Simone Buchholz war mir als Krimiautorin ein Begriff, allerdings hatte ich bisher noch keines ihrer Bücher gelesen. Ihr neuer Roman sei keinem Genre eindeutig zuzuordnen – das hatte mich neugierig gemacht; ein Spontankauf, ohne dass ich viel mehr über das Buch wusste. Bei Twitter las ich viel Lob von begeisterten Leserinnen. Aber da war auch dieser Hashtag #Segelsexbuch. Puh, das hätte mich fast wieder abgeschreckt. Nicht weil ich etwas gegen Segeln hätte. Der Hashtag klang für mich einfach albern, auch als ich die Anspielung endlich begriff (ein anderes Buch hatte einige Monate vorher den Hashtag #Bärensexbuch erhalten – ach, nun ja, Twitter-Literaturbubble-Humor, muss man jetzt nicht weiter ausführen). Zumindest ins Buch hineinschauen wollte ich mal, dann konnte ich es ja immer noch der Bibliothek schenken. 😉
Was soll ich sagen: Wenn man einmal anfängt, muss man es auch bis zum Ende lesen! Die seltsame Geschichte packte mich sofort. Und mir gefiel diese Mischung aus Umgangssprache – es gibt viele Dialoge – und originellen Beschreibungen. Ich habe ja schon viel über Sonnenuntergänge oder Stürme oder ja auch Erotisches gelesen. Aber Simone Buchholz findet ganz neuartige Metaphern, schreibt in einem lakonischen Ton und kann mit nur wenigen Worten durch Bilder, Gefühle, wilde Gedankengänge führen, noch dazu mit Humor. Das wirkt lässig, quasi mit der Zigarette im Mundwinkel. (Da wird wirklich viel geraucht und getrunken im Roman.😊)
Tatsächlich ist jedes Wort wohl überlegt. Für die Parallelwelt der Göttinnen wählt die Autorin eine eigene, äußerst reduzierte Form, fast lyrisch. Dem Kapitän gibt sie eine Stimme mit seinen persönlichen Logbucheinträgen, kurz und knapp, wie Logbücher halt so sind, aber mit melancholischem Einschlag. Den dramatischen Höhepunkt inszeniert sie buchstäblich als Theaterstück in 3 Akten. Und wer jetzt glaubt, das Ganze sei aber sehr konstruiert: Nein, das ist süffig geschrieben! Ein Unterhaltungsroman im besten Sinne.
Über den Inhalt möchte ich am Liebsten gar nichts verraten. Es beginnt mit einem Buddelschiff. Dann reisen zwei Frauen auf der Suche nach einigen vermissten Männern mit einem Dampfschiff von Dänemark über die Färöer-Inseln nach Island. Und 14 Tage später …
Ja, Dampfer, aber es wird eben auch gesegelt oder so! Kapitän und Göttinnen, Zigaretten und Drinks, stürmische Überfahrt und Parallelwelten? – Ich fürchte fast, ich habe mit diesen Stichworten doch schon zu viel erzählt. Oder seid Ihr verwirrt? Ach, wer wäre das nicht, wenn er die Wahl hätte zwischen der Unsterblichkeit oder der Liebe. Wie würde der Fliegende Holländer heute entscheiden, wenn er denn frei entscheiden dürfte? Wie würdet Ihr entscheiden? Und wie, wenn es gar nicht mal um Eure Liebe geht, sondern …
Uff, nein. Lest selbst. Unsere Exemplare (Print und eBook) findet Ihr hier.
Ist es Fantasy, ist es ein modernes Märchen, ist es schon Magischer Realismus? Egal, dieser seltsame Roman ist kurzweilige Unterhaltung mit Anspruch.
Und ich sehe jetzt Buddelschiffe mit ganz anderen Augen. 🤩
Seit der Schulzeit interessiere ich mich für Mythologie; meine Geschichtslehrerin in der 5. und 6. Klasse konnte wunderbar die antiken Sagen nacherzählen – der spannendste Geschichtsunterricht ever. Daher dachte ich bisher, ich würde die meisten Geschichten aus der griechischen Sagenwelt zumindest grob kennen. Aber über die Amazonen wusste ich bisher erstaunlich wenig. Ein Volk von Kriegerinnen in einer Männerwelt. Den Namen der Königin Penthesilea hatte ich schon mal gehört: Sie war im Trojanischen Krieg gefallen, und dann gibt es da noch ein gleichnamiges Drama von Heinrich von Kleist.
