Theaterbesichtigung für Kinder

Wir hatten ja hier schon einmal ein Bilderbuch über einen Theaterbesuch empfohlen. Hier eine andere Geschichte:

Willkommen im Theater: eine Theaterbesichtigung für Kinder“
von Christa Holtei und Günther Jakobs

Bilderbuch "Willkommen im Theater! Eine Theaterbesichtigung für Kinder" von Christa Holtei und Günther Jakobs

Hanna und Lukas gehen zum ersten Mal in eine Abendvorstellung ins Theater. Sie begleiten Mia, die auf der Bühne in einem Ballett mittanzen wird. Und sie hat eine Überraschung für ihre beiden kleinen Freunde. Bevor die Aufführung beginnt, dürfen sie das Geschehen hinter der Bühne erkunden. Sie dürfen durch das große Theatergebäude stöbern. Zuerst geht es in den Ballettsaal, wo sich bereits einige Tänzer und Tänzerinnen vorbereiten. Dann lernen die Kinder noch all die anderen Räume und Arbeitsbereiche kennen, die im hinteren Teil des großen Theatergebäudes verborgen sind. Da werden Kostüme zurechtgemacht, die Darsteller geschminkt, Perücken geknüpft. Auch der Bühnenraum ist viel größer, als das, was man aus der Sicht des Publikums kennt. Die Kinder müssen aufpassen, dass der Herr König sie nicht entdeckt, denn er mag keine ungebetenen Gäste hinter der Bühne. Und Mia muss ihre Ballettschuhe finden, sonst kann sie gleich nicht auftreten.

Das Bilderbuch zeigt in ganz- oder doppelseitigen Illustrationen nicht nur die einzelnen Räume und das Bühnenpersonal, sondern auch Querschnitte durch das Gebäude, so dass wir sehen können, wie groß die Bereiche sind, die wir als Zuschauer sonst nicht sehen können. Und wie viele Menschen zusammenarbeiten, damit eine Aufführung gelingt.

Außerdem sind in den Bildern Hinweise auf bekannte Märchenballettstücke versteckt. Erst am Ende gibt es die Auflösung. Ich habe nicht alle Hinweise erkannt und die dazugehörigen Bühnenwerke kenne ich nicht einmal alle, zumindest nicht als Musiktheaterstücke. Ich bezweifle, dass Kinder da besser sind. Aber es gibt so viel anderes zu entdecken, dieses kleine Quiz ist da nur ein zusätzlicher Anreiz.

Das Bilderbuch eignet sich zum gemeinsamen Lesen und Stöbern, zum Selbstentdecken und zum Vorlesen. Empfohlen ist es für Kinder ab 8 Jahren. Aber vorlesen und Bilder angucken kann man auch schon mit jüngeren Kindern, z. B. zur Vorbereitung des nächsten Theaterbesuchs.

Hanna und Lukas jedenfalls finden rechtzeitig in den Zuschauerraum und auf ihre Plätze in der ersten Reihe. Die Ballettaufführung und vor allem der große Auftritt von Mia können beginnen.

Applaus! 🙌👏

Viel Freude beim Lesen
HilDa

Ein Wunschpunsch zur Weihnachtszeit

Leider war ich schon lange nicht mehr im Weihnachtsmärchen des Theater Bielefeld. Doch dieses Mal habe ich Karten und freue mich wie Bolle auf „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ nach dem Kinderbuch von Michael Ende.

Vor vielen Jahren hatte ich mal gemeinsam mit Freunden das Theaterstück in verteilten Rollen gelesen, und es war einer unserer lustigsten Leseabende. An den Inhalt kann ich mich aber kaum noch erinnern, nur an unseren Spaß mit den herrlichen Charakteren und den witzigen Wortspielen und Anspielungen im Text.

Da das Buch in der Bibliothek zwar mehrfach vorhanden, aber verständlicherweise auch sehr gefragt und fast immer ausgeliehen war, hatte ich mir kurzerhand ein eigenes Exemplar zugelegt und mit in das Weihnachtswochenende genommen. Eine schräge, eine gute Wahl für die Weihnachtslektüre. Und noch besser passte das Buch zum Silvester-Abend, für den ich mir dann auch die letzten Kapitel aufgehoben habe.

Das Buch "Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch" von Michael Ende wird vor einen beleuchteten Weihnachtsbaum gehalten

Für all die, die den Wunschpunsch noch nicht kennen: Die Geschichte spielt in einer einzigen Silvesternacht, beginnt nachmittags um 5 Uhr mit dem Besuch eines teuflischen Gerichtsvollziehers und endet, nachdem in einem irrwitzigen Hexenzauber der santanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch gebraut und Schluck für Schluck für die böse Sache getrunken ist; seine volle Wirkung zeigt der mit viel Bosheit und Heuchelei gepanschte Trunk dann um Mitternacht, wenn die ganze Welt ahnungslos das neue Jahr feiert. Können Kater Moritz und Rabe Jakob bis dahin die geplante Katastrophe noch abwenden?

Der Roman (hier unsere Katalogdaten) ist ein ganz klein bisschen gruselig, sehr spannend, originell und voller Witz, mit vielen Anspielungen auf unsere Zeit, hat durchaus ein ernstes Thema (die Umweltzerstörung durch uns Menschen) und ist ein Heidenspaß – nicht nur für Kinder, auch für Erwachsene, bestens geeignet zum Vorlesen.

