Familientag in der Stadtbibliothek am Neumarkt

Ihr habt euch noch nicht für das Wochenende mit Büchern, Musik und Filmen eingedeckt? Dann wird es aber langsam Zeit. Am Samstag könnt ihr sogar richtig lange bei uns stöbern. Oder auch basteln, Kaffee trinken, Kuchen essen, den Flohmarkt unsicher machen – eigentlich alles was das Herz begehrt. Denn am sogenannten Familiensamstag sind wir von 11 bis 18 Uhr für euch da.

Das gesamte Programm gibt es hier:
https://www.stadtbibliothek-bielefeld.de/…/20171028_Flyer_F…

Also: herkommen, verweilen, mitmachen und eine schöne Zeit verbringen – wir freuen uns schon.

Literaturtage 2017: Hagard – Lukas Bärfuss

Hagard | Roman

Moderation: Dr. Maria Kublitz-Kramer, Literarische Gesellschaft

Das Leben vollzieht sich in ruhigen Bahnen. … Selten wird hier eine Existenz nach dem vierzigsten Lebensjahr anders zu Ende gehen als mit einem allmählichen Verglühen, was vielleicht der falsche Begriff ist, da er ein Brennen voraussetzt.
Philip, ein Liegenschaftsverwalter Ende Vierzig, bestens eingefügt in das normierte Gefüge, wird sich innerhalb von 36 Stunden ruinieren. Anfangs ist es ein Spiel, das er jederzeit abbrechen könnte. Um eine Wartezeit zu überbrücken, folgt der termingetriebene Mann aus einer Laune heraus einer wildfremden Frau quer durch Zürich. Genauer gesagt, er folgt ihren Schuhen, die ihm als Erstes auffallen: pflaumenblaue Ballerinas. Wissend um die Ungehörigkeit, bleibt er ihr, deren Gesicht er nicht einmal sehen kann, trotzdem distanziert auf den Fersen, wird dadurch erst zum Schwarzfahrer, dann zum Betrüger.
Er will ja nur sehen, wohin die junge Frau geht. Er lässt sich betören, genießt ihre Gesten, ihre Anmut, sieht das Licht auf ihrem Haar. Vielleicht könnte ihn seine Sekretärin Vera retten, die allerdings, wegen einer flauen Liebschaft, den entscheidenden Anruf im Büro verpasst. Und da gibt es die übergenaue Kinderfrau, die illegal in der Schweiz lebt. Eigentlich sollte Philip sich um die vielleicht inzwischen verunglückten Senioren kümmern, denen er das Ferienhausobjekt in Spanien verkaufen will.
Eine völlig andere Dimension der Unsicherheit wird im Handlungshintergrund virulent, als Philip von der spurlos verschwundenen Boeing 777 der Malaysia Airlines und anderen verstörenden Weltereignissen erfährt. Während die Energiereserven seines Smartphone-Akkus kontinuierlich absacken, die Hinweise auf die Pegelstände durchziehen den Roman, rennt der effektivitätsgetrimmte Mann weiter in sein Unglück.

Musikalische Begleitung: Matthias Klause-Gauster am Flügel

Am 26.10.2017 | Literaturbühne im Erdgeschoss | Einlass ab 18.30 Uhr

Der Eintritt beträgt 8 Euro, ermäßigt 6 Euro, Dauerkarte 50 Euro.

Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Literarischen Gesellschaft OWL, Literaturhaus Bielefeld e.V.

 

Literaturtage 2017: Die grosse Heimkehr – Anna Kim

Die große Heimkehr | Roman

Moderation: Angelika Teller

Was wissen wir eigentlich über die Geschichte Koreas? Dass es ein geteiltes Land ist, wie einst Deutschland. Dass Nordkorea, regiert von einem Despoten in Erbfolgemanier, eine gefährliche und unkalkulierbare Atommacht ist, die ihre Bevölkerung indoktriniert und hungern lässt. Südkorea hingegen hat Olympische Spiele und Fußball-Weltmeisterschaften ausgerichtet, ist bekannt für Computer- und Automarken und hatte im vergangenen Jahr einen veritablen Politikskandal um die Präsidentin Park. Aber was wissen wir in Europa tatsächlich über die jüngere Geschichte Koreas, den Kalten Krieg in diesem Teil der Welt?


