Was soll’s, scheiß drauf. Das ist das letzte Glas, das ich mit Ihnen trinke. Sie sind wirklich ein seltsamer Mensch. Vielleicht gleichen Sie mir ein wenig. Sie haben eine fast schon verdächtige Fähigkeit zuzuhören. Ich frage mich, ob Sie … Na gut. Vielleicht noch ein Glas, bevor ich gehe. Was soll’s, scheiß drauf. Ich hatte noch nicht das Vergnügen, Ihren Namen kennenzulernen. Ich bin Salman.
„Hassan Blasim, angenehm!“
So endet die Kurzgeschichte „Der Wolf“. Das Buch besteht aus über 20 Erzählungen, die den Irak der letzten Jahrzehnte zeigen und die Menschen, die in der Diktatur, in einem der vielen Kriege, im Chaos der Besatzungszeit, auf der Flucht oder im Exil zu Opfern und Tätern gleichzeitig werden.
Gewiss keine leichte Kost. Menschen sterben. Menschen töten. Menschen sehen zu, wie andere Menschen töten und sterben. Krieg, Fanatismus, Sadismus, Angst, Ausweglosigkeit, Wahnsinn.
Wie erzählt man von einem Land, das sich seit 35 Jahren im Krieg befindet? Wie erzählt man von der Psyche des Krieges, von dem alltäglichen Horror, der immer mehr Menschen zur Flucht zwingt? Und wie erzählt man von denen, die fliehen?

Der Verrückte vom Freiheitsplatz / von Hassan Blasim
So fragt der Klappentext. Und der Autor erspart uns die Horrorbilder nicht. Das ist fast unerträglich. Aber Hassan Blasim zeigt uns den Schrecken im Spiegel der Albträume und des Wahnsinns verzerrt und macht es uns damit etwas leichter; seine Geschichten gleiten ins Surreale, seine Figuren wissen oft nicht, ob sie träumen oder halluzinieren. War da wirklich ein Wolf in der Wohnung des Erzählers aus der oben zitierten Kurzgeschichte? Oder phantasiert der Mann – im Suff, traumatisiert, krank?
Als Leser kann man das Buch nach jeder Geschichte beiseite legen, wir können die gerade erträgliche Dosis Horror selbst wählen, der wir uns aussetzen wollen. Ich habe das Buch bereits im letzten Jahr begonnen und bin erst knapp über die Mitte hinaus. Und vielleicht lese ich auch nicht alle Erzählungen, denn egal wie surreal sie auch sein mögen, Krieg, Terror und Tod sind mir zurzeit viel zu real.
Blasim, Hassan : Der Verrückte vom Freiheitsplatz und andere Geschichten über den Irak / aus dem Arabischen von Hartmut Fähndrich. – München : Kunstmann, 2015. – 255 S.
ISBN 978-3-95614-058-7
Hier der Link zum Bibliotheksexemplar.
hilda
Elizzy von read books and fall in love hat sich für alle, die teilnehmen mögen, folgende Blogaktion ausgedacht: der „Mittendrin Mittwoch“. Er besteht aus immer neuen Zeilen aus Büchern, in denen wir aktuell wortwörtlich mittendrin stecken.