Ja, ich habe auch für mich alleine die Dialoge gerne laut gelesen – hoffentlich hat kein Nachbar diese seltsamen Stimmen zu nachtschlafender Zeit gehört: den schnarrenden Beelzebub Irrwitzer (im Roman wird seine Stimme als Bass beschrieben, aber ich habe ihn etwas heiser näseln lassen), den krächzenden Raben und nicht zuletzt die Hexe Tyrannia Vamperl, die ich in ihrem Hochmut mit viel zu lauter Stimme sprechen ließ. Hach, das war ein Spaß – und auch etwas anstrengend für meine Stimme, also konnte ich das nicht für das ganze Buch durchhalten. Nun, weihnachtlicher Sturm und Regen, das Kratzen windgepeitschter Zweige an der Hausfront, das Klappern der Rollos und dann Silvester die wilde Böllerei schon in den Stunden vor Mitternacht – das alles ergab auch eine passende Tonkulisse beim Leise-Lesen; und die Stimmen konnte ich ja in meinem Kopf dazu „mischen“. 🤭
Ja, bei so einem Märchen verfalle ich in eine Art Ein-Mann-Theater, im Kopf inszeniere ich da mein eigenes Stück bzw. einen Film nur für mich.

Und bevor Ihr fragt: Nein, der anschließende Theaterbesuch wird dann keine Enttäuschung. Natürlich stimmt die gezeigte Inszenierung nicht mit meinen inneren Bildern überein, das erwarte ich doch auch nicht. Ich genieße es, andere Interpretationen zu hören und zu sehen und bin schon ganz gespannt.

Es gibt noch einige Aufführungen im Januar (letzte Vorstellung 7. Januar 2024), aber nur mit Glück bekommt man noch Einzelkarten, wahrscheinlich nur kurz vor der Aufführung, sofern Karten zurückgegeben werden.

Ich werde hier anfügen, wenn uns das Stück gefallen hat.🎭

HilDa

PS: Ergänzung am 9. Januar 2024
Wir waren in einer der letzten Aufführungen im Stadttheater Bielefeld. Das war eine knall-bunte, lustige, phantastische, kurz: rundum gelungene Inszenierung des „Wunschpunsch“. Sehr schöne Einfälle, viel Glitzer und Knalleffekte, wirkungsvolles Bühnenbild, schöne Gags, treffende aktuelle Bezüge ohne das zu überstrapazieren; vor allem aber sehr gut aufgelegte Darsteller, herrlich schräg. Ich würd’s ja empfehlen, aber wenn Ihr das Stück noch nicht gesehen habt, habt Ihr’s jetzt halt verpasst. Freuen wir uns also auf das nächste Familienstück zur Weihnachtszeit.

Vorlesetipp: Tonia im Theater

Mein Vater und ich haben uns mal wieder ein neues Bilderbuch angeschaut. Ich frage meinen Vater ab und zu, ob wir gemeinsam ein mögliches Vorlesebuch prüfen können. Das hat ja nicht nur etwas mit Lesefertigkeit zu tun, das Buch muss mir auch selbst gefallen, Thema und Stil müssen mir liegen und Spaß machen.

Mein Vater spielt also den Zuhörer, ich die Vorleserin. Danach schauen wir uns gemeinsam die Bilder noch einmal ganz genau an, um kleine Details zu entdecken, auf die man neben dem Vorlesen noch extra eingehen könnte. Und ich mache mir Gedanken, wie man bei einer Vorleseveranstaltung in der Bibliothek mehrere Kinder einbeziehen und für die Geschichte oder das Thema begeistern kann. Meinen Vater frage ich nach seiner Meinung.

Allerdings verliert er manchmal das Interesse, das ist dann natürlich auch okay. Meist freut er sich aber, wenn er mir bei meiner Arbeit helfen kann. Er erkundigt sich, was überhaupt mein Beruf ist und wo ich denn arbeite – jedes Mal und oft wiederholt binnen weniger Minuten. Damit muss man halt rechnen, wenn man mit einem Herrn, der leider an Demenz erkrankt ist, zusammen „arbeitet“. Manchmal erzählt er mir dann, dass er auch irgendwann mal in Bielefeld in einem Haus an einer Kreuzung übernachtet hat. Das ist dann eigentlich das Beste beim Vorlesen: Wenn er selbst erzählt, egal was. Das Buch ist dann eben nicht mehr wichtig.

Jedenfalls habe ich ihm versprochen, dass er für seine Hilfe hier erwähnt wird. Und ich soll Euch alle grüßen.

Diesmal ist das Bilderbuch unserer Wahl „Tonia im Theater“ von Judith Kuckart (Text) und Julia Hoße (Illustration). Theater ist nämlich mein Hobby. Und es war mein Vater, der mich schon als Kind in „unsere“ Theatergruppe mitgenommen hat. Schon früh wollte ich, wenn ich mal groß bin, so wie er auf der Bühne stehen. Nun, der Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Ich kenne also die verschiedenen Theaterräume und die unterschiedlichen Tätigkeiten hinter und auf der Bühne recht gut.

Bilderbuch "Tonia im Theater" von Judith Kuckart, illustriert von Julia Hoße. Verlag Voland & Quist

Tonia, die Heldin des Bilderbuches, erkundet das Theater, weil sie eine neue Freundin sucht. Von der Theaterkantine bis zum Kostümfundus, durch den Malersaal in die Kostümschneiderei – sie stöbert überall herum und stolpert zuletzt mitten in eine Generalprobe.

Die Autorin Judith Kuckart erzählt mit wenigen Worten, so lässt sie viel Spielraum für die Bilder, in denen noch mehr zu entdecken ist. Die ganzseitigen Illustrationen von Julia Hoße werden mehr und mehr selbst zur Bühne, auf der nicht nur die Geschichte dargestellt und mit kleinen lustigen Details ergänzt wird, sondern da werden Dialoge und zuletzt sogar die Stimme des Märchenerzählers, der auf der großen Theaterbühne spricht, sichtbar. So kann man als Vorleserin das Theaterspiel, in das Tonia hinein gerät, gleich mit inszenieren.

