
Unsere leere Bibliothek.
Als ich heute morgen in die Bibliothek komme ist es ganz still. Oft bin ich gegen 8 Uhr in der Bibliothek, so auch heute. Normalerweise brennt da schon das Licht in den Fluren. Bürotüren stehen offen und man ruft ein paar „Morgen!“ in die Büros. Vielleicht kommt einem auch auf dem Flur schon jemand entgegen.
Doch heute ist der 28.12.2020 und ich bin um diese Uhrzeit tatsächlich ganz alleine. Da die Stadt darum gebeten hat, dass in dieser Woche zwischen den Jahren möglichst alle Urlaub nehmen, ist nur eine Notbesetzung von fünf Kolleginnen hier. Wir müssen ja nur das Telefon bedienen, ansonsten ist alles zu.
Nach dem Gang durch den dunklen Flur in mein Büro, wo ich schnell meine Emails checke (war wie zu erwarten nicht viel drin in meinem Postfach), geistere ich nach unten um zuschauen, wie viele Bücher so zurückgekommen sind über die Weihnachtstage. Überraschenderweise: nicht viele. Gut, da hätte ich auch mit rechnen können aber sonst kommt über Weihnachten doch immer so einiges zurück, da war ich mental noch nicht bei Corona und Lockdown.
Die Bins ausräumen geht also verhältnismäßig schnell (zur Erklärung: die Bins sind die Container, in die unsere Rücksortieranlage die Medien schon mal grob vor sortiert). Dann gehe ich ein bisschen Einstellen und irgendwann erschallt dann ein „Guten Morgen“ durch die Bibliothek. Langsam trudeln die anderen Kolleginnen ein, und ich bin nicht mehr ganz allein in der Bibliothek.
Danach geht es für mich zum Telefondienst, von 10 bis 13 Uhr, wieder ins Büro. Das Telefon klingelt nicht übermäßig oft, daher habe ich Zeit mich auch noch anderen Sachen zu widmen. Der nächste Geschäftsbericht erscheint schon wieder am Horizont, und dafür gibt es noch so einiges zu tun. Für Facebook soll ich in Vertretung für die Kollegin noch einen Post vorbereiten und für den Blog brauche ich auch noch was. Für meine Bürokollegin, die gleichzeitig auch unsere Auszubildende zur Veranstaltungskauffrau ist, will ich noch ein paar Aufgaben, für die nächsten beiden Wochen, wenn ich Urlaub habe, zusammen suchen. Gar nicht so einfach, die Veranstaltungslage ist ja gerade recht mau, aber ein paar Sachen gibt es dennoch zu erledigen. Hm, dann wollte ich auch eigentlich noch neue Postkarten, unter anderem für nächste Weihnachten, gestalten. Und den einen Flyer wollten wir doch noch überarbeiten. Und ein paar Emails schreiben und beantworten müsste ich auch noch.
Na, immerhin habe ich noch genug zu tun für die nächste Zeit. Geschlossen haben wir zwar und damit ist es schon entspannter aber die restliche Arbeit läuft dann doch nicht einfach weg. Da fällt mir ein, ich wollte auch noch zum 3D-Drucker. Da hatte doch in der letzten Schulung jemand eine Frage gestellt, die ich nicht beantworten konnte, das muss ich auch noch klären.
Auch die restliche Notbesetzung hat noch genug zu tun. Die eine Kollegin bearbeitet eingegangene Bücher. Die andere Kollegin ist froh, dass sie sich ganz in Ruhe auf ihre neue Stelle vorbereiten kann, auf die sie bald wechseln wird und kümmert sich unter anderem um die eingehenden Zeitschriften. Die Kollegin aus der Fernleihe kommt erst morgen. Da ist zwar auch weniger los, da aber bei diesem Lockdown nicht flächendeckend alle Bibliotheken geschlossen haben, läuft die Fernleihe ganz normal weiter. Naja, fast. Ihr könnt zwar gerne ein Buch per Fernleihe bei uns bestellen aber vorerst nicht abholen. Aber wir heben es auf jeden Fall für euch auf, bis wir wieder öffnen!

Und noch mehr gähnende Leere.
Nach dem Telefondienst mache ich erst mal Mittagspause und gehe dann runter in die Bibliothek. Einmal bei der Rücksortieranlage nach dem Rechten sehen (da sind schon zwei der andere Kolleginnen am Werk und zupfen ein Buch aus der Anlage, das sich verklemmt hat) und dann als Abwechslung zur Büroarbeit, widme ich mich unseren Regalen. Im laufenden Betrieb kommen wir selten dazu wirklich intensiv und überall die Regale zu kontrollieren. Also zu schauen, ob alle Medien richtig stehen und auch mal wieder die Reihen gerade rücken. Steht ein Buch falsch im Regal ist es nämlich im Prinzip wie verschwunden. Oft hat man das Glück und das Buch steht zumindest noch in der Nähe aber wenn es zwei Reihen weiter steht oder gleich in einer ganz anderen Sachgruppe, ist es erstmal nicht zu finden. So viel ist zwar gar nicht falsch, wir haben ja erst im Frühjahr intensiv aufgeräumt, aber besser gar nichts falsch als ein bisschen falsch.
Dabei bin ich zumindest nicht ganz allein, anfangs ist noch eine andere Kollegin zwischen den Regalen unterwegs. Und einmal rufe ich auch einer unserer Reinigungskräfte über die Regale ein Hallo zu und auch den Hausmeister sehe ich einmal von Ferne durch die Bibliothek gehen. Ruhig und leer wirkt die Bibliothek aber trotzdem. Für die drei Tage, in dieser Woche, kann ich die Ruhe hier eigentlich gut genießen. Aber ich werde trotzdem froh sein, wenn wieder mehr los ist. Klar, Bibliothek, da müssen alle schön ruhig sein. Aber bei uns, als Stadtbibliothek, gilt das so ja auch nicht mehr unbedingt. Wir haben zwar auch Ruhearbeitszonen, wo wir dann schon mal darauf hinweisen, dass man bitte leise sein soll, um die anderen nicht zu stören und ab und an benimmt sich der ein oder andere auch wirklich mal lauthals daneben aber ansonsten muss man bei uns eigentlich nicht flüstern. Ich bin manchmal geradezu verwirrt, wenn Leute zu uns kommen und fragen, ob sie in der Bibliothek telefonieren dürfen. Äh, ja, sie dürfen hier auch sprechen. Sie dürfen auch laut Seiten umblättern. Und Kinder dürfen auch durch die Kinderbibliothek toben.
Bibliothek ohne Leute ist halt nicht so ganz das Wahre. Daher freue ich mich schon, wenn demnächst wieder alle zu uns kommen können.
Jetzt bin ich wieder im Büro angekommen. Meinen Beitrag hier werde ich nun fertig machen, mich nochmal dem Geschäftsbericht widmen und dann ist auch schon der Feierabend da und der Arbeitstag vorbei. Und dieses komische Jahr damit auch schon fast. Ob im neuen Jahr wohl wirklich alles besser wird, wenn ich mir das ganz fest vornehme? 🙂
lga