Märchenzeit – ein Nachtrag

Märchenbuch und Mikrofon

Ein Interview zum Thema Märchen, bitte

 

Es war eines meiner Highlights im Berufsalltag des letzten Jahres – dabei hätte ich fast abgesagt. Ein Schüler (und sein Lehrer) wünschten ein Experteninterview zum Thema Märchen für eine Bürgerfunk-Sendung im Radio. Die Anfrage war an mich weitergeleitet worden, aber war das nicht eher etwas für meine Kollegin aus der Kinderbibliothek? Welches Expertenwissen wurde wohl erwartet? Und bei meiner Neigung zum Stottern, zum Verhaspeln, zu – äh – Störlauten und Schachtelsätzen, bei denen ich am Ende den Faden … – wie war die Frage noch mal?
Ach, wie peinlich konnte das werden?

Ich habe dann natürlich doch zugesagt, schon allein weil die Anfrage des Schülers so sympathisch war und weil ich an Märchen ja selbst interessiert bin. Dann verging aber eine ganze Weile, ich hatte das Ganze fast schon vergessen. Doch plötzlich erhielt ich eine Mail mit konkreten Terminwünschen. Das war Anfang 2017.

Regal mit Märchenbüchern

Märchenbücher in der Kinderbibliothek

Zuerst einmal kam die ganze Klasse zu einer Bibliotheksführung, eine gute Gelegenheit, sich kennenzulernen. Ich hatte einiges vorbereitet, das Thema Märchen eignet sich ja auch wunderbar als roter Faden für einen Rundgang durch die Bibliothek. Nebenbei erzählten mir die Jugendlichen von ihrem Projekt und ihrem bisher schon gewonnenen Wissen. Das wurde eine Führung, in der ich fast mehr zu hören bekam, als ich zu erzählen hatte. Die Schüler und Schülerinnen brauchten nicht mich als Experten, sie waren längst selber welche und so gab ein Wort das andere. So eine lebhafte, begeisterte (und begeisternde) Mitwirkung von Jugendlichen hatte ich bei einer „normalen“ Führung selten erlebt.

Ausgestellte Einzelbände der Reihe „Die Märchen der Weltliteratur“, Diederichs-Verlag

Die Märchen der Weltliteratur – eine großartige Reihe aus dem Diederichs-Verlag

Am Ende besprachen wir die Fragen für das Interview, so dass ich mich auf den Termin der eigentlichen Aufnahme vorbereiten konnte. Ich hätte also gar nicht nervös sein müssen. War ich aber. Als ich eine Woche später in die Schule fuhr, hatte ich schlecht geschlafen und Lampenfieber wie vor einer großen Theaterpremiere.

Doch wieder überraschten mich die Jugendlichen und ihr engagierter Lehrer. Sie revanchierten sich zuerst einmal mit einer Führung durch ihr Schulgebäude: Sie zeigten mir die moderne Großküche, die von Schülern selbst geführt wurde, einen Saal mit Turn- und Klettergeräten zum Austoben (zusätzlich zur Turnhalle für den normalen Sportunterricht); am meisten beeindruckte mich die große Werkstatt, es roch nach frisch bearbeitetem Holz und nach Leim, alles war sauber, die Werkzeuge ordentlich sortiert und griffbereit (das hätte meinem Bruder, einem Tischler, sehr gefallen). Die normalen Klassenräume sahen allerdings eher trist aus. Dafür umschwirrten uns zwischendurch kleine Elfen, Hexen, Fabeltiere und andere Märchenwesen und brachten Farbe und Lachen – die unteren Jahrgangsstufen feierten Karneval. Die Musik aus dem Partyraum wummerte dumpf durch die Flure. Alle wirkten fröhlich und entspannt an diesem Tag. Und voller Stolz auf ihre Schule. Das lebendige Herz in einem alten Schulgemäuer sind eben die Menschen, Schüler und Lehrer, und ihr Engagement füreinander und miteinander. Das wirkte ansteckend.

Märchenbuch und Mikrofon

Ton läuft

Zuletzt ging es in einen etwas versteckten Aufenthaltsraum, in dem wir die nötige Ruhe für die Tonaufnahmen fanden. Ein Schüler war für die Fragen zuständig, ein anderer für die Aufnahmetechnik. Es wurde dann doch weniger ein „Experteninterview“, sondern eher persönlich. Ich habe viel zu weitschweifig geredet. Im Nachhinein war das aber gut so, denn damit hatten die Schüler genug Material zum Schneiden.

Anfang Mai wurde ich zu meiner Überraschung noch einmal in die Schule eingeladen. Das Radio-Feature war sendefertig und die Jugendlichen erzählten begeistert, wie die verschiedenen Beiträge zustande gekommen waren – sozusagen das Making-of ihrer Produktion. Bei der Gelegenheit lernte ich auch die Bielefelder Märchenerzählerin Katinka Morgenstern kennen, deren Märchenstunde (sie erzählt z. B. regelmäßig im Bauernhaus-Museum) ein weiterer Beitrag zur Sendung war. Der Versuch, Bielefelder Bürger in der Fußgängerzone nach ihren Märchenerfahrungen zu befragen, hatte sich als unerwartet schwierig erwiesen; die meisten wären dem Mikrofon ausgewichen, hätten abgewinkt und keine Zeit gehabt, so erzählten es uns die Jugendlichen. Trotzdem konnten sie einige Passanten zum Interview gewinnen. Besonders stolz waren die Schüler und Schülerinnen aber auf ihre selbstverfasste Märchenparodie, die natürlich den Höhepunkt ihrer insgesamt fast einstündigen Radiosendung zum Thema Märchen bildete.

Ach, das Thema hätten sie sich ja nicht selber ausgedacht, bekannte einer der Schüler, der Lehrer hatte es vorgeschlagen und ihnen sei halt kein besseres eingefallen. Jetzt aber wären sie erstaunt, wie viel Spaß ihnen die Arbeit mit den Märchen gemacht hatte und wie viele Ideen ihnen zu dem Thema gekommen waren.

Am Abend des 13. Mai 2017 wurde der „Märchen“-Beitrag der Schülerinnen und Schüler vonMitschnitt der Radiosendung auf CD der Hamfeldschule bei Radio Kurzwelle, dem Kinder- und Jugendradio für Bielefeld (ein medienpädagogisches Projekt vom Bielefelder Jugendring e. V.) gesendet, ein wunderbares Feature wie es auch Profis nicht besser hätten machen können. Und das sage ich natürlich gaaanz unvoreingenommen! Mein erstes Radiointerview. War gar nicht schlimm, hat richtig Spaß gemacht. Danke, liebe „Hamfelder“.

“Im nächsten Jahr machen wir wieder ein Radioprojekt!“, und tatsächlich, für den 28. April 2018 steht die Hamfeldschule im Radio-Programm, diesmal mit dem Thema „Rund ums Handwerk“.
Also eine Zuhörerin habt Ihr schon mal. Toitoitoi.

HilDa

 

 

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