Tonia unterbricht versehentlich die Probe zu einem Kinderstück, weil sie ihre neue Freundin vor den „bösen Räubern“ retten will. Es wird nämlich ein Märchen gespielt, in dem ein armes Waisenmädchen in die Hände von drei wilden Räubern fällt. Natürlich darf sich Tonia auch noch den Rest der Probe ansehen: Das arme Waisenmädchen findet eine neue Familie (ja, ausgerechnet die Räuber, die ja wohl doch nicht so böse sind. Hach ja, Märchen halt). Und die fröhliche kleine Schauspielerin wird Tonias neue Freundin. So ein Ausflug ins Theater lohnt sich wirklich. ☺️

Wer sich noch nicht so gut hinter der Bühne auskennt, erhält Hilfe im ausführlichen Glossar am Ende des Buches, wo einige Theaterbegriffe und die verschiedenen Tätigkeiten kurz und auch für Kinder verständlich erklärt werden: Was macht ein Regisseur; was gibt es in einer Theaterkantine, was bedeutet das Wort „Inszenierung“, …

Ich stelle mir vor, dass ich beim Vorlesen die kleinen Zuhörer und Zuhörerinnen durch Fragen nach eigenen Theatererfahrungen mit einbeziehe. Wer war schon mal im Weihnachtsmärchen? Vielleicht hat ja jemand selbst Theater gespielt, zum Beispiel im Kindergarten (oder bei einer Amateurtheatergruppe wie ich)? Wer durfte schon mal beim Tag der Offenen Tür den Ballettsaal oder die große Bühne im Stadttheater besichtigen? Was ist euer Lieblingskostüm bei Karneval? Habt ihr euch schon mal geschminkt?

Und natürlich könnte ich auch von eigenen Theatererlebnissen erzählen. Ach, da könnte ich viel erzählen …

Aber erst einmal wollte ich mit meinem Vater in Erinnerungen schwelgen. Er hat das Buch aber lieber ganz gründlich ohne mich studiert. Auf meine Frage, ob er sich noch an unsere gemeinsamen Auftritte erinnern könne, hat er nur gelächelt. Ob er noch weiß, dass ich ihm früher beim Textlernen geholfen habe? Jetzt nickt er kurz, ja, das weiß er noch. Ich war noch klein, Grundschulalter, und durfte alle anderen Rollen vorlesen, damit er die Einsätze für seine Auftritte lernen und an der richtigen Stelle seinen Text sagen konnte.
So hat meine Theaterleidenschaft angefangen. Und vielleicht auch meine Freude am Vorlesen.

Auch die Geschichte von Tonia und dem Theater geht bestimmt noch weiter. Wer weiß, vielleicht spielt sie demnächst selbst eine Rolle in einem Kinderstück.

Was würdest du einmal gerne auf einer Theaterbühne spielen?

HilDa

„Tonia im Theater“ gibt es nun auch in der Kinderbibliothek am Neumarkt (Katalogdaten).

Vorlesetipp: Ein Schaf fürs Leben

Geht es euch auch so? Beim Vorlesen für Kinder muss mir das Buch selber auch gefallen, sonst wird das mit dem richtigen Vorlesen schwierig.

So ein Buch ist auf jeden Fall „Ein Schaf fürs Leben“ von Maritgen Matter.

Die Geschichte könnte recht schnell erzählt sein: Ein Wolf hat fürchterlichen Hunger, trifft auf ein Schaf – wie passend – und zack…

Soweit der Plan des Wolfs. Er muss jedoch umdisponieren und lädt das arglose Schaf zu einem nächtlichen Schlittenausflug ein, bei dem er dann seinen Plan umsetzen möchte. Das Schaf ahnt von alldem nichts, bewundert den Wolf, sieht in ihm einen Dichter, der ihm Erfahrungen zeigen möchte. Und los geht die wilde Fahrt.

Doch sie endet komplett anders als vom Wolf geplant. Ein Unglück passiert, das Schaf wird zum Lebensretter. Kann der Wolf bei so viel Freundschaft und Herzenswärme hart bleiben?

Die zauberhafte Geschichte wird mit den Bildern von Anke Faust wunderbar unterstrichen und bekam 2004 zu Recht den Deutschen Jugendliteraturpreis, Kategorie Kinderbuch, verliehen.

In der Bibliothek findet ihr das Buch unter ab 6 J. Matt.

A.W.

Buchtipps zum bundesweiten Vorlesetag

Bereits seit 2004 ist der Bundesweite Vorlesetag auf gemeinsame Initiative von DIE ZEIT, Stiftung Lesen und Deutsche Bahn Stiftung Deutschlands größtes Vorlesefest und ein öffentliches Zeichen, um alljährlich am dritten Freitag im November Kinder und Erwachsene für die Bedeutung des Vorlesens zu begeistern. Dieses Jahr lautet das Motto „Gemeinsam einzigartig“. Wer mehr über diese tolle Aktion erfahren möchte, bitte hier klicken.

Wir möchten euch hier natürlich auch ein bisschen Inspiration geben und stellen in aller Kürze ein paar schöne Titel zum Vorlesen für Kinder und für Erwachsene vor. Da ist bestimmt etwas für euch dabei, schaut mal:

Vorlesetipps für Kinder

Kleiner König Kalle Wirschvon Tilde Michels

Kalle Wirsch ist der König der Erdmännchen. Zoppo Trump möchte König werden und fordert ihn zu einem Zweikampf heraus. Dieser soll beim nächsten Vollmond in der Wiwogitrumu-Festung stattfinden. Zoppo versucht durch viele Tricks, Kalle daran zu hindern, zur Festung zu gelangen. Gut, dass Kalle Wirsch die Hilfe von Jenny und Max – zwei Menschenkindern – hat.

Ein Lesevergnügen für Klein und Groß.

