Literaturtage 2022 – persönliche Nachlese #3

Zweimal habe ich hier schon meine Gedanken zu meinen Literaturtage-Lektüren und -Eindrücken aufgeschrieben (hier und hier), dies ist der letzte Teil. Zu den Büchern von Jaroslav Rudiš und Natascha Wodin hatte meine Kollegin Juliane schon etwas geschrieben (hier und hier). Marica Bodrožićs außergewöhnliches Buch wollte ich nach der wunderbaren Lesung am 24. Oktober eigentlich auch noch lesen, weil mir die poetische Sprache sehr gefallen hat. Aber, ach, vielleicht später mal.

Moderator Klaus G. Loest und Schriftstellerin Marica Bodrožić auf der Literaturbühne
am 24. Oktober 2022 (©KlausHansen)

Zuerst einmal beende ich meine persönliche Nachlese zu den diesjährigen Literaturtagen mit folgenden beiden Titeln. Das macht dann immerhin sieben von zehn – das ist doch auch kein schlechter Schnitt. 🤗


Katerina Poladjan: Zukunftsmusik

Die Musik im Radio kündigt Veränderungen an. Wenn der Trauermarsch auf allen Kanälen gespielt wird, ist wohl wieder irgendein hoher Politiker, vielleicht der alte Generalsekretär selbst gestorben an diesem 11. März 1985. Doch was sind da schon für Veränderungen zu erwarten. Da sind die Bewohner der sowjetischen Kommunalka irgendwo östlich von Moskau, auf engem Raum müssen mehrere Personen zusammenleben, eine zufällig zusammengewürfelte Lebensgemeinschaft, in der eigentlich kein Platz für individuelle Entfaltung ist. Und doch haben alle ihre Geheimnisse. Und ihre Träume.

Die Trauermusik aus dem Radio könnte ja vielleicht doch die Ouvertüre zu einer Zeitenwende werden. Oder könnte das kleine, etwas ausufernde Privatkonzert in der Gemeinschaftsküche den Durchbruch bringen? Vorausgesetzt Janka erhält noch rechtzeitig ihre neue Gitarre. Oder ist es die Liebe, die neue, unerwartete Perspektiven schafft? Oder das einfache Spiel eines Kindes? Oder die hochfliegenden Träume der Stillen und Unauffälligen, von denen man es zuletzt erwartet hätte? Kommen die erhofften Veränderungen von außen oder von innen? Oder bricht doch wieder nur alle Hoffnung zusammen und fällt in Schutt und Asche?

Katerina Poladjan beschreibt sehr realistisch den Alltag gegen Ende der Sowjetunion. Ein einziger Tag im Leben dieser kleinen Wohngemeinschaft steht exemplarisch für die Sehnsüchte und Hoffnungen einer untergehenden Zeit. Die Autorin öffnet mit surrealistischen Sequenzen den Zukunftsblick der Protagonisten. Und ein Leser mit dem Wissen von heute fragt sich angesichts der aktuellen Situation in Russland, was sich seit dem vorigen Jahrhundert denn wirklich verändert hat für die Menschen dort.

Nach „Hier sind Löwen“ hat mich das Buch überrascht, „Zukunftsmusik“ hat eine andere Sprache und eine eigene Poesie der Bilder. Ein Roman, bei dem man unwillkürlich Bezüge zur Gegenwart sucht. Die Menschen des Romans haben sich ihre Zukunft so wohl nicht erträumt.

Autorin Katerina Poladjan und Moderatorin Iulia Capros bei der Lesung
am 18. Oktober 2022 (©KlausHansen)

Ulf Erdmann Ziegler: Eine andere Epoche

Eine andere Epoche – oder könnte man es auch eine „Zeitenwende“ nennen? Dieser Begriff fällt ja immer wieder in diesem doch noch recht jungen Jahrhundert; und jetzt wird er gar Wort des Jahres 2022. Nun ja.

Im politischen Roman von Ulf Erdmann Ziegler geht es um das Jahr 2011 und seine Folgen: um die Erkenntnisse, dass das terroristische NSU-Netzwerk für mindestens 10 Morde sowie Bombenanschläge und Banküberfälle verantwortlich ist; und um den Politskandal, der den damaligen Bundespräsidenten zum Rücktritt zwang. Eine ausführlichere Inhaltsbeschreibung des Romans findet Ihr in unserem Artikel zur Lesung am 12. Oktober.

Beim Lesen ist mir bewusst geworden, wie viele Details aus diesen Jahren mir entweder schon wieder entfallen sind oder die ich damals vielleicht gar nicht wahrgenommen habe. Wir waren geschockt, ja, doch wie schnell sind wir wieder zur Tagesordnung übergegangen. Dabei habe ich mich durchaus für gut informiert gehalten. Aber war ich nicht auch müde, von immer neuen Ermittlungspannen und Vertuschungsversuchen zu lesen? Habe ich mich auch lieber von einer miesen Skandalgeschichte ablenken lassen?