Nach der Lektüre dieses Buches wird deutlich, dass unser Wissen recht dürftig ist. Anna Kim erzählt uns in Die große Heimkehr einen Teil dieser koreanischen Geschichte. Die eigentliche Handlung des Romans beginnt 1960 in Seoul. Im Mittelpunkt stehen der junge Johnny Kim, seine Geliebte Eve Moon und sein Kindheitsfreund Yunho Kang. Die drei sind auf der Flucht vor der Nord-West-Jugend, einer paramilitärischen, regimetreuen Schlägertruppe des südkoreanischen Diktators Rhee. Johnny gerät mit ihnen in einen tödlich endenden Streit. Gemeinsam fliehen die Freunde auf illegalem Weg nach Japan. Doch Osaka ist für sie keine wirkliche Rettung. Sie sind fremd sowohl unter den Japanern als auch unter den dort lebenden Koreanern. Als ein Mädchen im koreanischen Viertel Osakas verschwindet, wird Johnny verdächtigt.

Die große Heimkehr ist ein historischer Roman und erzählt zugleich eindringlich an Hand individueller Schicksale, wie Menschen in unmenschlichen Systemen zu überleben suchen.

Musikalische Begleitung: Valentin Katter, Trompete/Flügelhorn und Nils Rabente am Flügel

Am 25.10.2017 | Literaturbühne im Erdgeschoss | Einlass ab 18.30 Uhr

Der Eintritt beträgt 8 Euro, ermäßigt 6 Euro, Dauerkarte 50 Euro.

Literaturtage 2017: Die Schuldigen von Rotten Row – Petina Gappah

Die Schuldigen von Rotten Row | Stories

Aus dem Englischen von Patricia Klobusiczky. Originaltitel: Rotten Row
Einführung und Übersetzung: Dr. Gisela Feurle, Zimbabwe Netzwerk e.V.
Lesung der deutschsprachigen Texte: Carmen Priego, Theater Bielefeld.
Moderation: Klaus-G. Loest

In der Rotten Row, der geschichtsträchtigen Straße mitten in Zimbabwes Hauptstadt Harare, liegt der Strafgerichtshof. Das ist der Ausgangspunkt für die zwanzig miteinander verknüpften Stories, in der berüchtigte Sammeltaxifahrer, Marktfrauen, Friseurinnen, korrupte Polizisten, gerissene Anwälte und redselige Richter lebendig werden. Es sind einprägsame Figuren, quer durch alle Gesellschafts-schichten, Rassen und Geschlechterzuordnungen von denen mit Leidenschaft erzählt wird. Aber auch die Mittelmäßigkeit des Justizsystems, sowie Ursachen und Auswirkungen der Kriminalität werden durch die vitalen Erzählungen greifbar.

Die Schuldigen von Rotton Row ist ein buntes Panorama der von Globalisierung und Traditionen gleichermaßen geprägten modernen simbabwischen Gesellschaft, mit dem Petina Gappah erneut ihren unvergleichlich pointierten Humor, ihre besondere Beobachtungsgabe sowie ihr Gespür für tiefgründige, universelle Figuren unter Beweis stellt.

Musikalische Begleitung: Thomas Schweitzer, Saxophon

24.10.2017 | Literaturbühne im Erdgeschoss | Einlass ab 18.30 Uhr

Der Eintritt beträgt 8 Euro, ermäßigt 6 Euro, Dauerkarte 50 Euro.

Die englischsprachigen Anteile der Veranstaltung werden ins Deutsche übersetzt, die übersetzten Erzählungen liest die mit dem Theatertaler der Theater- und Konzertfreunde Bielefeld ausgezeichnete Schauspielerin und Autorin Carmen Priego vor.
In Kooperation mit dem Zimbabwe Netzwerk e.V.

