Pinocchio von Carlo Collodi

Winterzeit ist Märchenzeit #11

Heute würde man das Kinderbuch Pinocchio vielleicht dem Genre Fantasy zuordnen. Als Carlo Collodi die Figur des Holzjungen erfand, waren Kunstmärchen in Europa recht beliebt – nicht unbedingt als Erzählungen für Kinder, sondern gerade auch für Erwachsene. E.T.A. Hoffmann, Oscar Wilde, Wilhelm Hauff, Hans Christian Andersen oder etwas später der Amerikaner L. Frank Baum, um nur einige der bekanntesten Autoren von Kunstmärchen zu nennen.

1881 veröffentlichte der Autor Carlo Lorenzini (1826-1890) unter dem Pseudonym Collodi (nach der Geburtsstadt seiner Mutter) seine erste Pinocchio-Geschichte in einer Kinderzeitschrift. Es folgten weitere Erzählungen; die Serie war so erfolgreich, dass Collodi daraus ein Kinderbuch machte, das erstmals 1883 erschien: „Le avventure di Pinocchio“

Buch: "Pinocchios Abenteuer" von Carlo Collodi, mit 37 Holzstichen von Werner Klemke, dtv-Weltliteratur

Dem Roman merkt man an, dass er aus einzelnen Geschichten zusammengefügt wurde; es gibt so einige logische Unstimmigkeiten. Es gibt auch Szenen im Original, die wir heute als zu drastisch und brutal für kleine Kinder empfinden. Trotzdem wurde Pinocchio zu einer weltweit bekannten und beliebten Figur. Mehr über den Autor und seinen Kinderbuch-Klassiker findet Ihr hier.

Heute gibt es verschiedene Bearbeitungen und Übersetzungen des Romans. Gerade ist wieder eine neue Verfilmung in den Kinos – „Pinocchio“ von Guillermo del Toro wird nicht die letzte Filmversion sein und hat viele Vorgänger. Die berühmteste ist Walt Disneys Zeichentrickfilm „Pinocchio“ von 1940. Ich habe auch schon zwei sehr unterschiedliche Bühnenfassungen im Theater erlebt, die jüngste Inszenierung im Theater Bielefeld habe ich aber leider verpasst.

In der Stadtbibliothek war anlässlich des Märchenspiels im Stadttheater die Nachfrage nach dem Kinderbuch sehr groß, darum wurden weitere Exemplare und verschiedene Bearbeitungen angeschafft. In der Kinderbibliothek und in unseren Stadtteilbibliotheken findet Ihr „Pinocchio“ für alle Altersgruppen: von der vereinfachten Fassung bis zur vollständigen Übersetzung, verschiedene Übersetzungen, Neubearbeitungen, mal bunt illustriert, mal schlicht, dazu verschiedene Verfilmungen und Hörbücher. Stöbert einfach mal im Online-Katalog (70 Treffer mit „Pinocchio“ ) oder fragt die Kolleginnen in der Kinderbibliothek oder in den Stadtteilbibliotheken.

Eine der ersten Übersetzungen ins Deutsche hatte noch den Titel „Geschichte vom hölzernen Bengele“; sie ist von dem katholischen Anstaltspfarrer Anton Grumann und wurde erstmals 1913 vom Herder-Verlag herausgegeben, ein Bestseller mit vielen Auflagen. In einer noch früheren Übersetzung (1905) hieß Pinocchio noch „Hippeltitsch“ und die Version von Otto Julius Bierbaum aus dem gleichen Jahr heißt „Zäpfel Kerns Abenteuer“ – weniger eine Übersetzung, Bierbaum erzählt seine „Deutsche Kasperlegeschichte“ (so der Untertitel) sehr frei nach Collodi, verwendet aber überwiegend die gleichen Personen nur mit eingedeutschten Namen. Weitere eingedeutschte Namen für Pinocchio: Kasperle (z.B. in einer Übersetzung von Heinrich Siemer), Klötzli (Übersetzer Josef Kraft), Hölzele ( Übersetzer Franz Latterer), Larifari (Übersetzer Louis Concin), Purzel (einmal beim Übersetzer Alois Pischinger und auch bei der Übersetzerin Charlotte Birnbaum), Hampelchen (Übersetzerin Lily Dolezal). Hat sich aber alles nicht gegen den Originalnamen Pinocchio durchgesetzt. 😆

