Literaturtage: Esther Kinsky „Hain. Ein Geländeroman“

Es ist kaum zu fassen, aber am Freitag ist bereits die letzte von insgesamt zwölf Autorenlesungen der Literaturtage Bielefeld 2018. Zum Abschluss gehen wir mit der Autorin, Lyrikerin und Übersetzerin Esther Kinsky auf Reisen – Italienische Reisen besonderer Art.

„Jeden Morgen wache ich in einer Fremde auf.“

Buch mit Programmheft der Literaturtage 2018

Esther Kinsky „Hain. Ein Geländeroman“

Esther Kinsky schreibt in ihrem Buch „Hain. Ein Geländeroman“ über den Verlust eines geliebten Menschen. Es ist das stille Buch einer Liebenden, einer Zurückgelassenen.

Die Ich-Erzählerin reist in ein Italien, das wir so vielleicht noch nie gesehen haben. Grau- und Brauntöne dominieren. Es sind zumeist kleine, entlegene Ortschaften, die sie besucht, und Ihre Wahrnehmung des Geländes spiegelt ihr „schweres Herz“. Immer wieder sucht sie Friedhöfe auf, beobachtet Menschen, beschreibt die Natur, das Licht, erinnert sich an M., den verstorbenen Partner und auch an den Vater ihrer Kindheit, der mit der Familie oft Italien bereiste, schafft Verbindungen zu Künstlern wie Pasolini und Bassani. Ihre Sprache ist dabei frei von Sentimentalität, sucht keine Effekte, ist poetisch und spröde zugleich.

„Mein Thema ist: Wie filtert und beeinflusst eine Verlusterfahrung den Blick? Man sieht die Welt durch einen anderen Filter. Das finde ich einen wichtigen Vorgang. Es geht eigentlich in dem ganzen Buch ums Sehen und wie man das Sehen in Sprache umsetzt. Das ist etwas, was mich überhaupt immer beschäftigt: Was passiert zwischen dem Sehen, Erkennen und dem Benennen? Ein trauernder Mensch sieht die Welt einfach anders, liest sie einfach anders.“ (Esther Kinsky)

Esther Kinsky, die vor allem auch als Übersetzerin aus dem Polnischen und Russischen bekannt ist, hat für diesen Roman den Preis der Leipziger Buchmesse 2018 erhalten.

Freitag, 2. November, 19 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 18.30 Uhr, Beginn: 19.00 Uhr
Moderation: Angelika Teller
Musikalische Begleitung: Henning Rice am Flügel und Ismail Özgentürk, Saxophon
Eintrittspreis: 8,– €, ermäßigt 6,– €, Dauerkarte 50,– €

Ausleihhinweise zu Esther Kinskys Werken einschließlich einiger ihrer Übersetzungsarbeiten findet Ihr hier. Zum gesamten Programm der Literaturtage geht es hier.

Literaturtage: Sigrid Damm „Im Kreis treibt die Zeit“

Wir kennen Sigrid Damm als akribische Biographin und Chronistin über Personen aus dem Umfeld der Weimarer Klassik. Erinnert sei an den Bestseller „Christiane und Goethe“ von 1998 und das Buch „Goethes letzte Reise“ von 2007. Mit beiden Büchern war die Autorin zu Gast bei den „Bielefelder Literaturtagen“. Diesmal ist sie mit einem autobiographischen Werk vertreten.

In ihrem neuen Buch wendet sie sich Ihrem Vater zu, der neunzigjährig im thüringischen Gotha starb. Das Verhältnis zu ihm war seit der Kindheit zerrüttet, hatte der von ihr verehrte Großvater doch das Bild des Vaters vergiftet und die Mutter es nie korrigiert. So lehnt die Autorin jahrzehntelang sowohl den Vater als auch die Vaterstadt Gotha ab. Eine vorsichtige Annäherung wird erst möglich nach dem Tod der Mutter, in seinen zwei letzten Lebensjahren. Zwanzig Jahre danach schreibt Sigrid Damm dieses Doppelporträt über den Vater Willi Och und ihre Geburtsstadt.