Aber was ist der Ursprung dieses Kriegerinnenvolks? Gab es für die alten Griechen ein reales Vorbild für den Mythos, vielleicht ein Reitervolk aus den asiatischen Steppen, in dem tatsächlich Kriegerinnen zu Pferde kämpften? Und warum wurde ausgerechnet der südamerikanische Strom Amazonas nach den kriegerischen Frauen benannt?
Hedwig Appelt gelingt mit ihrem Buch „Die Amazonen“ etwas für mich ganz Unerwartetes: ein ausgesprochen unterhaltsames Sachbuch. Sie erzählt – eben so wie meine alte Geschichtslehrerin, die mich einst für die Sagenwelt begeisterte. Sie erzählt die alten Sagen lebendig und spannend mit ihren Worten nach. Dabei verwirrt sie uns nicht mit den verschiedenen Variationen und Auslegungen, die die Sagenstoffe im Laufe der Jahrhunderte durch die mündliche Überlieferung und durch Dichter wie Homer, Hesiod und all die anderen erhalten haben. Die Autorin erzählt von den Königinnen Hippolyte, Penthesilea und Thalestris, aber auch von ihren männlichen Gegnern Herakles, Theseus, Achill und Alexander dem Großen, von den olympischen Göttern, ihren Machtkämpfen und Intrigen, von den Liebesgeschichten, den Kriegen und Schlachten. Hedwig Appelt spannt den Bogen von der Sagen- und Mythenwelt zu den historischen Quellen und zur Archäologie bis hin zur Popkultur heute, wo die Amazonen vor allem in Fantasy, Science Fiction und Comic lebendiger sind denn je. Und ausgerechnet im Namen eines Internet-Konzerns nun die Welt erobern.
Das Buch vertraut ganz auf das Erzählen, auf die Geschichten, auf das Wort. Es kommt erstaunlicherweise ohne Illustrationen aus, obwohl das Amazonen-Motiv doch über all die Jahrtausende beliebt in der Kunst war und ist: auf griechischen Keramiken, in den Gemälden berühmter Künstler, bei modernen Comiczeichnern oder im Film und Fernsehen. Die Kulturgeschichte der Amazonen in der Bildenden Kunst ist jedoch nicht Thema dieses Buches. Ich habe auch keine Bilder oder Fotos vermisst. Eigentlich ist mir das erst aufgefallen, als ich in unserer Bibliothek noch ein anderes Buch über die Amazonen gesehen habe. Ich denke, auf das Thema komme ich noch mal zurück.🤔
Aber erst einmal zu diesem Sachbuch, das so gut geschrieben ist, dass ich es tatsächlich nicht wieder weglegen konnte (so hatte es der Klappentext auch versprochen, aber wer glaubt schon Werbesprüchen). Ich empfehle es gerne weiter.
Endlich wieder ein Buch von Ken Follett. Endlich wieder Kingsbridge! Beziehungsweise… das Buch spielt vor dem Bestseller „Die Säulen der Erde“. Das Prequel sozusagen. Wir werden ins England um 997 nach Christus versetzt. Wie bei vielen historischen Romanen werden auch hier wieder verschiedene Personen in die Geschichte eingeführt und die jeweiligen Erzählstränge haben dann im Laufe der Geschichte immer mehr miteinander zu tun:
Nachdem die Wikinger die Stadt Combe heimgesucht und eine Spur der Verwüstung hinterlassen haben, bleibt dem jungen Bootsbauer Edgar und seiner Familie weder ihre Werft noch ihr Heim und sie nehmen in ihrer Not das Angebot an, in einem verlassenen Bauernhof in einem kleinen Weiler namens „Dreng’s Ferry“ fern der Küste heimisch zu werden.
Ragna, ihres Zeichens Tochter eines normannischen Grafen, verschlägt es durch ihre Heirat mit dem Aldermann Wilwulf aus Cherbourg nach Shiring. Ihre pragmatische Art und ihr Gerechtigkeits-Sinn stehen im totalen Gegensatz zu der damaligen Vorstellung, dass Frauen nur für Kind und Heim zuständig sind. Zudem hat ihr Ehemann zwei Brüder, die versuchen, ihre Position durch ständige Intrigen zu schwächen. Einer der Brüder ist Bischof Wynstan, der sehr gut geschrieben ist und mich beim Lesen des Öfteren zur Weißglut bringt.