Urmel aus dem Eis“ von Max Kruse

Professor Habakuk Tibatong bringt Tieren das Sprechen bei. Er lebt mit seiner Haushälterin dem Hausschwein Wutz und vielen anderen Tieren auf einer Insel. Versteckt in einem Eisberg taucht ein großes Ei auf, aus dem der kleine Dinosaurier Urmel schlüpft, der die Welt auf der Insel ganz schön durcheinanderbringt.

Diese Vorlesegeschichte macht viel Freude, da jedes der Tiere einen anderen Sprachfehler hat, was den/die Vorleser*in vor Herausforderungen stellt und den Kindern einen Heidenspaß macht.

Sabine Lieker
ehrenamtliche Mitarbeiterin und Teamsprecherin in der Stadtteilbibliothek Jöllenbeck

„Stellaluna“ von Janell Cannon

Das junge Flughund-Mädchen Stellaluna entgleitet seiner Mutter, als diese von einer Eule angegriffen wird. Stellaluna fällt und fällt… und landet wohlbehalten in einem Vogelnest mit drei erschreckten Vogelkindern. Stellaluna muss sich nun den Gewohnheiten der Vogelkinder anpassen, die völlig anders leben als Flughunde. Dies ist der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft…

Fazit dieser Geschichte:

Trotz aller Unterschiede befreundet zu sein ist leicht, wenn man begriffen hat, dass richtiges oder falsches Verhalten nur eine Frage der Sichtweise ist.

Ich habe dieses Bilderbuch mit sehr schönen Illustrationen gern vorgelesen, wenn Kinder aus Tagesstätten zu uns in die Stadtteilbibliothek in Jöllenbeck zu einer Führung gekommen sind. Sehr schön ist auch der Anhang mit verständlichen Informationen über „Fledertiere“.

Bilderbuch "Stellaluna" von Janell Cannon

„Little People, BIG DREAMS“ von Maria Isabel Sánchez Vegara

Die weltweit erfolgreiche Kinderbuchreihe erzählt von den beeindruckenden Lebensgeschichten großer Menschen. Jede dieser Persönlichkeiten, ob Schauspieler, Fußballer oder Bürgerrechtsaktivistin, hat Unvorstellbares erreicht. Dabei begann alles, als sie noch klein waren: Mit großen Träumen.

Die Texte sind einfach und gut verständlich geschrieben und mit schönen Bildern von unterschiedlichen Künstlern illustriert. Im Anhang befindet sich ein Lebenslauf mit Fotos zu wichtigen Ereignissen im Leben der beschriebenen Person.

Es gibt zahlreiche Bücher zu vielen Persönlichkeiten und bietet die Möglichkeit, sich mit dem Leben bekannter Menschen zu beschäftigen und andere, unbekannte Persönlichkeiten kennenzulernen.

Margret Langenkämper
ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Stadtteilbibliothek Jöllenbeck

Der Lesewolf“ von Bénédicte Carboneill und Michael Derullieux

Der Wolf wird im Schlaf von Vater und Tochter gestört, die auf einer Bank im Wald sitzen. Der Vater liest aus einem Buch vor, dessen Geschichte spannend klingt und den Wolf neugierig macht. Zum Glück bleibt das Buch im Wald zurück. Der Wolf sucht einen Vorleser doch ihm traut keiner – er ist ja als „böses“ Tier bekannt. Schließlich liest der Hase das Buch zu Ende und erweckt im Wolf den Wunsch, auch lesen zu können. Der Hase hilft ihm dabei. So wird aus dem Wolf ein Lesewolf.

Das Buch zeigt sehr schön, wie wichtig Lesen ist. Die Bilder in dem Buch sind besonders gut gelungen.

Renate Krammenschneider
ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Stadtteilbibliothek Jöllenbeck

„Herr Bello und das Blaue Wunder“ von Paul Maar (Warnung: dieses Buch kann Lachanfälle verursachen!!! 🙂)

Max, Sohn des Apothekers Sternheim, bekommt zu seinem 12. Geburtstag einen Hund geschenkt und nennt ihn Bello.

Als im Hinterzimmer der Apotheke eine Flasche mit blauer Flüssigkeit zerbricht, schlabbert Bello alles begierig auf. Am nächsten Morgen trauen Max und sein Vater ihren Augen nicht: aus dem Hund Bello ist ein Mensch geworden, Herr Bello. Dumm nur, dass Herr Bello zwar aussieht wie ein Mensch, sich aber weiterhin wie ein Hund benimmt. Das wirft natürlich einige Fragen auf. Wie benutzt man Messer und Gabel? (Ist etwas kompliziert aber durchaus machbar.) Wie begrüßt man andere Menschen korrekt? (Konzertbesucher werden zur Begrüßung nicht beschnüffelt!) Wie verrichtet man als Mensch sein Geschäft? (Das will ich hier nicht vertiefen.) Peinliche Situationen sind also vorprogrammiert.

Herr Bello ist aber nicht die einzige Merkwürdigkeit in der Stadt. Seit Kurzem hat der Gemüsehändler einen neuen Mitarbeiter. Der hat auffallend vorstehende Zähne, ist aber ein großer Experte für Wurzelgemüse. Außerdem kommt es vermehrt zu Eierdiebstählen, begangen von sechs Frauen, die wild gackernd umherlaufen.

„Herr Bello und das blaue Wunder“ ist ein herrlicher Vorlese Spaß für Jung und Alt, geeignet für Menschen ab vier Jahren, zum Selberlesen ab 9 Jahren. Wer nicht genug bekommen kann von Herrn Bello und seinen Abenteuern, der kann sich auch den Film angucken, gedreht 2007 mit August Zirner, Armin Rohde und Sophie von Kessel in den Hauptrollen.

Kinderbuch "Herr Bello und das blaue Wunder" von Paul Maar

Nico

Vorlesetipps für Erwachsene

Um es kurz zu machenMeike Winnemuth

Kurze Geschichten des Alltags, humorvoll von einer intelligenten Frau mit Lebenserfahrung geschrieben. Das Buch ist lustig und frech geschrieben, gleichzeitig voller Lebensweisheiten. Einfach mal gemeinsam lesen und darüber diskutieren – gute Unterhaltung und eine echte Bereicherung für das Leben.