Im Nachlass findet die Autorin Papiere und alte Fotos, verschränkt diese Fragmente und ihre eigenen eingeschlossen Erinnerungen mit den Zeitläuften und der Geschichte Gothas. Daraus ist ein sensibles, zeitgeschichtliches Panorama entstanden, das wieder einmal vor Augen führt, wie eng das persönliche Schicksal mit den politischen Verhältnissen verknüpft ist.

„Wärme spricht aus dem Buch. Es macht etwas mit seinen Lesern, es bringt den eigenen festen Platz ins Wanken.“ (Cornelia Geißler, Frankfurter Rundschau)

Sigrid Damm wurde mit zahlreichen Preisen geehrt und ist seit 2010 Ehrenbürgerin der Stadt Gotha.

Freitag, 26. Oktober, 19 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 18.30 Uhr, Beginn: 19.00 Uhr
Moderation: Angelika Teller
Musikalische Begleitung: ZATIE – Mylene Kroon (Vocals), Kevin Hemkemeier (Bass)
Eintrittspreis: 8,– €, ermäßigt 6,– €, Dauerkarte 50,– €

Ausleihhinweise zu Sigrid Damms Werken findet Ihr hier. Zum gesamten Programm der Literaturtage geht es hier.

Literaturtage: Klaus Cäsar Zehrer „Das Genie“

Buch lugt aus dem Regal der Stadtbibliothek hervor

Klaus Cäsar Zehrer: Das Genie

Darf man heute noch so erzählen? „Das Genie“ ist ein biographischer Roman über das Leben des als Exzentriker geltenden William James Sidis (1898 – 1944). Es ist zugleich die Geschichte einer sich energisch behauptenden und nach oben durchboxenden Einwanderergeneration in den USA in Gestalt des aus der Ukraine kommenden Boris Sidis, der 1886 in New York inmitten eines vielsprachigen, multikulturellen Menschenwirrwarrs eintrifft. Eine angeborene Intelligenz, Zielstrebigkeit und Ehrgeiz ebnen ihm den Weg zu akademischer Bildung, Ansehen und Besitz. An seinem Sohn William will er schlussendlich demonstrieren, dass jedes Kind zum Genie werden kann. Vorausgesetzt es erhält die richtige Förderung. Doch die Dinge entwickeln sich meist anders als geplant. Zwar bricht der kleine William alle Rekorde, macht mit acht Jahren seinen High-School-Abschluss, ist der „Wunderjunge von Harvard“, doch als Erwachsener hat er nach all‘ dem Drill, der Fremdbestimmtheit und den, allerdings selbstauferlegten, 154 Lebensregeln nur noch den Wunsch, sein Leben selbst in die Hand nehmen und gestalten zu können. Eine Katastrophe scheint absehbar.

„Im Ernst: Es gibt tatsächlich eine Methode, die eigens dazu entwickelt wurde, ein Kind in ein Genie zu verwandeln.“ [aus dem Roman, S.7]

Klaus Cäsar Zehrer, Jahrgang 1969, nimmt wegen der zusammen mit Robert Gernhart herausgegeben Anthologie „Hell und schnell. 555 komische Gedichte aus 5 Jahrhunderten“ (2005) einen festen Platz im Herzen seiner Leserschaft ein. Darüber hinaus hat er sich als promovierter Kulturwissenschaftler intensiv mit der Neuen Frankfurter Schule und deren Satirekonzept beschäftigt. „Das Genie“ ist sein erster Roman.

Dienstag, 23. Oktober, 19 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 18.30 Uhr, Beginn: 19.00 Uhr
Moderation: Harald Pilzer
Musikalische Begleitung: Thomas Schweitzer, Saxophon
Eintrittspreis: 8,– €, ermäßigt 6,– €, Dauerkarte 50,– €

Einen persönlichen Eindruck von der Lektüre hatte die Kollegin lga bereits im MittendrinMittwoch #71 beschrieben.