Und dann jetzt die aktuellen Nachrichten: wieder Rechtsterroristen, die einen gewaltsamen Umsturz und die Abschaffung unserer Demokratie geplant haben. Wieder werden sie als einzelne Wirrköpfe dargestellt und verharmlost. Wieder ist da der begründete Verdacht, dass es sogar in den Reihen der Ermittler und der Justiz mehr Sympathisanten gibt, als man wahr haben will. Und eben nicht nur Sympathisanten, auch Mittäter und Helfer.

Ich hätte der Lesung mit Ulf Erdmann Ziegler mehr Zuschauer gewünscht. Das Buch kann ich jedenfalls nur empfehlen!

Autor Ulf Erdmann Ziegler und Moderator Dr. Udo Witthaus auf der Literaturbühne
am 18. Oktober 2022 (©KlausHansen)

Nach den Literaturtagen ist vor den Literaturtagen. Das nächste Bücherjahr verspricht wieder aufregend zu werden, die ersten Gespräche und Planungen für unsere Herbst-Lesungen laufen bereits: Literaturtage Bielefeld 2023. Freut Euch auf den Oktober.

Das ganze Jahr über wird es Lesungen in der Stadtbibliothek geben: durch die Literarische Gesellschaft, im Rahmen der Antirassismuswochen Bielefeld oder mit anderen Kooperationspartnern. Und es soll auch wieder einzelne Lesungen in den Stadtteilbibliotheken geben. Die Termine werden über unseren Online-Kalender und die Presse bekannt gegeben.

Bis dahin viel Freude beim Lesen.

HilDa

Literaturtage 2022 – persönliche Nachlese

Ich war zwar bei allen zehn Lesungen der Literaturtage, habe aber nur einige der Bücher gelesen. Nur auf diese paar werde ich hier eingehen und einige persönliche Eindrücke wiedergeben.


Bettina Flitner: Meine Schwester
Buch "Meine Schwester" von Bettina Flitner zusammen mit dem Programmheft der Literaturtage

Dieses Buch hatte ich sozusagen unter Vorbehalt angefangen: sobald mir das Thema zu nahe geht, wollte ich es abbrechen. Immerhin geht es um Depressionen, den Verlust naher Angehöriger, Suizid. Aber um es gleich vorweg zu nehmen: Ich habe es bis zum Ende gelesen – ohne Zögern und mit Gewinn.

Bettina Flitner beschreibt die Szenen aus der Kindheit mit fotografischer Genauigkeit und Detailliebe. Ich bin zwar in einem ganz anderen Milieu aufgewachsen, aber ungefähr zur gleichen Zeit. Da fanden sich dann doch überraschend viele Parallelen, angefangen mit den Fernsehserien der 70er Jahre, die die Geschwister – oft heimlich – schauten. Es ist keine unbeschwerte Kindheit, die Bettina Flitner beschreibt, die „schwarzen Raben“ tauchen immer wieder auf: die Depressionen der Mutter. Dazu der hohe Erwartungsdruck der Eltern und Großeltern an die Kinder und das Auseinanderbrechen der Ehe der Eltern – die Kinder spüren genau die Verwerfungen und Beben in der Familie. Doch vor allem erleben die beiden Mädchen viele Abenteuer, sie haben berühmte und charismatische Großeltern, lernen illustre Persönlichkeiten kennen – einmal sogar den unvergleichlichen Kermit und eine gewisse Hannah Arendt -, sie leben eine Weile in New York, machen Urlaub in einem Ferienhaus auf Capri. Die bunte Phantasie und große Beobachtungs- und Schauspielgabe der Schwestern – die große Schwester kann herrlich die Erwachsenen parodieren – beschert auch uns Lesern wunderbare Szenen. Immer wieder fallen den Kindern spannende Spiele und Tricks ein: Notfallübungen mit Kissen für den Fall eines Autounfalls zum Beispiel.

Die Autorin erzählt diese Kindheitserinnerungen leicht und erinnerungsstark. Gleichzeitig verarbeitet sie aber auch diesen einen Tag, an dem die Schwester, die als Kind doch noch so unbeschwert, begabt und selbstbewusst wirkte, an ihren Depressionen und Selbstzweifeln zerbricht und sich das Leben nimmt. Der jüngeren Schwester bleiben quälende Fragen. Aber eben auch die Erinnerungen.

Bettina Flitner schreibt sehr bewegend gegen diesen Schmerz und diese Fragen, die unbeantwortet bleiben, an. Dabei spricht sie offen auch über die dunklen Seiten in ihrer Familie, ohne daraus aber platte Schuldzuweisungen abzuleiten.