Der Mönch Aldred begegnet Ragna in Cherbourg, wo er ein paar kostbare Bücher erstanden hat. Die beiden treffen sich in England wieder. Durch unglückliche Umstände wird Aldred nach „Dreng’s Ferry“ versetzt. Er, Edgar und Ragna bilden das „gute“ Gespann der Geschichte. Und dann gibt es auch noch „Ironface“, der in den Wäldern rund um den kleinen Weiler sein Unwesen treibt…
Leider erfährt man nicht viel über Sitten und Gebräuche der damaligen Zeit, einzig das Rechtssystem wird deutlicher hervorgehoben. In typischer Follett-Manier gibt es hier Gut gegen Böse und mit Ragna auch wieder eine starke weibliche Figur. Alle, die etwas total neues erwartet haben, werden enttäuscht. Ich persönlich finde, die Geschichte reicht sprachlich und vom Tiefgang her leider nicht an sämtliche Nachfolgewerke heran. Aber man kann es trotzdem gut und auch recht flüssig „in eins durchlesen“, was bei über 1000 Seiten allerdings keiner auf einmal tun wird. 😉 Da man weiß, dass es hier um Kingsbridge geht, wartet man natürlich sehnsüchtig darauf, wie Follett dem Ort seinen Anfang gibt. Ich bin noch nicht ganz durch mit der Geschichte, aber habe mittlerweile wohl eine Ahnung, wie es dazu kommen wird.
Man muss „Die Säulen der Erde“ nicht gelesen haben, um diese Geschichte zu verstehen. Sie steht für sich und ist somit auch hervorragend für Neu-Follett-Leser sowie „Kenner“ geeignet. Ein Pluspunkt, oder? 🙂
Hier kommt ihr zu den Exemplaren in unserem Bestand.
Zwei Tage Dienstreise, also zweimal gut 90 Minuten Zugfahrt und eine Hotelübernachtung, dazu evtl. Wartezeiten und die nicht unwahrscheinliche Aussicht auf diverse Verzögerungen bei der Bahn. Da heißt es, ausreichenden Lesestoff dabei zu haben. Der Roman, den ich gerade las, würde nicht mehr lange vorhalten, er war recht kurz und las sich süffig. Aber ein zweites Buch mitschleppen? Nun, da sind eBooks natürlich ideal, der passende Titel war schnell gefunden und heruntergeladen.
In unserer kleinen Reihe Grenzen|los|lesen wollen wir Titel aus anderen Ländern und Kulturen außerhalb der Bestsellerlisten und des sogenannten Mainstream vorstellen. Romane, in denen wir mehr erfahren über das Leben und Denken weit entfernt von unserem eigenen Umfeld. Eine Reise mit zeitgenössischen Romanen um die Welt.
Dass diese Reise nun schon wieder nach Kanada geht, ist kein Zufall. Kanada war 2020/21 Ehrengast der Frankfurter Buchmesse; das ermutigte viele Verlage, auch Werke von hierzulande noch unbekannten Autor*innen zu übersetzen und auf den deutschsprachigen Markt zu bringen. Dass da Richard Wagamese eine echte Entdeckung ist, haben wir hier schon erwähnt. 🤗 Auf der Suche nach weiteren Büchern über Angehörige der First Nations aus erster Hand fiel der Name der jungen Autorin Naomi Fontaine.
„Die kleine Schule der großen Hoffnung“ ist bereits der zweite Roman der Autorin, aber der einzige, der bisher ins Deutsche übersetzt wurde. Im Original heißt er „Manikanetish, Petite Maguerite“, was der Name der Schule ist, um die es in dem Buch geht – benannt nach einer Erzieherin am Ort, die von der Ich-Erzählerin auch als ihr großes Vorbild genannt wird. Der deutsche Titel klingt mir zu sehr nach Edel-Kitsch, aber nun ja. Zwar phantasielos ist er doch zumindest treffend: Die kleine Schule in einem Reservat ist der Mittelpunkt für die neue Lehrerin und für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die trotz aller Widrigkeiten einen Schulabschuss wollen.
Yammie lässt das Stadtleben und ihren Freund Nicolas hinter sich, um im First-Nation-Reservat Uashat als Lehrerin zu arbeiten. Ist sie noch eine Innu, wie die indigene Bevölkerung im Norden der kanadischen Provinz Québec genannt wird, oder ist sie durch Erziehung und Studium der französischen Sprache schon „zu weiß“ geworden? Kann sie als junge Lehrerin den Heranwachsenden, deren Zukunft von Alkohol und Depressionen überschattet ist, Perspektiven bieten? In einem ereignisreichen Jahr wachsen die Schülerinnen und Schüler Yammie ans Herz. Und sie erkennt, dass nicht nur die Jugendlichen reifen, sondern dass auch sie sehr viel von ihnen lernt. Gefühlvoll und authentisch – dieser ergreifende Roman erzählt vom Leben der Innu, von ihren Sorgen, Ängsten, Sehnsüchten und Hoffnungen.