Ausleihhinweise zu Klaus Cäsar Zehrers „Das Genie“ findet ihr hier. Zum gesamten Programm der Literaturtage geht es hier.

Literaturtage: Michael Kumpfmüller „Tage mit Ora“

Buch „Tage mit Ora“ und Programmheft zu den Literaturtagen 2018

„Tage mit Ora“ von Michael Kumpfmüller

Eine Frau und ein Mann beschließen, gemeinsam zu verreisen. Was ist ungewohnlich daran? Die beiden kennen sich kaum. Das Einzige, was sie wissen: Sie fühlen sich zueinander hingezogen. Eigentlich kann es mit ihnen nichts werden, aber vielleicht ja doch. Sie begegnen sich auf einer Hochzeitsparty – und bleiben aneinander hangen: die Kunstschneiderin Ora und der Erzähler des Romans, der über sich sagt, das einzige was fur ihn spräche, wäre seine schone Seele. Beide sind Experten in Liebeskatastrophen und allenfalls gemäßigt optimistisch, stehen in der Mitte des Lebens. Aber sie spüren, dieser neue Mensch interessiert mich. Da ist etwas, das ich ausprobieren will – mit allen Konsequenzen. „Tage mit Ora“ erzahlt davon, wie die beiden sich auf den Weg machen, so die Verlagsankündigung. Zwei Wochen USA, Westküste, mit dem Mietwagen. Die Stationen ihrer Reise: Orte aus Oras Lieblingssong „June On The West Coast “ von Bright Eyes. Mehr Planung gibt es nicht. Mit wunderbarer Leichtigkeit und zärtlichem Humor führt Michael Kumpfmüller vor, was passiert, wenn zwei Stadtneurotiker Spontanurlaub machen. Und sich in fremder Umgebung Schritt fur Schritt aufeinander einlassen. Ihr Road Trip wird zu einer Woody-Allen-artigen Komödie des sich Findens und Verfehlens. Denn der Erzähler weiß, dass Katastrophen, die hinter einem liegen, jederzeit wunderbar als nicht enden wollende Komödie erzählt werden können.

„I spent a week drinking the sunlight of Winnetka, California where they understand the weight of human hearts.“ 
~Songtext „June on the West Coast“ von Bright Eyes / Conor Oberst, 1998~

Michael Kumpfmüller, geboren 1961 in München, lebt als freier Autor in Berlin, ausgezeichnet mit dem Döblin-Preis. Der Kafkas letztes Lebensjahr thematisierende Roman „Die Herrlichkeit des Lebens“ wurde zum Bestseller, in 25 Sprachen übersetzt und von der literarischen Kritik hochgelobt.

Montag, 22. Oktober, 19 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 18.30 Uhr, Beginn: 19.00 Uhr
Moderation: Klaus-Georg Loest
Musikalische Begleitung:  Anna Suzuki, Gesang und Flügel
Eintrittspreis: 8,– €, ermäßigt 6,– €, Dauerkarte 50,– €

Einen persönlichen Eindruck von der Lektüre hatte die Kollegin HilDa bereits vor zwei Wochen im MittendrinMittwoch #70 beschrieben.

Ein ausführliches Interview mit Michael Kumpfmüller kann man im Podcast des WDR 3 nachhören, ein weiteres beim Deutschlandfunk Kultur .

Ausleihhinweise zu „Tage mit Ora“ und anderen Romanen von Michael Kumpfmüller findet ihr hier. Zum gesamten Programm der Literaturtage geht es hier.