Die große Umwendung – Neue Briefe in die chinesische Vergangenheitvon Herbert Rosendorfer

Der Mandarin Kao-Tai muss wieder aus seiner Heimat fliehen und landet erneut als Zeitreisender  in München. Auf der Suche nach Herrn Schischmi – der ihn bereits vor 20 Jahren beherbergt hat – erlebt er dieses Mal die Zeit kurz nach der Wiedervereinigung. Fassungslos beschreibt er die Welt der Großnasen in Briefen an seinen Freund Dji-Gu in der Vergangenheit.

Schöner, kritischer und lustiger als Herbert Rosendorfer hält niemand dem Leser einen Spiegel vor die Nase. Ein Vorlesespaß, der uns die Welt mit anderen Augen sehen lässt.

Anständig essen – Ein Selbstversuch“ von Karen Duve

Karen Duve beschreibt ihren Selbstversuch, sich je zwei Monate biologisch, vegetarisch, vegan und frutarisch zu ernähren. Sie versteht das Buch nicht als Anleitung zur „Weltenrettung“, sondern macht aus einem ernsten Thema mit der ihr eigenen trockenen Komik einen amüsanten Roman.

„Laufen. Essen. Schlafen.“ von Christine Thürmer

Christine Thürmer gehört zu den meistgewanderten Menschen der Welt. Sie hat ihre berufliche Karriere aufgegeben, um über die berühmtesten Wanderwege der USA zu gehen. Der Pacific Crest Trail, der Appalachian Trail und der Continental Divide Trail führen mitten durch die Wildnis, in der nichts für Ablenkung von den eigenen Gedanken sorgt.

Witzig, amüsant, unterhaltsam und lehrreich –  Reisebericht und Mutmacher in Einem, die es wert sind, dass darüber gesprochen wird.

Sabine Lieker
ehrenamtliche Mitarbeiterin und Teamsprecherin in der Stadtteilbibliothek Jöllenbeck


Unsere Kolleginnen haben uns noch mehr Vorlesetipps geschickt. Damit dieser Beitrag heute nicht zu lang wird, werden wir in den nächsten Wochen weitere Vorlesebücher vorstellen.
Schließlich ist jeder Tag ein guter Vorlesetag!

Vorlesetipp: „Es war einmal und wird noch lange sein“

Ich arbeite in der Bibliothek hauptsächlich im Erwachsenenbereich. Kinderliteratur lese ich also aus privatem Interesse: Ich mag und sammle – in Maßen – Märchenbücher, ich finde gut gemachte Kindersachbücher sehr anschaulich als Einstieg in eine Thematik. Und ab und zu lese ich auch Bilderbücher – zusammen mit meinem Vater, der mir hilft, geeignete Vorlesebücher zu finden.

Ich weiß nicht mehr, wo ich die Empfehlung gelesen hatte, aber vor einigen Monaten habe ich das Bilderbuch von Johanna Schaible für mich gekauft. Zum Vorlesen in großer Runde ist es doch wohl weniger geeignet. Das Buch mit seiner Reise durch die Zeit ist eher ein schönes Buch zum Blättern, Lesen und Träumen vor dem Zu-Bett-Gehen.

Johanna Schaible: Es war einmal und wird noch lange sein. Hanser 2021

Erst blättert man sich von der Urzeit bis in die Gegenwart, dann träumt man sich Seite für Seite in die Zukunft. Der Text ist sehr sparsam, eine kurze Aussage über die Zeit pro Seite:

„Vor Milliarden von Jahren formte sich das Land.“

„Vor Tausenden von Jahren bauten die Menschen große Dinge.“

„Vor einem Monat war noch Herbst.“

In der zweiten Hälfte werden Fragen an die Zukunft gestellt:

„Wann stehst du morgen auf?“

„Wie feierst du nächstes Jahr deinen Geburtstag?“

„Was wünschst du dir für die Zukunft?“

Die Bilder geben viel Spielraum für eigene Gedanken und Interpretationen. Ungewöhnlich ist das Format: Die Seiten mit den ganzseitigen Illustrationen werden bis zur Mitte des Buches immer kleiner und dann in der zweiten Hälfte wieder größer, so dass alle Seiten einen bunten Rahmen für das Zentrum bilden: „Jetzt! Wünsch dir was!“ – lautet auf diesem zentralen Blatt der Text.

Das ist eine sehr poetische Zeitreise, nicht nur für Kinder.

„Für die Erwachsenen von morgen
und die Kinder von gestern“

So lautet die treffende Widmung. Das Bilderbuch ist ein Kunstwerk für jedes Alter. Mein Vater jedenfalls hat lange darin geblättert – und er hat die Fragen an die Zukunft verschmitzt lachend beantwortet: „Das verrate ich dir nicht!“

Johanna Schaible ist mit „Es war einmal und wird noch lange sein“ für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2022 in der Kategorie Bilderbuch nominiert.
Eine ausführliche Rezension von Thomas Linden wurde im deutschlandfunk veröffentlicht.
Vor einigen Tagen gewann die Autorin bei den Solothurner Literaturtagen den Schweitzer Kinder- und Jugendbuchpreis 2022, dazu gab es beim SRF Schweizer Radio und Fernsehen eine schöne Rezension (mit Bildern) von Britta Spichiger hier.