Auch im Gespräch mit der Moderatorin des Abends, Angelika Teller, beeindruckten die Offenheit und Klarheit der Autorin.

Zu Buch und Lesung am 14. Oktober hatten wir im Blog bereits Informationen zusammengetragen.

Auf einer Bühne sitzen die Autorin Bettina Flitner und die Moderatorin Angelika Teller im Gespräch, davor ist Publikum zu erkennen, im Hintergrund ein Bild an der Wand mit Foto der Autorin und vom Buch; Schrift: 27. Literaturtage Bielefeld, Bettina Flitner "Meine Schwester" 14. Oktober 20 Uhr
Autorin Bettina Flitner und Moderatorin Angelika Teller im Gespräch (©KlausHansen)

Die literarische Qualität dieses Erinnerungsbuches hat mich überrascht, die Sprache, die Beschreibungen mit ihren oft überraschenden Fokussierungen auf kleine Details, in denen aber eine große Metaphorik zu entdecken ist, der episodische Aufbau mit seinem Wechsel zwischen Kindheitserinnerungen und der Schilderung dieses einen Tages, der mit der Schreckensnachricht endet.

Auf die Frage, ob dieses literarische Werk für die Fotografin eine Ausnahme bleibe, gab sie zur Antwort, dass noch nicht alles erzählt sei, Bettina Flitner will weiter schreiben. Wir dürfen gespannt sein.


Abbas Khider: Der Erinnerungsfälscher
Roman "Der Erinnerungsfälscher" von Abbas Khider zusammen mit dem Programmheft der Literaturtage

Eine kleine, kompakte und doch so wuchtige Erzählung! Nur 125 großzügig bedruckte Seiten, aber Abbas Khider erzählt darin nicht nur eine, sondern viele Geschichten: die Geschichte eines jungen Mannes, der seine Heimat und seine Familie verlassen musste und nach vielen Jahren im Exil als Fremder zurückkehrt; die Geschichten und Traumata seiner Flucht durch viele Länder; die Geschichte des Ankommens in einem Land und seiner fremden Kultur und Sprache, ein Ankommen trotz einer zermürbenden Bürokratie, trotz Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Ignoranz; und nicht zuletzt die Geschichte eines geschundenen Landes und seiner verzweifelten Menschen, die brutale Geschichte des Irak in den vergangenen Jahrzehnten mit Diktatur, Besetzung, Bürgerkrieg. Und zwischen den Zeilen stecken noch mehr Geschichten. Dieses kleine Buch klingt lange nach.

AUf der Bühne sitzen sich Moderator Klaus Loest und AUtor Abbas Khider im Gespräch gegenüber, Khider gestikuliert lächelnd, Loest hört gespannt zu. Im Vordergrund erkennt man Publikum. An der Rückwand der Bühne ein Bild: Foto des Autoren und des Buches, Schrift: Abbas Khider liest "Der Erinnerungsfälscher"
Moderator Klaus G. Loest und Schriftsteller Abbas Khider auf der Literaturbühne (©KlausHansen)

Genau wie die Begegnung mit dem charismatischen Autor: Abbas Khider hat einmal mehr uns und das Publikum verzaubert (so wie schon vor drei Jahren, als er mit „Deutsch für alle“ die Literaturtage 2019 eröffnete)

Zum aktuellen Buch und der Lesung am 5. Oktober hatten wir im Blog bereits Informationen zusammengetragen.


Alois Hotschnig: Der Silberfuchs meiner Mutter
Buch "Der Silberfuchs meiner Mutter" von Alois Hotschnig, zusammen mit dem Programmheft der Literaturtage

Am Anfang hatte ich etwas Schwierigkeiten mit der Sprache des Romans: viele Wiederholungen, viele Füllwörter und sehr viele Wörter oder Phrasen in kursiv, damit sie besonders betont werden. Das gibt dem Text fast einen Tonfall wie bei einem mündlichen Vortrag – und dieser unmittelbare Sog, bei dem ich den Ich-Erzähler quasi im Ohr hatte, als würde er mir direkt seine Lebensgeschichte erzählen, packte mich dann doch. Ich lese ja gerne laut, aber selbst beim Leiselesen inszeniert und intoniert die innere Stimme den Erzähler, wie sie der Text mit seinen typografischen Hervorhebungen vorgibt. Bei der Autorenlesung am 7.10. war ich besonders gespannt auf die Interpretation von Alois Hotschnig selbst. Tatsächlich las er leise, eindringlich und in wechselndem Tempo, so wie jemand, der – manchmal nach Worten suchend, manchmal von den eigenen Erinnerungen mitgerissen – seine Lebensgeschichte mündlich erzählen würde. Genauso hatte ich mir den Vortrag vorgestellt.