Literaturtage: Anja Kampmann „Wie hoch die Wasser steigen“

Wenzel arbeitet auf Bohrinseln, bodenlos über den Wellen, im Nirgendwo auf dem Globus. Im Dorf seiner Vorfahren war er mit Milena verheiratet, konnte sich finanziell dort aber nicht über Wasser halten. Sie ist ihm fremd geworden, genauso wie es seine Jugendfreunde und sein ehemaliges Zuhause sind. Einziger Halt ist die immer intensiver werdende Freundschaft zu seinem Kollegen Matyas. Als ein nächtlicher Sturm vor der nordafrikanischen Küste Matyas verschluckt hat, macht sich Wenzel auf den Weg – eigentlich nur um dessen Familie in Ungarn die Hinterlassenschaften zu bringen. Doch dann steigt er aus. Erst aus dem Taxi, das ihn zur Bohrinsel zurückbringen sollte, dann aus dem Arbeitsleben. Uber Malta und Italien irrt er nach Norden, fährt im geliehenen alten Fiat in ein erloschenes Ruhrgebiet, in das sein Vater auf der Suche nach Bergmannsarbeit gegangen war. Im Gepäck hat er eine Brieftaube, die geradlinig ihren Weg zurücknehmen wird. Sie fliegt zurück zu dem am Alpenrand lebenden Alois, dem Freund seines Vaters, seiner einzigen noch vitalen Verbindung zur Vergangenheit.

„Er dachte, dass er etwas in der Ferne gesucht hatte, aber dass dort nichts war.“
~Wenzel~

Anja Kampmanns aus der Büchermenge dieses Jahres herausragender Debütroman erzählt in dichter, poetischer Sprache von der sonnendurchglühten Hafenstadt Tanger, der staubigen ungarische Puszta, dem verrusten Ruhrgebiet von Wenzels Kindheit, der Rückkehr aus der Fremde, vom Versuch, aus einer harten Arbeitswelt zurückzufinden ins eigene Leben. Die bisher als Lyrikerin bekannte 35-jährige Hamburgerin schreibt ohne Schnörkel, ohne Psychologisierung, erfindet höchst intensive Bilder und wurde damit in diesem Jahr für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert.

Hier ist eine Autorin zu entdecken„, so Tobias Lehmkuhl in der ZEIT (Rezension einschließlich fast 7 Minuten Video-Lesung). Na dann:

Mittwoch, 17. Oktober, 19 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 18.30 Uhr, Beginn: 19.00 Uhr
Moderation: Klaus-Georg Loest
Musikalische Begleitung: Matthias Kämper, Flügel
Eintrittspreis: 8,– €, ermäßigt 6,– €, Dauerkarte 50,– €

Hier geht es zu Anja Kampmanns Werken in unserem Katalog und hier gelangt ihr zum gesamten Programm der Literaturtage.

Mittendrin Mittwoch #71

Sarah bemerkte, wie ein Gefühl der Bitterkeit in ihr hochkroch, gemischt mit Verachtung. Wie ignorant und rückständig sie waren! Aber durfte man das – seine eigenen Familie verachten? Seine Familie musste man doch lieben! Das tat sie ja auch, überlegte Sarah. Sie verachtete nur ihre Rückständigkeit. Gerade weil sie ihre Familie liebte, schmerzte es sie zu sehen, wie zufrieden sie alle mit sich waren, obwohl sie so weit hinter ihren Möglichkeiten zurückblieben. Wenn sie Boris nicht getroffen hätte, wäre sie jetzt vermutlich auch so. Sie konnten nichts dafür, sie mussten erst noch auf den richtigen Weg gebracht werden.