(Inhaltsangabe Klappentext)
Ein Roman über eine junge, unerfahrene, aber engagierte Lehrerin an einer deutschen sogenannten Brennpunkt-Schule könnte ganz ähnlich funktionieren. Der Klappentext betont zwar das Leben der Innu, darum geht es im Roman auch, aber nur am Rande. Soziale und familiäre Probleme der Heranwachsenden kennen wir so ähnlich ja auch hier. Die Ich-Erzählerin kommt mit all ihren Selbstzweifeln und Hoffnungen in eine erst einmal geschlossene Gesellschaft, sie ist die Außenseiterin, nicht nur an der Schule, und fällt in tiefe Einsamkeit. Dabei ist sie kaum älter als ihre Schülerinnen. Schicksalsschläge und die gemeinsame, für alle anspruchsvolle Arbeit in der Theater-AG sowie ein Schulausflug in die winterliche Wildnis – und im Norden Kanadas ist die Natur ja nun wirklich wild und unerbittlich – machen aus Schulklasse und Lehrerin ein Team. Doch nicht ohne bittere Verluste: Nicht alle werden den Abschluss schaffen und auch der Weg der Lehrerin verläuft so gar nicht wie geplant.
Ich will nicht zu viel erzählen, der Roman ist eh recht kurz. Sprachlich hat mir Richard Wagamese wesentlich besser gefallen (im Blog hier und hier), seine Erzählungen sind auch vielschichtiger. Naomi Fontaines kleinen Roman über eine Reservatsschule voller Konflikte und Hoffnungen würde ich aber jedem empfehlen, der sich für Pädagogik und die Arbeit mit eher schwierigen Jugendlichen interessiert. Die Art, wie Yammie einen Zugang zu den Schülern findet und wie sie sich selbst dadurch verändert, wie ermutigend auch kleine Schritte sein können für alle Beteiligten – das ist gelungen und schnörkellos erzählt. Und dass ausgerechnet eine herausfordernde Theaterinszenierung den Höhepunkt des Schuljahres bildet, erfreut natürlich mein Theater-Herz besonders.
HilDa
Noch ein kleiner Tipp für alle, die vielleicht noch mehr Literatur aus Kanada entdecken möchten: Margaret Atwood hat eine nicht nur informative, sondern auch amüsante Literaturgeschichte des Landes geschrieben: Survival – ein Streifzug durch die kanadische Literatur.
Vor einiger Zeit hat mich mal wieder die Lust an Reiseberichten gepackt. Bei meiner Recherche nach interessanten Titeln stieß ich unter anderem auf Into the wild von Jon Krakauer, das wir in englischer Sprache im Bestand haben.
Die Geschichte war gleichzeitig faszinierend aber auch äußerst tragisch. Ein junger Mann, Christopher McCandless, zieht nach dem Studium scheinbar ziellos durch die USA, den Kontakt zu seiner Familie hat er abgebrochen. Sein großer Traum: in die Wildnis von Alaska aufbrechen und dort für eine Weile ganz allein überleben. In Alaska kommt er schließlich an, doch der Traum endet damit, dass einige Reisende im August 1992 die Leiche von Chris McCandless auffinden.
Wie konnte es soweit kommen? Wer war Chris McCandless? Was veranlasste ihn zu seiner zwei jährigen Reise durch die USA? Was faszinierte ihn so sehr an Alaska? Und was führte schlussendlich zu seinem Tod? All diese Fragen stellt Jon Krakauer in Into the wild. Der US-amerikanische Bergsteiger, Reporter und Autor wirft Blicke in die Kindheit und das Elternhaus von McCandless, begibt sich auf die Spuren seiner Reise und befragt Menschen, denen McCandless begegnet ist und bei denen er oft einen großen Eindruck hinterlassen hat. Und schließlich landen wir in Alaska und fragen uns, wie McCandless so unbedacht in die Wildnis wandern konnte. Und erfahren, dass er vielleicht gar nicht so unbedacht war, sondern eher eine Mischung aus jugendlichem Übermut und Pech zu seinem Tod geführt haben.
Während der Lektüre stellte ich selbst immer wieder fest, dass ich Chris McCandless Freiheitsdrang, seinen Wunsch nach Alleinsein mit der Natur unglaublich faszinierend fand – und gleichzeitig blieb vieles an ihm, wie etwa der Kontaktabbruch zu seiner Familie, für mich unverständlich. Jon Krakauer wirft viele spannende Blicke auf Chris McCandless Leben und seine Reise, wir lernen McCandless durch Erzählungen seiner Familie, durch Freunde und Bekannte, durch seine Briefe oder kurze Tagebucheinträge kennen, dabei bleibt er aber immer etwas ungreifbar. Sehr spannend fand ich darum auch zwei Kapitel, in denen Krakauer von seinen eigenen Erfahrungen als junger Bergsteiger spricht, durch die man einen verständnisvolleren Blick auf viele scheinbar unüberlegte und naive Handlungen von McCandless erhält.
