. Ach.
In mehreren Spiel- und Bastelstationen konnten die Kinder „Bullaugen“ ausmalen, „Schiffe versenken“ spielen, Origami-Schiffe falten (die wurden noch für einen überraschenden Trick gebraucht), eine eigene Piratenflagge kreieren, ein Schiffe-Puste-Spiel gegeneinander spielen. Die Kinder waren begeistert und sehr kreativ. Anschließend halfen sie sogar freiwillig beim „Deckschrubben“, schön im Rhythmus eines schmissigen Seemannsliedes. Das gemeinsame Grölen eines Shantys, laut aber nicht schön, haben wir uns diesmal erspart.
Zur Belohnung gab es noch eine Schatzsuche; nach wahrlich stürmischer Suche wurde die Schatzkiste auch endlich gefunden. Doch als unsere Piratenkapitänin die süße Beute für später beiseite stellen wollte, gab es eine waschechte Meuterei. Aus den Leichtmatrosen waren halt echte Piraten geworden. So hatte sich am Ende jeder noch eine Urkunde verdient.
Ich denke, wir haben die Kinder mit vielen phantasievollen Eindrücken und Anregungen in die Osterferien geschickt. Und meine Kolleginnen und ich waren einfach nur froh, dass wir am nächsten Tag dienstfrei hatten.
hilda