Das Genie von Klaus Cäsar Zehrer, Seite 204 bis 205

Im Jahr 1886 kommt Boris Sidis, ein ukrainischer Einwanderer, in New York an. Überzeugt davon, dass sein Verstand alles ist, was er benötigt, wirft er sein Gepäck und sein Erspartes fort. Mittellos steht er nun in New York, landet über einen Bekannten aber schließlich in Boston, wo er nach einiger Zeit gezwungen ist zu unterrichten, um sich zu finanzieren. Er ist ein guter Lehrer und geht dieser Beschäftigung auch gerne nach, jedoch ist es ihm unangenehm, dafür Geld zu nehmen. Er betrachtet Bildung als ein Gut, dass jedem zugänglich sein sollte, um die Menschen aus der Dummheit, an der seiner Ansicht nach die Meisten leiden, herauszuführen.
Bei seiner Lehrtätigkeit lernt er seine zukünftige Frau Sarah kennen. 1898 wird ihr gemeinsamer Sohn William James Sidis geboren. Zu diesem Zeitpunkt ist Boris zu einem berühmten Psychologen avanciert und findet es schier unerträglich, seinen Sohn zu einem „normalen“ Kind heranwachsen zu lassen. Er ist fest davon überzeugt, dass man jedes Kind dazu erziehen kann, ein Genie zu werden. Seine Methoden scheinen auch zu wirken. William lernt sehr früh zu sprechen, und zwar gleich 4 Sprachen auf einmal, diskutiert mit den Erwachsenen, kann zu jedem Datum in Zukunft oder Vergangenheit auf Anhieb den Wochentag nennen usw.

Ich bin momentan bei genau diesem Abschnitt von Williams Leben, nämlich seiner frühen Kindheit, nachdem sich der Großteil der ersten 200 Seiten hauptsächlich mit Boris Sidis beschäftigt hat. In der Beschreibung seiner frühen Erziehung bahnt sich schon an, warum wohl die wenigsten von William James Sidis gehört haben, obwohl er als der Mensch mit dem höchsten IQ gilt und als wahres Wunderkind gefeiert wurde. In seinem Erwachsenenleben kann er seine Genialität nämlich nicht nutzen, um etwas Bleibendes zu hinterlassen. Bei all seiner Erziehung, um aus William ein Genie zu machen, hat Boris nämlich auch viele Dinge außer Acht gelassen wie Fantasie oder soziale Kompetenzen. Da wundert es mich nicht, dass William nicht ganz der Mensch wird, den Boris sich gewünscht hat.

Obwohl sowohl Boris als auch seine Frau Sarah eher unsympathische Gesellen sind, finde ich es dennoch interessant von ihren Leben gelesen zu haben. Beide sind eher gezwungenermaßen in Amerika gelandet, beide sind durch Bildung voran gekommen und halten diese sehr hoch. Mit ihrer Verachtung und Überheblichkeit anderen Menschen gegenüber könnten sie allerdings etwas sparsamer umgehen. Ich gehe mal davon aus, dass sich die restlichen gut 400 Seiten des Buches nun aber eher auf William fokussieren werden, da es schließlich ein biographischer Roman über ihn ist, und bin schon gespannt, wie genau seine Wunderkindjahre und dann sein Leben als Erwachsener bis zu seinem frühen Tod verlaufen werden.

Klaus Cäsar Zehrer ist im Rahmen der Literaturtage übrigens am 23.10.2018 bei uns zu Gast und wird aus Das Genie lesen.

Die Details zur Lesung:
Dienstag 23. Oktober 2018
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 18.30 Uhr, Beginn: 19.00 Uhr
Moderation: Harald Pilzer
Musikalische Begleitung: Thomas Schweitzer, Saxophon
Eintrittspreis: 8,– €, ermäßigt 6,– €, Dauerkarte 50,– €

Hier findet ihr Ausleihhinweise zum Buch und hier das gesamte Programm der Literaturtage.

lga

Elizzy von read books and fall in love hat sich für alle, die teilnehmen mögen, folgende Blogaktion ausgedacht: der „Mittendrin Mittwoch“. Er besteht aus immer neuen Zeilen aus Büchern, in denen wir aktuell wortwörtlich mittendrin stecken.

Literaturtage: Hans Pleschinski „Wiesenstein“

„Der Opel Blitz kroch über die Mordgrundbrücke.“

So beginnt der biographische Roman um einen der erfolgreichsten deutschsprachigen Großschriftsteller, Gerhart Hauptmann, in seinen letzten beiden Lebensjahren.