Unsere Katalogdaten sind hier

HilDa

Vorlesetipp: Die Tiefseetaucherin

Ein Sachbuch als Vorlesetipp ist vielleicht ungewöhnlich. „Die Tiefseetaucherin“ erzählt aber auch eine Abenteuergeschichte, die Entdeckungsreise mit dem kleinen U-Boot Ulf bis zur tiefsten Stelle im Ozean. Die junge Entdeckerin ist das Mädchen Juli, nicht älter als die Zielgruppe dieses Kinderbuches: Jungforscher und Forscherinnen zwischen 6 und 10 Jahren. Da kann der eine oder die andere ja auch schon selber lesen, benötigt aber vielleicht noch etwas Unterstützung.

Bilderbuch "Die Tiefseetaucherin"; das Cover zeigt eine bunte Grafik mit einem tauchenden Mädchen inmitten einer lichtdurchfluteten Unterwasserszene mit Korallen, einer Qualle, einigen Fischen und einigen roten Krakenarmen, die hinter einem Felsen hervorkommen.

In einem Sachbuch erwartet man natürlich Wissen und Informationen. Hier geht es um die großen Ozeane und vor allem das, was bisher noch ziemlich unbekannt ist: die Tiefsee, ein Lebensraum, der uns fremder ist als die Mondoberfläche.

Von Doppelseite zu Doppelseite geht es tiefer hinab. Juli begegnet dabei ganz unterschiedlichen Lebewesen: Wale und ihre verschiedenen Jagdmethoden, Riesenkraken, die sogar mit zehn Armen winken können, Blobfische, die fast ganz aus Gelee bestehen und vieles mehr. Wir erfahren etwas über die Meeresverschmutzung und ihre Folgen. Und wusstet Ihr, dass in 8.000 Meter Tiefe ein Wasserdruck herrscht, als würden 1.600 Elefanten auf dem kleinen U-Boot stehen? Vor allem aber sehen wir die Schönheit und die skurrilen Lebensformen unter Wasser.

Für uns, die wir kein U-Boot haben, wird diese geheimnisvolle Welt sichtbar gemacht durch die Illustratorin Iris Ott. Überwiegend naturalistisch, kindgerecht und mit kräftigen Farben lässt sie uns die Unterwasserwelt miterleben. Text und Grafik erklären und laden zum eigenen Entdecken in den großformatigen Bildern ein. Da kommt man beim Vorlesen vielleicht auch schnell zum Fabulieren und Selbsterfinden von Abenteuern in der Tiefsee. Und spätestens da hat man sicher alle Kinder mit im (U-)Boot. 😉

Eine eigene Tiefseefahrt „buchen“ könnt Ihr mit unserem ganz neuen Exemplar in der Kinderbibliothek, Katalogdaten hier.

HilDa

Vorlesetipp: Der etwas andere Nikolaus

Ja, das ist ein Buch passend für die Adventszeit, denn die Handlung spielt rund um den Nikolaustag. Aber es ist kein Weihnachtsbuch im engeren Sinne, denn wenn man Nikolaus heißt, ich ja eigentlich jeder Tag ein Nikolaustag. 😉 Und für Bielefelder ist das Bilderbuch noch mal besonders interessant, darum der Vorlesetipp auch außerhalb der Weihnachtszeit:

Nikolaus ist der Name eines weißen Hahns, der von seinem Besitzer einfach ausgesetzt wurde, weil er keine Eier legen kann. Nun irrt der einsame Vogel durch die Stadt und sucht eine neue Aufgabe, denn nur wenn er nützlich ist, so glaubt er, wird er ein neues Heim finden. Also will er es der Maus gleichtun, doch er passt nicht durch das Schlupfloch. Auch beim Wetterhahn auf dem Kirchturmdach findet er keine Antwort, denn der ist aus Kupfer und ganz platt und stumm. Der seltsame Mann mit rotem Mantel und langem Bart, der den Kindern auf dem Weihnachtsmarkt so viel Freude bringt, könnte ja vielleicht einen neuen Helfer brauchen. Doch Nikolaus der Hahn ist viel zu schwach, um den großen Sack mit den Geschenken seines menschlichen Namensvetters zu tragen.

So zieht der arme Vogel hinaus aus der Stadt und entdeckt einen Hof, der ihm heimelig vorkommt. Er sucht sich einen Unterschlupf, wo er vorerst gegen Schnee und Kälte Schutz findet.

Der nächste Morgen ist der 6.12., Nikolaustag. Eine Schar Hühner findet den Hahn – und sie heißen den Heimatlosen willkommen. Er muss nichts mitbringen, keine besonderen Fähigkeiten vorweisen, keine außergewöhnliche Aufgabe übernehmen: Er kann einfach so bleiben, denn der Hof ist ein Gnadenhof, auf dem verstoßene Tiere ein Zuhause finden. Ab und zu krähen wäre schön und vor Greifvögeln warnen – ja, das kann Nikolaus. Endlich hat er ein schönes neues Heim und neue Freunde gefunden.

Die Aussage der Geschichte passt in jede Jahreszeit: Du musst nichts Besonderes leisten, du darfst einfach sein wie du bist, und du bist willkommen. Trotz des vorweihnachtlichen Rahmens kann man das zu jeder Zeit vorlesen.

Das Bilderbuch hat noch eine andere Botschaft: Den weißen Hahn namens Nikolaus gibt es nämlich wirklich; er fand an einem Nikolaustag zum Begegnungs- und Gnadenhof Dorf Sentana bei Bielefeld und erhielt so seinen Namen. Niemand weiß, woher er kommt, denn ein echter Hahn kann seine Lebensgeschichte ja nicht erzählen.

Also erfanden Christiane Wittenburg und die Illustratorin Linda Mieleck diese Bilderbuch-Geschichte. Das Buch soll auch Werbung für das Dorf Sentana machen und um Spenden für den Gnadenhof werben. Übrigens: Nicht nur der Hof ist in der Nähe von Bielefeld, auch der Verlag CalmeMara hat in unserer Stadt seinen Sitz. Und die Künstlerin Linda Mieleck ist ebenfalls Bielefelderin. Da empfehlen wir das schön gemachte Kinderbuch doch besonders gerne.
Unsere Katalogdaten findet Ihr hier.

