Hörtipp: Polkageist

Fröhliche Polkaklänge im Balkan-Style, vielleicht auch noch ein wenig vermischt mit Punkrock oder anderen Einflüssen sind normalerweise gar nicht meins. Meist sind mir die Lieder zu „wild“, zu „laut“ oder das Zusammenspiel der verschiedenen Instrumente geht mir nach kurzer Zeit auf die Nerven.

Neulich bin ich aber – dank YouTube – über die Berliner Band Polkageist gestolpert. Neugierig wie ich bin, klicke ich den ein oder anderen Vorschlag der rechts am Seitenrand steht schon mal an. Polkageist klang witzig und interessant zugleich, ebenso wie der Titel des Liedes: Immer auf der Kippe.
Nun denn, dachte ich und drückte den Startknopf. Sogleich ging die fröhlich-beschwingte Musik los. Der Text ist eine Mischung aus verschiedenen Sprachen und der Refrain ist ohrwurmverdächtig. Während das Lied läuft, lese ich die Kommentare und erfahre: Die Band hatte 2017 mit dem Stück sogar schon einen Auftritt im Tatort Hannover. Das ist doch schon mal nicht schlecht.

Kurzerhand schaute ich nach einem Album. Denn ich dachte mir, dass die Musik etwas für die Musikbibliothek sein könnte. Zufällig ist dieses Jahr eines erschienen. Der Titel: Rückwärts durch die Geisterbahn. Aber mal ehrlich? Allein für die Kombination aus Band und Albumtitel: Polkageist – Rückwärts durch die Geisterbahn hätte das Album schon den Kauf verdient. Auch wenn man sich nicht zu sehr von schönen Covern oder Titeln beeinflussen lassen sollte (was mir leider nicht immer ganz gelingt ;))

Und hält die Gesamtpackung, was sie verspricht? Ich möchte gar nicht zu viel über das Album schreiben, weil ich denke, dass jeder für sich selbst entscheiden soll, ob er es gut findet oder nicht. Aber es ist kurzweilig, die Musik ist frisch und verleitet dazu fröhlich mit dem Fuß mit zu wippen oder eine kleine Tanzrunde durch den Raum zu drehen. Die Texte sind nicht immer nur „lustig“, sondern können durchaus auch „kritisch“ sein.

Alles in allem lohnt es sich reinzuhören. Und wenn ich jetzt den einen oder anderen hiermit packe und er ebenfalls mal eine Runde „Rückwärts durch die Geisterbahn“ dreht, dann habe ich mein Ziel schon erreicht. 🙂

Hier könnt ihr mal in Immer auf der Kippe reinhören und hier findet ihr die CD in unserem Katalog.

Bitte, ein Gedicht #10

Heute gibt es ein Gedicht für alle, die sich auch mal wieder ein bisschen Schnee wünschen. Bei den milden Temperaturen ist eine weiße Weihnacht dieses Jahr, zumindest hier in Bielefeld und Umgebung, leider wieder außerhalb des Möglichen. Dann lese ich zumindest ein Gedicht darüber und träume von ein bisschen Schnee… 🙂

Neuschnee

Flockenflaum zum ersten Mal zu prägen
mit des Schuhs geheimnisvoller Spur,
einen ersten schmalen Pfad zu schrägen
durch des Schneefelds jungfräuliche Flur –

kindisch ist und köstlich solch Beginnen,
wenn der Wald dir um die Stirne rauscht
oder mit bestrahlten Gletscherzinnen
deine Seele leuchtende Grüße tauscht.

Christian Morgenstern (1871 – 1914)

Bitte ein Gedicht – das ist Wunsch und Angebot zugleich. In unregelmäßigen Abständen möchten wir gerne zur Lyrik verführen und präsentieren einzelne Gedichte oder weisen auf besondere Lyrikbände aus unserem Bestand hin.