Roman „Wiesenstein“ mit dem Programmheft der Literaturtage 2018

„Wiesenstein“ von Hans Pleschinski,
Literaturtage Bielefeld, 9.10.2018

März 1945, Dresden: Während Millionen Reichsdeutsche in Massen vor der roten Armee nach Westen fliehen, will allein der 82jährige Nobelpreisträger ausgerechnet nach Osten. Zurück in seine mondäne Villa „Wiesenstein“ ins Schlesische Gebirge, wo er Freunde und Prominente, Künstler und Politiker bei opulenten Soireen im Frack empfangen hat. Wieder so leben, als könne alles so weitergehen: bedient und umhegt von seiner Frau Margarete, dem persönlichen Masseur, Zofe, Buttler und Gärtner. Das Ungeheuerliche der Zeit wird, inspiriert durch bisher unveröffentlichte Tagebuchaufzeichnungen des Ehepaares, prägnant herausgearbeitet: das plötzliche Verschwinden von Nazis und Sicherheitskräften, das Leben im Machtvakuum, die Grausamkeiten, die ersten Begegnungen mit russischen Truppenteilen und polnischen Milizen und Neusiedlern. Wie werden die neuen Herrschenden den Dichter der „Weber“, den Hauptakteur des literarischen Naturalismus, behandeln, der sich politisch derart ambivalent in der NS-Zeit positionierte? Erhält er einen der begehrten Schutzbriefe oder wird er deportiert? In der lähmenden Wartezeit überarbeitet Hauptmann mit seiner Sekretärin Anne Pollak detailversessen seine Werke und bietet damit immer wieder Einblicke in die literarische Arbeit des Schriftstellers, der von seinem Rivalen Thomas Mann als „Volkskönig“ etikettiert und in dessen „Zauberberg“ verulkt wurde.

 „… einem Holländer, einem Säufer, … einer intellektuellen Ruine, … zieht Thomas Mann meine Kleider an.“
(Beschwerde über die Zeichnung der „Zauberberg“-Figur Mijnheer Peeperkorn im Brief Gerhart Hauptmanns vom 4. Januar 1925 an S. Fischer.)

Hans Pleschinski lebt als freier Autor in München. In seinem letzten Roman „Königsallee“ zeigte er auf amüsante Weise, wie Thomas Mann 1954, erstmals nach seinem US-Exil nach Deutschland zurückgekehrt, in einem Düsseldorfer Luxushotel ausgerechnet seine unterdrückte homoerotische Liebe wiedertreffen könnte.

Dienstag 9. Oktober 2018
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 18.30 Uhr, Beginn: 19.00 Uhr
Moderation: Klaus-Georg Loest
Musikalische Begleitung: Thomas Schweitzer, Saxophon
Eintrittspreis 8,– €, ermäßigt 6,– €, Dauerkarte: 50,– €.

Die von Hans Pleschinski geschriebenen oder herausgegebenen Werke in der Stadtbibliothek findet Ihr in unserem Katalog hier.

Mittendrin Mittwoch #70

Ich fragte mich, ob ich mit ihr leben wollen würde.
Meine Einladung zum Reisen war ja eine Einladung zum Leben gewesen, zum Versuch damit, doch vielleicht würde sich ja herausstellen, dass die Reise unser Leben war, die komprimierte Fassung davon.
Ora fuhr und schaute gelegentlich zu mir herüber.
Du denkst daran, was werden wird, sagte sie.
Wird nicht immer etwas aus dem, was gewesen ist?

(S. 134)

Buch „Tage mit Ora“ und Programmheft zu den Literaturtagen 2018

„Tage mit Ora“ von Michael Kumpfmüller

 

Eine Reise ist ein beliebter Rahmen für eine Romanhandlung, sogar schon in Märchen und großen antiken Epen. „Tage mit Ora“ hat aber wenig von einer Heldenreise á la Odyssee; hier werden keine phantastischen Abenteuer aneinander gereiht. Michael Kumpfmüllers Erzählung konzentriert sich ganz auf die beiden Hauptfiguren, den Ich-Erzähler und die im Titel genannte Ora. Und auf die Liebesgeschichte.