In unserem Magazin, in dem wir alte Bücher bewahren, haben wir eine undatierte Ausgabe von „Zäpfel Kerns Abenteuer“ sowie eine (gekürzte) Schulausgabe von 1966.

Zwei Mal "Zäpfel Kerns Abenteuer" von Otto Julius Bierbaum, einmal als Buch, einmal als "Hamburger Leseheft"

Im Magazin haben wir auch noch andere, interessante Ausgaben:

  • So ist „Die Abenteuer des Pinocchio“ aus dem Marées-Verlag von 1948 eine Übertragung von dem Unternehmer Hubert Tigges (zusammen mit I. Tigges) der nach dem Krieg den Wuppertaler Verlag gegründet hatte, um dann aber wieder mit seinem Reiseunternehmen Dr. Tigges-Fahrten vor allem anspruchsvolle Bildungsreisen anzubieten. Die Illustrationen sind von dem Maler und Grafiker Reinhold Bicher.
  • Der Erich-Schmidt-Verlag veröffentlichte „Die Abenteuer des Pinocchio“ in einer Übertragung von Vico Mantovani und mit Zeichnungen von Gerhard Klaus.
  • Die Abenteuer des Kasperle Pinocchio“ aus dem Stahlberg-Verlag ist von Hildegard Ossen, ganz ohne Illustrationen und in einem kleinen Format, auch die Schriftart.
  • Während die drei vorher genannten Bücher alle im Jahr 1948 erschienen sind – entsprechend schlecht und vergilbt ist auch die Papierqualität – ist die Neubearbeitung von der Kinderbuchautorin Marina Thudichum (mit Zeichnungen von Susi Storck-Rossmanit) „Pinocchio: der hölzerne Hampelmann“ aus dem Wiener Tosa-Verlag seit den 60er Jahren mehrfach neu aufgelegt worden, unsere Ausgabe ist wahrscheinlich aus dem Jahr 1979.
3 alte Bücher: "Die Abenteuer des Pinocchio" aus dem Erich-Schmidt-Verlag, "Die Abenteuer des Kasperle Pinocchio" und "Die Abenteuer des Pinocchio"
Drei alte Pinocchio-Bücher aus unserem Magazin

Wenn Ihr mehr über die vielen Pinocchio-Übersetzungen wissen wollt, empfehle ich den Artikel von Ulrike Schimming, selbst Übersetzerin, in ihrem E-Magazin für Kinder- und Jugendliteratur LETTERATUREN: „Pinocchios übersetzerischer Werdegang“ .

Ganz für Erwachsene ist übrigens die Übersetzung von Heinz Riedt in der dtv-Reihe Weltliteratur „Pinocchios Abenteuer“ (mit Holzstichen von Werner Klemke), denn: „Man sollte ‚Pinocchio‘ als Erwachsener lesen, …“ , wird Antonio Tabucchi im Vorwort zitiert. 🙂

Jetzt möchte ich gerne noch zwei Bücher aus unserer Kinderbibliothek vor allem wegen der Illustrationen empfehlen:

Carlo Collodi hat den großen Welterfolg seines Pinocchio nicht mehr erlebt. Wer mehr über den Autor und sein Werk wissen möchte, für den habe ich hier einen interessanten Link von der Uni Kiel.

HilDa

2 Kinderbücher: "Die Abenteuer des Pinocchio" übersetzt und illustriert von Mario Grasso, Lappan-Verlag und "Pinocchio", Illustrator Quentin Greban, Nord-Süd-Verlag

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