DVD-Tipp: Lascaux – Prähistorische Kunst in der Höhle

Der Sachfilm (unsere Katalogdaten hier) gehört zur Reihe „Palettes – Faszinierende Entdeckungsreisen ins Reich der Malerei“ von Alain Jaubert. In der gleichen Hülle leiht man auch den Film „Malerei der Antike: Euphronios, Faijum, Pompeji“ mit aus, auf den ich hier aber nicht weiter eingehe (nur so viel: auch er ist sehenswert).

Ich interessiere mich insgesamt für Vor- und Frühgeschichte, da fasziniert mich die frühe Höhlenmalerei natürlich auch. Denn näher kann man den Menschen aus der frühen Steinzeit nicht kommen als über ihre Kunst. Auch wenn wir wohl nie verstehen werden, was die Menschen vor zigtausend Jahren bewegte, wie sie dachten, was sie wollten. Aber die Vorstellung über Rituale und Feste, die über viele Generationen hinweg von diesen Bildern geprägt waren, die Mythen und Geschichten, die mit ihnen erzählt wurden – da braucht es nicht viel Phantasie, um diese Zeichnungen und Ritzungen wieder lebendig werden zu lassen.

Wirklich beeindruckend ist die Kunstfertigkeit, mit der die Tiere und Symbole an die Höhlenwand gebannt wurden: so viel handwerkliches Know-How, so viel Wissen über die dargestellten Tierarten, ihre Anatomie, ihre Bewegung, dann diese überraschenden Perspektiven, die Abstraktionen, die unterschiedlichen Techniken.

Der Film zeigt auch die Werkzeuge und Farben, die gefunden werden konnten; Wissenschaftler und heutige Künstlerinnen versuchen, die verschiedenen alten Techniken zu rekonstruieren. Doch viele Fragen bleiben offen. Interpretationen und die Schlussfolgerungen über Lebensart und Glauben der Menschen vor ca. 20.000 Jahren bleiben sowieso spekulativ. Aber diese Kunst berührt auch ohne Erklärung.

Die Höhle von Lascaux in der Dordogne wurde 1940 zufällig entdeckt, sie ist bereits recht gut erforscht und dokumentiert. Es gibt Nachbildungen, Bildbände und eben auch filmische Dokumentationen, durch die wir diese Kunst erleben können, denn die Höhlengänge selbst sind natürlich nicht öffentlich zugänglich.

Lascaux ist nur ein Beispiel für die europäische Höhlenmalerei des Jungpaläolithikums. Als nächstes muss ich mir unbedingt den Werner Herzog Film „Die Höhle der vergessenen Träume“ über die Chauvet-Höhle ansehen.

 

In dem großartigen Bildband „Grotte Chauvet“ habe ich schon öfter geblättert, ich kann mich gar nicht satt sehen an den fast 100 Farbtafeln.

 

Von Brian Fagan hoffe ich mehr über den Cro-Magnon-Menschen zu erfahren: Der erste anatomisch moderne Mensch (Homo Sapiens), der vor vielleicht 40.000 Jahren nach Europa einwanderte und dort jahrtausendelang mit dem Neandertaler in mehr oder weniger enger Nachbarschaft lebte – und der unter anderem die Kunst mitbrachte.

HilDa

Bitte, ein Gedicht #9

Lied im Advent
Immer ein Lichtlein mehr
im Kranz, den wir gewunden,
dass er leuchte uns sehr
durch die dunklen Stunden.

Zwei und drei und dann vier!
Rund um den Kranz welch ein Schimmer,
und so leuchten auch wir,
und so leuchtet das Zimmer.

Und so leuchtet die Welt
langsam der Weihnacht entgegen.
Und der in Händen sie hält,
weiß um den Segen!

Matthias Claudius (1740 – 1815)

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Winterzeit ist Märchenzeit #6

Winter is coming – also machen wir auch weiter mit unserer Märchenzeit.
Und da das Theater Bielefeld das amerikanische Märchen „Der Zauberer von Oz“ als Familienstück zur Weihnachtszeit spielt und die Märchenvorlage von L. Frank Baum in Deutschland kaum bekannt ist, liegt es doch nahe, hier im Blog ein paar Informationen zusammen zu tragen.