Zum Schluss bleibt der Eindruck, der auch im Buch erwähnt wird, dass McCandless in der falschen Zeit lebte, dass er in einer Welt, in der es noch mehr weiße Flecken auf der Karte gab, vielleicht besser aufgehoben gewesen wäre.
Es war auch mal wieder ein Buch, nach dem es mich nun in den Fingern juckt, auch die anderen Bücher von Jon Krakauer am besten alle gleich sofort zu lesen. Im Bestand haben wir noch ein Buch, in dem er von einem desaströsen Mount Everest Abstieg berichtet, bei dem er selbst beteiligt war. Ich glaube das wird nach meinem nächsten Abstecher in die Geographie-Abteilung auf meinem Ausleihkonto landen…
Das erste Rabe-Socke-Buch, das ich verschenkt habe, durfte ich bestimmt dreimal hintereinander vorlesen. Es sind ja auch schöne Geschichten. Eigentlich ist Socke gar kein Rabe, sondern eine Alpendohle. Wir wollen aber nicht so kleinlich sein, beide gehören zur Familie der Rabenvögel.
Sechs Geschichten sind in diesem Buch mit verschiedenen Themen rund um Weihnachten: ein Adventskranz darf nicht fehlen, Socke und seine Freunde veranstalten einen Weihnachtsmarkt, wollen ihren Wald weihnachtlich dekorieren und backen Kekse. Aber Socke muss sich auch allein beschäftigen, da alle mit Vorbereitungen beschäftigt sind. Schließlich verschwinden auch die Weihnachtsgeschenke, woran Socke nicht ganz unschuldig ist.
Die Geschichten verlaufen natürlich nicht wie geplant. Irgendwas geht eben immer schief. Aber vielleicht findet sich ja am Ende eine Lösung. Zum Abschluss des Buches gibt es zu jeder Geschichte Fragen, die beantwortet werden können. Die Geschichten sind etwas länger als in den Bilderbüchern und richten sich eher an ältere Kinder ab 6 Jahren. Dieses und weitere Bücher zum Thema Weihnachten mit dem kleinen Raben Socke findet ihr hier in unserem Katalog und alle Bücher, Hörbücher und Filme rund um Socke sind hier zu finden.
Geht es euch auch so? Beim Vorlesen für Kinder muss mir das Buch selber auch gefallen, sonst wird das mit dem richtigen Vorlesen schwierig.
So ein Buch ist auf jeden Fall „Ein Schaf fürs Leben“ von Maritgen Matter.
Die Geschichte könnte recht schnell erzählt sein: Ein Wolf hat fürchterlichen Hunger, trifft auf ein Schaf – wie passend – und zack…
Soweit der Plan des Wolfs. Er muss jedoch umdisponieren und lädt das arglose Schaf zu einem nächtlichen Schlittenausflug ein, bei dem er dann seinen Plan umsetzen möchte. Das Schaf ahnt von alldem nichts, bewundert den Wolf, sieht in ihm einen Dichter, der ihm Erfahrungen zeigen möchte. Und los geht die wilde Fahrt.
Doch sie endet komplett anders als vom Wolf geplant. Ein Unglück passiert, das Schaf wird zum Lebensretter. Kann der Wolf bei so viel Freundschaft und Herzenswärme hart bleiben?
Die zauberhafte Geschichte wird mit den Bildern von Anke Faust wunderbar unterstrichen und bekam 2004 zu Recht den Deutschen Jugendliteraturpreis, Kategorie Kinderbuch, verliehen.
In der Bibliothek findet ihr das Buch unter ab 6 J. Matt.
Ich fahre gerne mit dem Zug, auch wenn es hin und wieder mal zu Verspätungen oder Ausfällen kommt. Das Schöne am Zugfahren ist nicht nur das Ziel. Viele Strecken führen an sehenswerten Land- und Ortschaften vorbei. Wenn nicht, dann kann man im Zug wunderbar lesen.