Literaturtage 2017: Ein gutes Wort einlegen für den Zufall – Klaus Nüchtern

Kontinent Doderer. Eine Durchquerung | Sachbuch

Moderation: Harald Pilzer

Jeder bekommt seine Kindheit über den Kopf gestülpt wie einen Eimer. Später erst zeigt sich, was darin war. Aber ein ganzes Leben lang rinnt das an uns herunter, da mag einer die Kleider oder auch Kostüme wechseln wie er will. Den Beginn des Romans Ein Mord den jeder begeht aus dem Jahre 1938 mögen viele als Bonmot kennen, den Autor Heimito Von Doderer nicht. Vom Spiegel 1957 als Spätzünder deklariert und gleichwohl zum Thronfolger für die verwaisten Thronsessel der deutschen Literatur ernannt, blieb der 1896 geborene Wiener, dem erst in den frühen fünfziger Jahren mit der Strudlhofstiege der literarische Durchbruch gelang, und dessen Roman Die Dämonen 1956 rechtzeitig zum 60. Geburtstag eine geradezu fulminante Aufnahme fand, dennoch eine Art Geheimtipp, nicht gerade massentauglich und dies nach seinem Tod 1966 erst recht. Zu Unrecht, wie der österreichische Literaturkritiker Klaus Nüchtern findet, der zum fünfzigsten Todestag im vergangenen Jahr den Kontinent Doderer neu vermessen hat. Ein Kontinent, der geographisch Wien heißt, und aus sieben, zum Teil dickleibigen Romanen, vielen Erzählungen und Tagebüchern, besteht, die abschrecken mögen, die jedoch raffiniert konstruiert sind, einen spannungsreichen Aufbau zeigen, zeitgeschichtlich aktuell sind und einen zuweilen ins Groteske übersteigerten Humor pflegen. So erfindet Doderer in den Merowingern, einem nicht-historischen Familienroman, die Firma Hulesch & Quenzel. Sie zeichnet verantwortlich für alle die Produkte, die in einer nicht-digitalen Welt zu enervieren vermögen wie Nadeln ohne Öhre oder Badarmaturen, an denen man sich mit Sicherheit stößt.

Bei einem Autor, der von 1896 bis 1966 lebte, bleibt die Zeit des Nationalsozialismus nicht ohne biographische Einwirkung und Doderers zumindest befragenswerte Haltung – auch wenn durch Hilde Spiel rehabilitiert – hat nicht zuletzt die Rezeption des Werks seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts behindert, genauso wie sein Konservatismus und seine Art zu schreiben als nicht mehr zeitgemäß galten. Was treibt also Klaus Nüchtern an oder um? Verpasst man etwas, wenn man Doderer auslässt? Na, keine Frage! Und darauf hinzuweisen ist auch das eigentliche Anliegen dieses Buches. Es will zeigen, wie die Literaturmaschine Doderer funktioniert und wie man sie zum eigenen Pläsier nutzen kann.

Mit musikalischer Begleitung.

Literaturbühne im Erdgeschoss | Einlass ab 18.30 Uhr

Der Eintritt beträgt 8 Euro, ermäßigt 6 Euro, Dauerkarte 50 Euro.

Literaturtage 2017: Ein gutes Wort einlegen für den Zufall – Ingo Schulze

Peter Holtz. Sein glückliches Leben | Roman

Moderation: Klaus-G. Loest

Peter Holtz ist unglaublich naiv und trotzdem hellsichtig. Er ist ein Fragender und hat doch eine Mission: In diesem Roman kämpft er für eine bessere Welt und erfindet den Punk. Er versteht nicht, warum man das Geld nicht einfach abschafft. Er setzt sich für eine christlich-kommunistische Demokratie ein. Seine Selbstlosigkeit belohnt die in Ostdeutschland neu eingeführte Marktwirtschaft mit einem Vermögen von 60 Millionen Euro. Was ist da bloß schiefgegangen? Und vor allem: Wie wird Peter Holtz das Geld mit Anstand wieder los?

Ingo Schulze äußert über seinen Helden: Er ist ein Heimkind und glaubt zutiefst an den Kommunismus. Er nimmt ihn beim Wort, so wie er später das Christentum beim Wort nehmen wird und auch die Verheißungen des westlichen Kapitalismus. Er selbst wird darüber zur absurden Figur, aber ebenso wird es, nach meiner Lesart auch die jeweils real existierende Gesellschaftsform, in der er sich bewegt. … Ein Simplicius, der bei mir Peter Holtz heißt.

Der Autor stellt hier auf seine unvergleichliche Art erneut Grundsatzfragen, erzählt mit Witz und Verweisen in die Literaturgeschichte von dem, was alle bewegt: vom Geld.

Mit musikalischer Begleitung.

Am 19.10.2017 | Literaturbühne im Erdgeschoss | Einlass ab 18.30 Uhr

Der Eintritt beträgt 8 Euro, ermäßigt 6 Euro, Dauerkarte 50 Euro.