 

Der Zauberer von Oz

Ich kenne das Märchen auch erst durch eine Theaterinszenierung vor vielen Jahren, bei der ich den Blechmann spielen durfte. Selbst den Filmklassiker von 1939 mit Judy Garland hatte ich vorher nie gesehen, kannte nur den Titel und ein paar Ausschnitte. Und natürlich das Lied: „Somewhere over the Rainbow“. Das Theaterstück damals war toll, also habe ich auch das Buch gelesen. Vielleicht lag es ja an der Übersetzung, jedenfalls gefiel mir die Märchenerzählung nicht besonders; und selbst der Musicalfilm konnte mich nicht begeistern. In den USA gehört er zum alljährlichen Weihnachtsprogramm im Fernsehen, ein Familienereignis. Als synchronisierte Fassung unter dem Titel „Das zauberhafte Land“ wird er zwar auch im deutschen Fernsehen regelmäßig um Weihnachten herum im Kinderprogramm gezeigt, aber weder Film noch Buch haben hier je große Popularität erreicht.

Illustration von W.W. Denslow – Library of Congress LC Control No.: 03032405 (p. 81), Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4674617

L. Frank Baum (seinen Vornamen Lyman mochte er angeblich nicht, darum kürzte er ihn nur ab) schrieb mit „The Wonderful Wizard of Oz“ den ersten amerikanischen Kinderbuchklassiker. Seine Figuren sind in den USA ebenso vertraut wie bei uns das Märchenpersonal der bekanntesten Grimm’schen Erzählungen. Der große Erfolg schon gleich im ersten Erscheinungsjahr 1900 ist sicher auch seinem Illustrator William Wallace Denslow zu verdanken.

Dass die Hauptfiguren Dorothy und ihr Hund Toto sowie ihre neu gewonnenen Freunde Vogelscheuche, Blechmann und Löwe ebenso wie die große Gegenspielerin, die böse Hexe des Westens, als Charaktere seltsamerweise hierzulande bekannter als die Erzählungen selbst sind, liegt wohl an den vielen Zitaten aus Kinderbuch und Film in der amerikanisch geprägten Popkultur. Die roten Schuhe, der gelbe Steinweg, der Wirbelsturm, der das Haus weg trägt, die grüne Smaragdstadt und eben Vogelscheuche, Blechmann und Löwe, die für sich Verstand, Herz und Mut suchen – das wird oft in TV-Serien, Filmen, Werbung, Videoclips oder Songtexten aufgegriffen, weil es als bekanntes Allgemeinwissen in den USA vorausgesetzt werden kann. Hierzulande fehlt jedoch meist das Wissen um den Kontext.

Baum nutzte für seinen Märchenroman die klassische Struktur der Heldenreise:

Dorothy wird durch einen Wirbelsturm aus dem beschaulichen Kansas in das zauberhafte Land Oz getragen und dort gleich als Heldin gefeiert, weil durch ihre Ankunft – aber von ihr unbeabsichtigt – eine böse Hexe getötet wurde. Zur Belohnung erhält sie Zauberschuhe, doch leider hat sie sich auch die Feindschaft der ebenfalls bösen Hexe des Westens eingefangen. Dorothy will wieder zurück nach Hause, doch das geht nur mit Hilfe des großen und mächtigen Zauberers in der Smaragdstadt. Sie folgt dem gelben Steinweg und trifft unterwegs Freunde: Sie holt die Vogelscheuche von der Stange, ölt den eingerosteten Blechmann und beruhigt den ängstlichen Löwen. Die Drei schließen sich ihr an, denn sie haben ebenfalls Wünsche an den Zauberer. Gemeinsam erleben sie Abenteuer, besiegen sogar die Westhexe – doch der große und mächtige Zauberer ist nicht das, was alle glauben. Trotzdem gibt es für alle ein Happy End.