Neulich ist mir das Buch „Reisen auf Schienen“ von Daniela Schetar (Cdp Scheta) in die Hände gefallen. Auf je zwei Seiten werden sehenswerte Strecken aus aller Welt beschrieben. Darunter die Kanonenbahn zwischen Trier und Koblenz oder der Rasende Roland auf Rügen. Aber auch die größten Bahnhöfe oder schnellsten Züge werden vorgestellt. Die Beiträge sind mit vielen Bildern versehen, dadurch fällt die Vorstellung natürlich recht kurz aus. Dennoch ist es ein schönes Buch zum Schmökern.
Ähnlich ist „Auf Schienen um die Welt“ von Klaus Viedebantt (Wkl 1 Vied). Auf jeweils zwei bis sechs Seiten werden 55 Strecken weltweit vorgestellt. Es geht durch die Rocky Mountains, mit der Bergenbahn durch Norwegen oder dem Shinkansen durch Japan. Die Beiträge sind mit vielen, teils ganzseitigen Bildern versehen. Zusätzlich zur Beschreibung der Strecken werden Highlights der Strecke und weitere gute Tipps und Informationen mitgegeben. Eine Streckenkarte zeigt den Reiseverlauf.
Auf die Geschichte einzelner Bahnstrecken fokussiert und nicht auf das Reisen an sich ist „Einsteigen!“ (Wkl 1 Koch) von Karl-Wilhelm Koch. Darunter die Brockenbahn, Wuppertaler Schwebebahn oder die Strecken entlang von Rhein und Mosel. Daneben wird der Hauptbahnhof Köln, der Hundertwasserbahnhof Uelzen und das Dampflokwerk Meiningen vorgestellt. Jedes reich bebilderte Kapitel enthält zusätzliche Informationen zum Betrieb und eine Streckenbeschreibung. Auf einer Karte sind jeweils die Trassenverläufe skizziert.
Inspiration für Zugreisen innerhalb Europas findet man in einigen Büchern: In „Fast CO2-frei – Zug statt Flug“ (Ce Ecker) werden 52 Städte in Europa vorgestellt, die mit dem Zug in wenigen Stunden erreichbar sind. Sie sind eingeteilt in die Kapitel „Auf in den Norden!“, „Go West!“, „Ostwärts!“ und „Ab in den Süden!“. Hamburg, Köln, Berlin und München dienen dabei als Ausgangspunkte. Zu jedem Ziel wird die durchschnittliche Reisezeit angegeben. Für jede Stadt werden die wichtigsten Sehenswürdigkeiten beschrieben. Zudem gibt es Tipps für nachhaltige Restaurants, Hotels, regionale Einkaufsmöglichkeiten, sowie für bewusstes Erleben. Das Buch ist reich bebildert, teils ganzseitig.
Cindy Ruch legt im „Reisehandbuch Europa mit dem Zug“ (Cdn 1 Ruch) den Fokus auf das europäische Streckennetz. Für jedes Land und den jeweiligen Nachbarländern sind auf einer Übersichtskarte die Hauptverbindungen sowie einige wichtige Städte eingezeichnet. Ruch stellt besonders schöne Strecken vor und informiert über Streckennetz, Züge, Preise und Anreise. Zudem gibt es Literaturvorschläge für das jeweilige Land. Das Buch bietet auf jeweils zwei Seiten einen guten Überblick und enthält zudem viele Bilder, teils ganzseitig. Aber nicht alles steht im Inhaltsverzeichnis. Der Untertitel „Geheimtipps von Freunden“ verrät, warum: Verschiedene Autoren verraten hier ihre Lieblingsstrecken. Hier erfolgt eine ausführlichere Beschreibung als innerhalb der Länderporträts. Da möchte man am liebsten gleich losfahren.
In „Die schönsten Reisen mit dem Zug“ (Cdn 1 Schoen) werden 30 Touren in Europa vorgestellt. Darunter Rundreisen in Irland, Schottland oder Portugal. Aber auch Fahrten quer durch Europa, von Amsterdam nach Budapest oder durch Skandinavien. Zu jeder Tour gibt es nebst zahlreicher Fotos eine illustrierte Übersichtskarte mit Anreise, Fahrzeiten und Hör- bzw. Lesetipps. Die Touren sind zwischen 5 (Rumänien) und 14 (Irland) Tagen lang. Für jeden Ort und Tag werden die wichtigsten und schönsten Sehenswürdigkeiten beschrieben. Abschließend gibt es praktische Infos zu Bahngesellschaften und Tickets in den bereisten Ländern und Anreisemöglichkeiten ausgehend von München, Köln, Berlin oder Hamburg.