Aber ist das überhaupt eine Liebesgeschichte?
Zwei Menschen, die sich bisher nur oberflächlich kennen, wollen gemeinsam einzelne Orte entlang der Westküste der USA bereisen und dann einfach sehen, ob und was sich daraus entwickelt. Haben die beiden mehr gemeinsam als nur die gleichen Psychopharmaka, die sie nehmen müssen oder hat am Ende die Therapeutin des Erzählers mit ihrer Warnung vor dieser Beziehung recht?

Es gibt keinen Plan, aber beide haben bereits bittere Erfahrungen in der Vergangenheit gemacht; so blieb die erste Annäherung bisher zögerlich. Die gemeinsame Reise in einem kleinen Mietwagen soll dem Kennenlernen dienen und ist eine Probe, ob intime Nähe und die Eigenheiten des anderen überhaupt erträglich sind, auch eine Probe für die eigenen Gefühle.

Kein aufregender Plot, aber wunderbar erzählt. Mir gefällt Michael Kumpfmüllers Sprache sehr, der leise Humor zwischen den Zeilen, die inneren Monologe des Erzählers zwischen Depression, euphorischer Verliebtheit und abgeklärter Selbstironie.

Am Montag, 22. Oktober ist der Autor zu Gast bei unseren Bielefelder Literaturtagen.

Unsere Katalogdaten zu dem Buch gibt es hier.

HilDa

Elizzy von read books and fall in love hat sich für alle, die teilnehmen mögen, folgende Blogaktion ausgedacht: der „Mittendrin Mittwoch“. Er besteht aus immer neuen Zeilen aus Büchern, in denen wir aktuell wortwörtlich mittendrin stecken.

Literaturtage Bielefeld

Am Donnerstag, den 04.10.2018 ist es wieder so weit – die 23. Literaturtage Bielefeld beginnen! Zur Eröffnung haben wir Karen Duve eingeladen, die aus ihrem Buch „Fräulein Nettes kurzer Sommer“ liest. Bei besagtem Fräulein Nette handelt es sich um Annette von Droste-Hülshoff. Karen Duve hält sich in ihrem Roman eng an die historische Vorlage und berichtet von der Zeit der Romantik und des Biedermeiers.

Am Montag darauf haben wir Lucy Fricke zu Gast. Über ihr Buch „Töchter“ berichtete ich schon in einem MittendrinMittwoch. Mittlerweile habe ich das Buch ausgelesen, bin immer noch begeistert und freue mich schon sehr auf die Lesung!

Ein weiteres Buch, dass mich ebenfalls sehr interessiert ist „Das Genie“ von Klaus Cäsar Zehrer, der am 23. Oktober bei uns ist. Bisher habe ich noch nicht geschafft anzufangen aber es steht zumindest schon Zuhause im Regal und wartet auf mich.

Wenn ich genug Zeit hätte würde ich auch gerne noch „Tage mit Ora“ von Michael Kumpfmüller oder auch Nationalstraße von Jaroslav Rudis lesen oder … ich zähle jetzt mal nicht auch noch alle anderen Bücher auf, die schaffe ich sowieso nicht mehr alle zu lesen 😉

Bei den Lesungen dürft ihr euch außerdem immer darauf freuen die Abende mit musikalischer Begleitung und einem Glas Wein o.ä. zu genießen.

Insgesamt finden dieses Jahr zwischen dem 04.10.2018 und dem 02.11.2018 12 Lesungen statt. Hier seht ihr eine kleine Übersicht über das gesamte Programm:

Und das ausführliche Programmheft ist hier zu finden oder in gedruckter Form natürlich auch bei uns vor Ort. 🙂

lga