Literaturtage 2017: Ein gutes Wort einlegen für den Zufall – Jonas Lüscher

Kraft | Roman

Moderation: Harald Pilzer

Gelehrtenrepublik Tübingen. Nachfolger auf dem Lehrstuhl von Walter Jens. Die Ehe am Ende. Finanzielle Sorgen. Innerhalb dieser Koordinaten bewegt sich Richard Kraft, seines Zeichens Rhetorikprofessor und Nachfolger von Walter Jens, als ihm, der Zufall will es, ein ehemaliger Weggefährte aus der gemeinsamen Berliner Zeit, der eher zufällig zu Dissidentenehren gelangte und jetzt in Stanford lehrende ehemalige Kommilitone Istvan Pánczél aus Ungarn, eine Preisfrage übermittelt. 1 Million Dollar für die beste in 18 Minuten im Cemex-Auditorium der Stanford-University vorgetragene Antwort auf die von G.W. Leibniz inspirierte Frage, warum, wenn denn alles gut sei, und die Welt die beste aller denkbaren Welten, sie dennoch verbesserungswürdig sei? Ausgelobt durch den im Silicon Valley zu Reichtum gekommenen Digitalunternehmer Tobias Erkner. Für einen gewieften Gelehrten wie Kraft eigentlich ein Klacks, denn in noch nahezu jeder Runde konnte er mit steilen Thesen aufwarten und diese, wenn ihm auch die Zahlen fehlten, aus einem unerschöpflichen Theorievorrat des abendländischen Denkens garnieren und ausgestalten, was ihn wiederum ins Zentrum der Diskussion katapultiert. Jetzt aber in Stanford scheinen Kraft die Ideen und Argumente auszugehen. Er wirkt überfordert, vom way of life, von der digitalen Welt, vom digitalen Fortschritt, zu dem er ein ambivalentes Verhältnis pflegt, denn einerseits hat er seine Habilitation dank eines Computers kommod erledigt, andererseits ist das digitale Zeitalter bislang Werke vom Schlage der Odyssee oder Hölderlins Hyperion schuldig geblieben. Kann Kraft dennoch seinen Restoptimismus aktivieren?

Ähnlich wie Wladimir Nabokovs unvergleichlicher, hochgelehrter Professor Timofej Pnin, der an einer mittelbedeutenden Universität in einem mittelbedeutenden US-Bundesstaat scheitert, versagt Kraft angesichts der Zumutungen einer neuen Welt, für die es ihm an einem Kriterien- und Erklärungssystem mangelt. Jonas Lüschers Akademikerroman ist amüsant, lehrreich und tragisch zugleich. Und er ist auf seine Art ein Zusammentreffen der Neuen Welt mit dem alten Europa; denn Kraft, der Ärmste, müht sich für seine Antwort einen europäischen Ton zu finden und dies ausgerechnet an einem Arbeitsplatz unter dem Porträt des spöttisch blickenden ehemaligen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld.

Musikalische Begleitung: Harald Kießlich, Akkordeon / Flügel

Literaturbühne im Erdgeschoss | Einlass ab 18.30 Uhr

Der Eintritt beträgt 8 Euro, ermäßigt 6 Euro, Dauerkarte 50 Euro.

Gaming and Making in den Herbstferien

Noch gut eine Woche, dann beginnen bei uns in NRW schon wieder die Herbstferien. Und auch wenn die Ferien immer heiß erwartet werden, ist es doch nicht ausgeschlossen, dass man schnell anfängt sich zu langweilen, sobald sie da sind.

Um Langeweile direkt vorzubeugen bieten wir in der Stadtbibliothek am Neumarkt in den Herbstferien verschiedene Gaming- und Makingveranstaltungen für 6-15 jährige an. Es können verschiedene Konsolenspiele ausprobiert werden, es gibt ein Mario-Kart-Turnier oder man versucht sich im Basteln von Brushbots. Und wer immer schon mal eine VR-Brille ausprobieren möchte kann das bei unseren Gaming-Nachmittagen tun!

Hier das Programm:

Montag, 23. Oktober
14:30 – 17:30 | Ort: SO2
Gaming-Nachmittag
Probiere verschiedene Spiele und Konsolen aus! (Alter: 6-15 Jahre, für VR-Brillen: ab 12 Jahre)

Dienstag, 24. Oktober
11:00 – 13:00 | Ort: EG Lesebühne
Brushbots
Bau dir aus Zahnbürsten die einfachsten Roboter und bring sie in Bewegung! (Alter: 6-15 Jahre)

14:30-17:30 | Ort: SO2
Gaming-Nachmittag
Probiere verschiedene Spiele und Konsolen aus! (Alter: 6-15 Jahre, für VR-Brillen: ab 12 Jahre)

Mittwoch, 25. Oktober
11:00-13:00 | Ort: EG Lesebühne
Flaschenautos
Bastele das einfachste Auto der Welt und bring es zum Fahren! (Alter: 6-15 Jahre)

