Literaturtage Bielefeld 2022
„Von der Wandelbarkeit des Erinnerns“
„Erstaunlicherweise findet Said Al-Wahid das Erinnern
nicht mehr anstrengend, seitdem er es erfindet.“
(Seite 49)

Als der Schriftsteller Said Al-Wahid auf der Rückfahrt von einer Literaturveranstaltung zwischen Mainz und Berlin im ICE vom Bruder die Nachricht erhält, dass bei ihrer Mutter „der Tod auf der Türschwelle“ stehe, bucht er sofort den nächsten Flug nach Bagdad. Zum ersten Mal seit Jahren reist er in das Land seiner Herkunft, in dem er politisch verfolgt, gefangen genommen und gequält worden ist. Je näher er seiner in Bagdad verbliebenen Familie kommt, desto tiefer gehen die Erinnerungen zurück, an die Jahre des Ankommens in Deutschland, an die monatelange Flucht über Afrika nach Europa und schließlich an die Kindheit im Irak. Welche Erinnerungen fehlen, welche sind erfunden und welche verfälscht? Said kann es nicht wissen, will es nicht wissen. Und das ist seine Rettung bis heute.
Der von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung als „unglaublich talentierter Universalist“ bezeichnete Erzähler Abbas Khider stellt in seinem sechsten Roman das literarische Thema „Erinnerungen“ in den Mittelpunkt und bereichert es um eine beeindruckende neue Facette.
Abbas Khider wurde als 19jähriger in Bagdad aus politischen Gründen verhaftet und misshandelt. An die Zellenwände schrieb er Gedichte. Seine anschließende jahrelange Flucht endete in München, wo er Literatur und Philosophie studierte. 2008 erschien sein vielbeachteter Debütroman „Der falsche Inder“. In unserer Stadtbibliothek Bielefeld präsentierte er zuletzt vor drei Jahren „Deutsch für alle“, seinen kenntnisreichen und satirischen Vorschlag zur Vereinfachung der deutschen Sprache. Als er den Adelbert-von-Chamisso-Preis 2017 erhielt, würdigte ihn sein Laudator, der in diesem Jahr verstorbene Büchnerpreisträger F.C. Delius, mit den Worten: „Er bringt uns zum Lächeln, spielt mit Klischees, lässt uns staunen über die Wunder im Elend“. Khider suche ohne Selbstmitleid mit Empathie nach Empathie.
(Text aus dem Programmheft zur Veranstaltungsreihe)
Die Werke von Abbas Khider findet Ihr im Bestand der Stadtbibliothek, alle Daten dazu im Online-Katalog.
Wir haben auch wieder eine Literaturliste zum Ausdrucken oder Herunterladen für Euch als PDF [630 KB]:
Eine Auswahl Rezensionen und Gespräche über den Roman haben wir hier verlinkt:
- Für den NDR hat Andrea Gerk eine Buchbesprechung geschrieben und es gibt einen schönen Filmbeitrag (ca. 5 Min.) aus dem KulturJournal
- Im Deutschlandfunk ein Radiofeature (ca. 6 Min.), auch als Text (von Carsten Hueck)
- Ein weiteres Radiofeature gibt es bei DeutschlandfunkKultur von Meike Feßmann (ca. 5:30 Min.); dort auch ein ausführliches Gespräch mit dem Autor moderiert von Joachim Scholl (ca. 14:20 Min.)
- Auch Liliane Studer vom Rezensionsforum literaturkritik.de ist fasziniert.
- Ein weiteres, ausführliches Interview mit Abbas Khider, geführt von Franziska Hirsbrunner, bietet der SRF auf seiner Webseite (ca. 28:30 Min.)
- Natürlich haben sich auch viele Kulturredaktionen überregionaler Zeitungen mit dem Buch befasst; eine Auswahl fasst das Online-Kulturmagazin Perlentaucher zusammen.
Mittwoch, 5. Oktober, 20 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr
Eröffnung mit Dr. Iulia Capros, komm. Leiterin der Stadtbibliothek Bielefeld
und einem Grußwort durch den Förderverein
Moderation: Klaus-Georg Loest
Musikalische Begleitung: NÉ-K
Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 5,– €
In Kooperation mit dem Verein der Freunde und Förderer der Stadtbibliothek Bielefeld, e.V.
Es wird keinen Livestream zur Lesung geben.
Ein Gedanke zu “Abbas Khider: Der Erinnerungsfälscher”