Literaturtage Bielefeld 2019: Wir lesen laut!
Ich fragte mich wieder einmal, ob es denn wirklich so gut sei, dass Menschen sich fortpflanzten, angesichts des Leids, das sie verursachten…
Heinz Helles Buch zu lesen, ist ein intellektuelles Vergnügen, aber es ist keine amüsante Lektüre. Es ist eine philosophische Betrachtung über Sinn und Zweck dieser Welt, über Tod und Geburt, über Gewalt und Sinnlosigkeit. Für Die Zeit ist die „Überwindung der Schwerkraft“ ein eleganter, essayistischer Roman, eine „dichte Meditation über das Universum im Allgemeinen und über Männlichkeit, Frauen und Deutschland im Besonderen“ (Rezension von David Hugendick). Und über die fundamentale Lebensfrage: Kinder in die Welt setzen – ja oder nein.
Zwei Brüder philosophieren eine lange Nacht über den Zustand der Welt. Kurze Zeit nach dieser gemeinsamen Tour durch Münchens Kneipen stirbt der Ältere an den Folgen seiner Alkoholsucht. Übrigens eine Parallele zu Helles Biographie, der ebenfalls einen Bruder an den Alkohol verloren hat.
Den Roman zu lesen ist eine Herausforderung. 200 Seiten ohne einen Absatz, ohne Kapitel, manche Sätze atemlos lang, eine Kette von klugen Gedanken. Ein Lesestoff mit Sogkraft – Konzentration vorausgesetzt.
Der Autor schont seine Leser nicht. Detaillierte Schilderungen der bestialischen Gewalt eines Marc Dutroux, der in Belgien in einem Keller über Jahre Kinder quälte und sexuell missbrauchte. Er ermordete zwei von ihm entführte junge Frauen und ließ zwei Mädchen verhungern. All das kann man nur schwer ertragen. Und trotzdem können wir uns – gemeinsam mit dem Autor – für ein Leben in dieser Welt entscheiden. Und lernen, „das Leben mit Härte und Widersprüchen zu verstehen, ohne vor die Hunde zu gehen“ (Carsten Hueck im Deutschland Funk Kultur).
Es ist das Buch, das mir am meisten Angst macht. Es ist aber das, was ich am liebsten habe. Wahrscheinlich deswegen, weil ich das, was mich selber tief verunsichert und aufwühlt, da ziemlich direkt verarbeitete. (Heinz Helle über sein Buch „Die Überwindung der Schwerkraft“)
Heinz Helle ist promovierter Philosoph, er lebt mit Frau und Kind in Zürich. Für „Die Überwindung der Schwerkraft“ erhielt er in diesem Jahr den Literaturpreis der Stadt Bremen und war 2018 nominiert für den Schweizer Buchpreis.
Die Werke von Heinz Helle in unserem Online-Katalog findet Ihr hier,
das Literaturverzeichnis zur Lesung hier als PDF: Helle
Mittwoch, 30. Oktober, 20 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr
Moderation: Solveig Münstermann, WDR-Journalistin
Musikalische Begleitung: Valentin Katter, Gesang und Trompete; Leon Brames, Schlagzeug; Milan Böse, Bass.
Eintrittspreis: 8,– €, ermäßigt 6,– €, Dauerkarte 50,– €