HilDa

Kinderbücher von Sasa Stanisic

Dass Saša Stanišić ein großartiger Erzähler ist, wissen wir nicht nur von seinen Romanen. Wir durften ihn einige Male in Live-Veranstaltungen auf der Bühne erleben, wie er aus seinen Büchern nicht etwa vorliest, sondern fast frei erzählt und sein Publikum in den Bann zieht. Da kann ich mir auch gut vorstellen, wie er mit seinem Sohn zusammen fabuliert und phantastische Geschichten für ihn und auch mit ihm zusammen erfindet. Nun, er hat einige davon auch für uns aufgeschrieben und zusammen mit der Illustratorin Katja Spitzer ein Kinderbuch zum Vorlesen und Zuhören daraus gemacht.

Buch und Hörbuch "Hey, hey, hey, Taxi!" von Sasa Stanisic, beide stehen auf einer Fensterbank; durch das Fenster sieht man Bäume und Gebäude

„Hey, hey, hey, Taxi!“ ist quitschebunt, nicht nur die Bilder, auch und vor allem die Geschichten. Auf der Suche nach einem Vorlesebuch für unsere Kinderveranstaltungen habe ich mir das Buch gleich gekauft, als ich davon hörte. Und dachte dann beim Lesen des „Vorortes“ (kein Schreibfehler!) etwas enttäuscht: Das ist vielleicht doch nicht das richtige.

Saša Stanišić empfiehlt, seine Geschichten als lose Vorgaben zu nutzen, da er sie ja speziell für seinen Sohn verfasst hat und sie aus seinen Erfahrungen leben; jeder Vorleser möge sie verändern und Variablen aus der eigenen Welt und der seiner Zuhörer daraus machen. Da ich aber normalerweise eine Vorleserin bin, die sehr am vorgegebenen Text klebt, schien dieses Konzept für mich weniger geeignet. Trotzdem habe ich es ausprobiert: Ich habe meinen Vater gebeten, den Zuhörer zu spielen und mir zu sagen, ob meine kleinen Improvisationsversuche ausreichen.

Was soll ich sagen: Ich liebe diese verrückten Geschichten, und meinem Vater gefiel es auch.

Da kommt ein Taxi, um den Ich-Erzähler abzuholen, denn er muss dringend irgendwohin: zum Hafen, zum Bahnhof, ja einmal auch in die Bibliothek. Aber am Ende jeder Geschichte kehrt er zurück: nach Hause zu dir – also zu dem Sohn des Erzählers, der immer wieder direkt angesprochen wird.

Tja, es ist klar, dass ich dieses Geschichtenende für ein Vorlesen vor vielen Kindern nicht verwenden kann. Dass viele Taxifahrten zu Orten aus Hamburg führen, stört nicht. Warum soll man die Kinder nicht mit auf eine Reise in eine andere Stadt nehmen? Ich würde mir eine kleine Einleitung einfallen lassen, vielleicht in Form einer neuen Rahmenhandlung. Und ich müsste mir die passenden Geschichten aussuchen und so ein Vorleseprogramm für ca. 20-30 Minuten erstellen. Das Einbeziehen der zuhörenden Kinder und das dafür notwendige Improvisieren werde ich üben müssen. Vielleicht hilft mir wieder mein Vater dabei. Aber die fantastisch-skurrilen Abenteuer mit den Schrumpfpiraten oder den auf einer Riesenwelle surfenden Bienen, mit einem kleinen Riesen namens Riesling oder einem Käsetaxi mit Maus als Fahrerin, von der man sich sogar bis zum Mond kutschieren lassen kann – ja, das ist es wert, ich will einmal etwas anderes ausprobieren, als nur Wort für Wort abzulesen.

Meine Kolleginnen haben sich übrigens in das Hörbuch hineingehört und begrüßen mich schon lachend mit „Odjo, odjo!“ – Das ist ein Zitat und gehört zu einer der lustigsten Figuren im Buch – natürlich ein Taxifahrer, einer von vielen. Mehr verrate ich jetzt aber nicht.

Und wenn Ihr glaubt, ich hätte hier schon die verrücktesten Figuren aufgeführt, dann ruft Euch selber ein Taxi und fahrt mit Saša Stanišić und seinem Sohn in alle Richtungen, die die Fantasie so zulässt: Ihr werdet Euch wundern. Hey, hey, hey Taxi! (Katalogdaten hier)

Mittlerweile gibt es schon ein neues Kinderbuch von Saša Stanišić. Prompt sind wir mitten in der Pandamie. 😉 Ha! Nein, wieder kein Schreibfehler. Da sind nämlich Panda-Bären mit ihrer Lieblingsspeise Bambus. Doch ein Panda aus China, der natürlich Nicht-Peter heißt, weil Pandas aus China natürlich nicht Peter heißen, macht die großartige Entdeckung, dass man mit Bambus auch Töne erzeugen kann: Musik. Und mit mehreren zusammen macht das Musizieren richtig Spaß. Also wird eine Panda-BPand gegründet. … – Damit wäre schon mal das Wortspiel im Titel erklärt. In der Geschichte gibt es noch mehr von diesen Sprachspielereien und vom umwerfend-fantasiereichen Humor des Saša Stanišić.
Sicher demnächst auch in der Stadtbibliothek.

Kinderbuch "PandaPand: Wie die Pandas mal Musik zum Frühstück hatten" von Sasa Stanisic

Nachtrag 30.11.2021: Ja, Buch und Hörbücher der „PandaPand“ sind geliefert,
müssen zum Teil aber noch eingearbeitet werden.
Hier findet Ihr die Katalogdaten.

Am 19. November 2021 ist übrigens der Bundesweite Vorlesetag.