Von der Faszination des Bahnfahrens schreibt Jaroslav Rudiš in „Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen“ (Cdn 1 Rudi). Aufgewachsen in einer Eisenbahnerfamilie in Lomnice (CSSR, heute Tschechien) wollte er ebenfalls zur Bahn, was ihm aber aufgrund seiner Sehschwäche verwehrt blieb. Durch den Anschluss Lomnices an das Bahnnetz 1906 – was eine ähnliche Sensation war wie die örtliche Brauereieröffnung ein paar hundert Jahre früher – waren viele Ziele erreichbar. Jahre später konnte man aufgrund des Eisernen Vorhangs viele Orte nur auf Karten erreichen.
Während Schulfreunde geschmuggelte LPs aus dem Westen besaßen, hatte Rudiš eine LP mit Dampflokgeräuschen und sammelt aktuelle und historische Kursbücher. Er erzählt von seiner ersten Fahrt als Lokführer, zu der er schließlich doch noch kam. Von Spitznamen der Loks, wie dem Adler, der am 7. Dezember 1835 die 7 Kilometer lange Strecke von Nürnberg nach Fürth fuhr, oder der Lok Taurus, die beim Ein- und Ausfahren die Tonleiter spielt.
Rudiš schreibt über die Schönheit von Bahnstrecken und verweist auf Autoren und Komponisten, die sich von der Bahnfahrt haben inspirieren lassen. Ausgewählte Fahrten werden in eigenen Kapiteln ausführlicher beschrieben. Zum Bespiel begibt sich Rudiš in „Vierzig Stunden Eisenbahn. Ein Experiment“ auf eine 40-stündige Rundreise auf Deutschlands Schienen – ohne größere Verspätungen.
Joseph von Eichendorff beschrieb das Zugfahren wie folgt:
„An einem schönen warmen Herbstmorgen kam ich auf der Eisenbahn vom andern Ende Deutschlands mit einer Vehemenz dahergefahren, als käme es bei Lebensstrafe darauf an, dem Reisen, das doch mein alleiniger Zweck war, auf das allerschleunigste ein Ende zu machen. Diese Dampffahrten rütteln die Welt, die eigentlich nur noch aus Bahnhöfen besteht, unermüdlich durcheinander wie ein Kaleidoskop, wo die vorüberjagenden Landschaften, ehe man noch irgendeine Physiognomie gefaßt, immer neue Gesichter schneiden, der fliegende Salon immer andere Sozietäten bildet, bevor man noch die alten recht überwunden.“
Manchmal lohnt es sich, den langsameren Zug zu nehmen, wie Rudiš schreibt. Und das gilt hier auch für das Lesen. Man bekommt viele Eindrücke, erinnert sich an eigene Erlebnisse mit der Bahn. So ist es gut, ein paar Kapitel zu lesen, und diese erstmal wirken zu lassen. Eine Gebrauchsanweisung im eigentlichen Sinne ist das Buch nicht, sondern vielmehr eine schöne und lesenswerte Hommage an das Reisen mit der Bahn.
Was aber liest man, wenn man gerade keine sehenswerte Strecke vor sich hat? Das, was man gerne lesen möchte und gut auf eine Fahrt mitnehmen kann. Wenn man beim Thema Zug bleiben möchte, bieten sich natürlich Jaroslav Rudiš oder Agatha Christies „Mord im Orientexpress“ sowie „16 Uhr 50 ab Paddington“ an. Literatur zum Schienenverkehr selbst, wie zur Geschichte der Eisenbahn oder zu Dampfloks, steht im Bereich Technik in den Gruppen Wkl 1 und Wkl 11.
Auch handliche Bücher, die man auf eine Zugreise mitnehmen kann und nicht nur für Bahnliebhaber interessant sind: Eine Sammlung von Fakten und Kuriositäten aus Eisenbahngeschichte und Technik sowie Superlativen ist „101 Dinge die ein Eisenbahnliebhaber wissen muss“ (Wkl 1 Frie). ). Umfangreicher ist „333x Schienenverkehr“ (Wkl 1 Doerf). Vorteil ist hier, dass die Beiträge in neun Unterkapitel wie ‚Superlativen‘, ‚Pannen, Unglücke und Kriege‘, ‚Gelungener und Schöner‘ oder ‚kurioser und spaßiger‘ eingeteilt sind. Aus beiden Reihen sind unter anderem auch Bände zum Thema Dampflok vorhanden (Wkl 11 Knip und Wkl 11 Koch).
Dieser Titel ist bei uns nur in der eBib verfügbar oder über die Fernleihe bestellbar. Hier findet ihr den Link.