14:30-17:30 | Ort: SO2
Mario-Kart-Turnier
(mit vorheriger Anmeldung)
Mario-Kart ist dein Spiel? Fahrerisch bist du einfach Spitze? Dann bist du richtig bei unserem großen Mario-Kart-Turnier. (Alter 6-15 Jahre)

Donnerstag, 26. Oktober
11:00-13:00 Uhr | Ort: EG Lesebühne
Papercraft
Bastele dir deine Minecraft-Figur aus Papier! (Alter: 6-15 Jahre)

14:30-17:30 | Ort: ClickCenter
Minecraft
Verändere die Welt nach eigenen Vorstellungen! (Alter: 6-15 Jahre)
In Kooperation mit Creos Lernideen und Beratung GmbH

Freitag, 27. Oktober
11:00-13:00 | Ort: EG Lesebühne
Mini-Bots
Entdecke mit uns die bunte Roboterwelt! (Alter 8-15 Jahre)

14:30-17:30 | Ort: SO2
Gaming-Nachmittag
Probiere verschiedene Spiele und Konsolen aus! (Alter: 6-15 Jahre, für VR-Brillen: ab 12 Jahre)

Literaturtage 2017: Ein gutes Wort einlegen für den Zufall – Fatma Aydemir

Ellbogen | Roman

Mein Name ist Hazal Akgündüz, mein Thema lautet: Überleben. Aber ihre Träume sehen weit mehr vor: Hazal ist Ärztin und voll reich. Respekt. Hazal ist siebzehn, lebt im Wedding, ihre Familie stammt aus der Türkei und ihre Freundinnen heißen Gül und Elma. Ihre Zukunftsaussichten sind eher düster, eine Lehrstelle ist nicht in Sicht, und die Jobberei in der Bäckerei ihres Onkels nichts, was ihren Erwartungen entspräche. Genauso wenig wie das traditionelle Familienleben mit einem eher abwesenden, Taxi fahrenden Vater, einer wenig prägenden Mutter, aber einer Großmutter, die vor allem Hazals Bruder Onur verhätschelt, einen ins Kleinkriminelle abrutschenden Halbstarken. Frustration, Enttäuschung und der Eindruck dauerhafter Zurücksetzung erzeugen einen unguten Gefühlscocktail aus Resignation und Wut. Zuweilen gemildert durch einen Joint aus Eugens Vorrat. Aber heute ist Hazals achtzehnter Geburtstag und es soll ein besonderer Geburtstag werden. Also machen sich die drei Freundinnen zurecht und auf in den Club ihrer Wahl. Dann nimmt das unvermeidlich Wirkende seinen Verlauf. Aus der Abweisung durch den Türsteher entwickelt sich grenzenlose Wut und der betrunkene Student auf der U-Bahn-Station ist zufällig der falsche Mann mit den falschen Worten und dem falschen Grinsen am falschen Ort. Es kommt zur Auseinandersetzung, zum handfesten Streit, zu ungebremster Gewalt. Hazal bleibt nur die Flucht zu ihrem Facebook-Freund Mehmet nach Istanbul, womit der zweite Teil des Buches beginnt. Doch ist dies die Lösung?

Aus der Perspektive der Ich-Erzählerin berichtet Fatma Aydemir in zuweilen spröder, geradezu aufsässiger Sprache von einer jungen Frau, die hin- und hergerissen ist, sich eingepfercht fühlt in einer Welt, die nicht die ihre ist, und die doch für alle anderen genauso wenig Respekt übrig hat, wie ihrer Wahrnehmung nach die Umwelt ihr entgegenbringt. Als literarische Figur bietet sie wenig Identifikationsanreize. Das Gewebe der integrierenden Gesellschaft ist fadenscheinig und dünn, die Härte des Daseins und einer eher allseitigen Hoffnungslosigkeit spiegelt sich in der überaus klaren, nichts beschönigenden Sprache. Sicherlich steckt hinter vielem ein aufrichtiges Authentizitätsbemühen, das zugleich die Frage nach der soziologischen Verallgemeinerbarkeit der Figur Hazal aufwirft.

Mit musikalischer Begleitung.

Literaturbühne im Erdgeschoss | Einlass ab 18.30 Uhr

Der Eintritt beträgt 8 Euro, ermäßigt 6 Euro, Dauerkarte 50 Euro.

Mit freundlicher Unterstützung durch den Verein der Freunde und Förderer der Stadtbibliothek.