Was auch immer Ihr heute vorlest, ob herrlich verrückt oder knuddelig-verspielt, habt viel Spaß dabei. 😉

HilDa

Logo für den Bundesweiten Vorlesetag

Vorlesetipp: Lappland

Gerne sei dieser prächtige Bildband allen empfohlen, die Naturfotografie und die fantastische Landschaft im hohen Norden Europas lieben. Aber ein Buch über das Naturparadies Lappland als Vorlesetipp? Nun, dazu wurde es durch meine Besuche bei einem älteren Herrn. Früher ist er viel gereist, besonders gerne in die skandinavischen Länder und nach Finnland, allein oder zu zweit, meist auf eigene Faust mit seinem Bulli. Heute sind seine Erinnerungen etwas verwirrt. Aber wenn er erzählt, ist es doch egal, ob seine großartigen Abenteuer wirklich erlebt oder Phantasie sind, er erzählt gerne über seine Reisen, nur das ist wichtig.

Der Bildband war ein Geschenk seiner Kinder. Damals war er wohl nicht wirklich interessiert an dem Buch, schön, ja, aber es taugte weniger zur Vorbereitung der nächsten Reise und Fotos hatte er selbst genug gemacht. Das Buch wanderte ins Regal.

Wenn er heute gemeinsam mit seiner Tochter in dem Buch blättert, glaubt er alles auf den Bildern wiederzukennen: Jaja, da sei er überall gewesen. Wenn man an diesem Felsen rechts vorbei gehe, so erzählt er voller Überzeugung, könne man das Meer sehen. Und als er bei dem Foto eines Adlers zwei ineinander verschränkte Greifvögel zu erkennen glaubt, wischt er den geäußerten Zweifel mit den Worten fort: „Ich muss es doch wissen, ich habe das Foto ja schließlich gemacht!“ Die Personen auf den Bildern am Ende des Buches kennt er natürlich persönlich, ihm fallen nur die Namen gerade nicht ein.

Und dann erzählt er von langen Wanderungen an der norwegischen Küste entlang, Übernachtungen unter freiem Himmel, den drei Elchen, die beim Aufwachen neben ihm gelegen hätten. Er fährt mit dem Finger über die Landkarte, um den Weg nachzuzeichnen.

Beim etwas hektischen Hin-und-Her-Blättern in dem Buch kommt er natürlich immer wieder auf die selben Bilder und Karten – nur seine Geschichten sind dann plötzlich ganz andere.

Ab und zu tippt er mit dem Finger auf einen Bilduntertitel; weil er gerade keine Brille aufsetzen mag („Ich brauch‘ keine Brille!“), soll die Tochter kurz vorlesen. Dann irritiert ihn der Text vielleicht für einen kurzen Moment (Aha, das ist also doch nur ein Adler? Ja klar, eine optische Täuschung eben!). Aber meist nickt er wissend. Er akzeptiert auch, dass die Menschen auf den Fotos am Ende Fotografin und Autor des Buches sind und sicher keine Reisebekanntschaften.

Ach, er würde so gerne noch einmal dort hoch fahren und alles wieder selbst sehen und erleben.

Fotos oder eben auch so ein Bildband können wunderbar helfen, einen Menschen mit Demenz zum Erzählen zu bringen. Es geht hier nicht um das Vorlesen im eigentlichen Sinn des Wortes, vielmehr soll ein Anlass zum aktiven Erzählen geboten werden. Das gemeinsame Lesen der Texte kann das unterstützen, die Bilder sind aber der entscheidende Ansatz. Es reicht, wenn man ein Buch auswählt, das den Interessen des alten Herrn entspricht und Erinnerungen wecken kann.

Ausschnitt aus dem Regal „Schaufenster Bielefeld“ des Stadtarchivs

Das kann z. B. auch ein Fotoband über die alte Heimatstadt sein (zum alten Bielefeld und seinen Stadtteilen, aber auch zu anderen Städten und Gemeinden in der Region findet man viel in der Landesgeschichtlichen Bibliothek des Stadtarchivs, ausleihbar mit der Bibliothekskarte). Gerade die Erinnerungen aus Kindheit und Jugend sind bei Menschen mit Demenz noch sehr präsent, sie erkennen die Orte auf den alten Bildern, erzählen über eigene Erlebnisse oder Spielgefährten aus der Vergangenheit, sie wissen, was im Krieg zerstört wurde, wo welches Geschäft war …

Oder man nimmt ein Buch über irgendein Interessengebiet des alten Herrn: VW-Bullis, die Länder, durch die er einst gereist ist, das Handwerk, das er als junger Mann erlernt hat – darüber gibt es Bücher mit Fotos und Zeichnungen, erzählen kann er dann selbst.

Dabei darf man nicht unbedingt eine lineare, wahrhaftige Geschichte erwarten. Man kann schon mal vorsichtig nachfragen, sollte aber möglichst nicht viel korrigieren, egal welche Sprünge der Erzähler macht und wie unglaubwürdig seine Reiseerlebnisse auch werden. Wenn er auf dem Bild einen zweiten Adlerkopf sieht, dann ist das eben so. Wenn er auf seinen Reisen so nebenbei und schon nach wenigen Wochen die Sprache der Samen gelernt haben will, dann ist das eben so. Wenn er ganz allein vom Nordkap bis nach Spanien, zu Fuß! – na, dann lassen wir ihn doch einfach weiter fabulieren.

Und wenn er dann das Buch zuklappt und mit einem zufriedenen Seufzer erklärt, dass er dieses Buch liebe und immer wieder gern darin blättere, dass es nicht zurück ins Regal, sondern für ihn griffbereit liegen solle, ja dann freut sich auch die Tochter, die es ihm einst geschenkt hatte. War also doch genau das richtige.

Die Daten zum National-Geographic-Bildband „Lappland: das Alaska Europas“ von Erlend Haarberg und Orsolya Haarberg findet Ihr hier.

HilDa