Die Autorinnen Clea Shearer und Joanna Teplin sind die Organisationsprofis aus der Serie „The Home Edit“. Habe ich ehrlich gesagt nie gesehen. 🙂 Die Ausleihe dieses Buches war mal wieder ein klarer Fall von „Cover-Liebe“. Ich muss zugeben, je schöner das Cover gestaltet ist, desto mehr spricht mich das Buch an. Womöglich könnte man mir auch so einen Thriller unterjubeln.
Zurück zu „Happy at home“. In diesem Buch geht es ums Ordnen. Arbeitszimmer, Kleiderschrank, Hauswirtschaftsraum… ziemlich viele Räume werden angesprochen. Dabei werden allerdings nur perfekt geordnete Schränke gezeigt, es geht nicht um Falt-Techniken wie bei Marie Kondo und auch vorher-nachher-Bilder findet man keine. Für mich ist auch klar, dass ich nie so toll geordnete Schränke haben werde wie abgebildet aber ich nehme die Bilder einfach als Inspiration. Warum auch nicht. Nur stressen lassen sollte man sich nicht davon. Ganz ehrlich- jeder hat doch „die“ Schublade, in der einfach alles mögliche Krimskrams herum liegt. Ich weiß auch noch nicht ob es für mich praktikabel ist, jedes Mal nach dem Einkaufen Cornflakes und Co. in Gläser umzufüllen. Aber für Bastelsachen eignet sich ein wohlüberlegtes Ordnungssystem schon. Wie oft sitze ich da und denke „Achja, dieses und jenes Papier hast du auch irgendwo…“. Mittlerweile ist das zumindest alles an eine Ort verstaut, aber schön sieht es nicht aus. 😉
Hier seht ihr den Aufbau des Buches. Auf einer Seite findet ihr die fertigen Schränke, auf der anderen Seite Erklärungen dazu.
Das sieht schon toll aus, oder? Ich kann immer schlecht beurteilen, ob solche Bücher lesenswert sind. Zum Blättern und Fantasie anregen eignen sie sich aber allemal. 🙂
Natascha Wodin wurde 1945 in Fürth als Kind sowjetischer Zwangsarbeiter geboren. Sie wuchs in Lagern für ‚displaced persons’ auf. Ihr bislang größter Erfolg war ‚Sie kam aus Mariupol‘, das mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet wurde. Dort begibt sie sich auf Spurensuche nach dem Leben ihrer Mutter und Herkunft ihrer Familie. ‚Nastjas Tränen‘ hat ebenfalls autobiographische Züge. Sie trifft im Berlin der 90er Jahre auf die Protagonistin Nastja.
1942 geboren wächst Nastja in der Ukraine auf. Ihre Kindheit ist von Armut und Hunger geprägt, auch ihr Leben als Erwachsene in Kyiv ist schwierig. Die Gehälter von ihr und Mann Roman reichen kaum aus, um die Familie zu ernähren. Nach dem Zerfall der Sowjetunion bessert sich die Lage nicht. Im Gegenteil. Mit einem Touristenvisum gelangt Nastja nach Berlin, wo sie sich ein besseres Leben erhofft.
Mit Putzstellen kann sie sich selbst versorgen sowie Familie und Freunde unterstützen. Aber ihre Aufenthaltserlaubnis läuft ab und sie findet sich in der Illegalität wieder. Von sich aus traut sie sich nicht zur Polizei oder einem Anwalt zu gehen. Auch der Sprache nicht mächtig, wird sie zu einem Opfer von Menschenhändlern. Sie findet zwar ihr wohlgesonnene Menschen und in Natascha Wodin jemanden, der ihr helfen kann, schafft es aber dennoch nicht, in Berlin heimisch zu werden und beide Welten, die hier aufeinanderprallen, zu verbinden. Dieses Buch ist aufgrund der Thematik keine einfache Kost, aber dennoch ein gut zu lesendes und wichtiges Buch. Für ihr literarisches Werk wurde Natascha Wodin 2021 mit dem erstmals vergebenen Gisela-Elsner-Preis des Literaturhauses Nürnberg ausgezeichnet. Für die Jury sind ihre Werke „ein Plädoyer für einen genaueren Blick auf die Außenseiter der Gesellschaft und deren Schicksale.“ (Literaturhaus Nürnberg, 2021, Jury-Begründung)
Die Bücher von Natascha Wodin sind hier zu finden.
Juliane
Die Autorin könnt Ihr bei den Literaturtagen Bielefeld 2022 live erleben: Am 28. Oktober liest Natascha Wodin aus ihrem Buch „Nastjas Tränen“. Mehr Informationen und den Link zum Kartenverkauf für die Lesung vor Ort oder den Livestream findet Ihr in unserem Online-Kalender.