Die Wikipedia bietet zu Lyman Frank Baum und Der Zauberer von Oz sehr ausführliche Artikel und Bilder.

Die schon jetzt fast ausverkauften Aufführungen am Bielefelder Theater haben nun in unserer Bibliothek zu einer größeren Nachfrage nach dem Märchen geführt; Schulen, Kindergärten und auch einige Eltern wollen ihre Kinder auf den Theaterbesuch vorbereiten oder die auf der Bühne gesehene Geschichte noch einmal nachlesen.

Es gibt unterschiedliche Ausgaben und Übersetzungen, Bearbeitungen für verschiedene Altersgruppen, Bilderbücher und Vorlesebücher. In unseren Stadtteilbibliotheken und natürlich in der Kinderbibliothek am Neumarkt könnt Ihr fündig werden – wenn nicht gerade alles ausgeliehen ist. Ich habe jedenfalls nur zwei Ausgaben zum Fotografieren vorgefunden: die Übersetzung von Sybil Gräfin Schönfeldt im Dressler-Verlag und die illustrierte Ausgabe aus dem Coppenrath-Verlag.

Der Zauberer von Oz / von L. Frank Baum; übersetzt von Sybil Gräfin Schönfeldt. – Dressler-Verlag

Der Zauberer von Oz / von L. Frank Baum; nacherzählt von Heidemarie Brosche; Bilder von Markus Zöller. Coppenrath-Verlag

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Übrigens findet Ihr in unserem Videoarchiv sogar noch die erste Stummfilm-Verfilmung (mit Oliver Hardy als Blechmann) und auch den Filmklassiker mit Judy Garland als VHS-Videokassette; den Musicalfilm von 1939 gibt es aber auch als DVD (4 Discs mit viel Bonus-Material anlässlich des 70. Filmjubiläums). Und dann ist da noch die Musical-Verfilmung 1978 „The Wiz – Das zauberhafte Land“ von Sidney Lumet mit Diana Ross und Michael Jackson, Musik Quincy Jones.

Follow the yellow brick road …

HilDa

Bitte, ein Gedicht #8

Des Wunders lächelnd staunend, das geschah,
Stand ich am Morgen leise fröstelnd, sah
Die Heide blitzend, funkelnd, übersät;
Als die Dezembersonne mild und spät
Hinter den Kiefern aufstieg … Silberblinken,
Glitzern und Blitzen aller Nähe, Weite
Im Winterlicht … Und bronzen ein Geläute
Vom Dorf her: – Morgenglocken; – und ein Winken
Des Horizontes blauzart; fernklar, fein:
Wie hingehaucht. Und eine Stille dann
Fing durch das Strahlende zu wandern an,
Und fand auf weißen Wegen sich allein. … O, ganz allein.

Karl Röttger (1877-1942)

Bitte ein Gedicht – das ist Wunsch und Angebot zugleich. In unregelmäßigen Abständen möchten wir gerne zur Lyrik verführen und präsentieren einzelne Gedichte oder weisen auf besondere Lyrikbände aus unserem Bestand hin.

Bitte, ein Gedicht #7

Verse zum Advent

Noch ist Herbst nicht ganz entflohn,
Aber als Knecht Ruprecht schon
Kommt der Winter hergeschritten,
Und alsbald aus Schnees Mitten
Klingt des Schlittenglöckleins Ton.

Und was jüngst noch, fern und nah,
Bunt auf uns herniedersah,
Weiß sind Türme, Dächer, Zweige,
Und das Jahr geht auf die Neige,
Und das schönste Fest ist da.

Tag du der Geburt des Herrn,
Heute bist du uns noch fern,
Aber Tannen, Engel, Fahnen
Lassen uns den Tag schon ahnen,
Und wir sehen schon den Stern.

Theodor Fontane (1819 – 1898)

 

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