Zur erzählten Geschichte fühle ich auch einen persönlichen Bezug: Mein Großvater war während des Krieges als Soldat im Norden Skandinaviens. Auch ich weiß nicht, welchen Erinnerungen ich da trauen soll, denn als er erzählte, war ich noch ein kleines Kind; und das, was mein Vater später ergänzte, war ja auch nur aus zweiter Hand, er war selbst nur ein kleiner Junge, als sein Vater aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte. Sonst gibt es keine direkten Parallelen, aber da mein Vater nur wenige Jahre älter ist als der Ich-Erzähler des Romans, würde ich jetzt gerne mit ihm über das Buch sprechen – was aber leider nicht mehr geht.

„Die Wandelbarkeit des Erinnerns“ war das Motto unserer Literaturtage 2022, der Roman von Alois Hotschnig passt da sehr gut ins Thema. Er hat mich zum Nachdenken gebracht über die Auswirkungen von Krieg, Besetzung, Exil und nicht zuletzt einer furchtbaren Ideologie, die leider bis heute ihre Fratze zeigt. Die Traumata der Kinder aus dieser Zeit, der Generation meiner Eltern, wurden kaum aufgearbeitet und prägen selbst die nächsten Generationen – uns.

Das Gespräch zwischen dem Historiker und Leiter des Stadtarchivs Dr. Jochen Rath und dem Autor des Romans bei der Lesung gab noch viele weitere Ansatzpunkte. Alois Hotschnig erzählte von seinen Recherchen, dem Datenmaterial, auf das er zurückgreifen konnte und seinen Gesprächen mit Zeitzeugen. Auch aus dem Publikum kamen sehr persönliche Beiträge. Ein bewegender Roman, ein bewegendes Gespräch.

Zu Buch und Lesung am 7. Oktober hatten wir im Blog bereits Informationen zusammengetragen.


Das waren nur drei von zehn Literaturtage2022-Titeln. Vielleicht schaffe ich noch zwei oder drei weitere Romane aus der Lesereihe, die Blogbeiträge dazu werde ich dann hier nachreichen. Interessant und lesenswert sind sie alle. Aber es gibt ja auch noch so viel anderes zu lesen. 😏

Die Kollegin Frau Teller ist ohnehin schon weiter: Das Sondieren und Planen für die Literaturtage 2023 hat bereits begonnen.

Wenn Ihr uns Eure Meinung zu den vergangenen Lesungen und zu den Büchern der Literaturtage mitteilen wollt – unsere Social Media Kanäle sind offen.

Viel Freude beim Lesen.

 HilDa

Natascha Wodin: Nastjas Tränen

Literaturtage Bielefeld 2022

„Von der Wandelbarkeit des Erinnerns“

– – – Leider abgesagt – – – Leider abgesagt – – –

Leider muss die Lesung mit Natascha Wodin am 28.10.22 krankheitsbedingt ausfallen.

Sie können Ihr gekauftes Ticket in einen gleichwertigen Gutschein umwandeln.
Den Gutschein erhalten Sie als Mail an Ihre E-Mail-Adresse, die Sie bei der Buchung angegeben haben.
Er ist bis zum 31.12.2023 für Lesungen in der Stadtbibliothek Bielefeld (ausgenommen sind Lesungen der Literarischen Gesellschaft) gültig.
Sie können innerhalb von vier Wochen, also bis zum 22. November 2022, den bezahlten Betrag erstattet bekommen.
Falls Sie eine Erstattung wünschen melden Sie sich bitte unter folgender E-Mail-Adresse stadtbibliothek.events@bielefeld.de und geben Ihren Namen und Ihre IBAN an.

Wir entschuldigen die Unannehmlichkeiten und bitten um Ihr Verständnis!


Später sollte sie von sich sagen, dass sie von Beruf Leserin sei.“

Als Natascha Wodin 1992 nach Berlin kommt, sucht sie jemanden, der ihr beim Putzen hilft. Sie gibt eine Annonce auf, und am Ende fällt die Wahl auf eine Frau aus der Ukraine, dem Herkunftsland ihrer Mutter, die im Zweiten Weltkrieg als Zwangsarbeiterin nach Deutschland verschleppt wurde. Nastja, eine Tiefbauingenieurin, konnte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im wirtschaftlichen Chaos ihrer Heimat nicht mehr überleben − ihr letzte Gehalt bekam sie in Form eines Säckchens Reis ausgezahlt. Da sie ihren kleinen Enkelsohn und sich selbst nicht länger ernähren kann, steigt sie, auf etwas Einkommen hoffend, in einen Zug von Kiew nach Berlin. Dort gelingt es ihr, mehrere Jobs als Putzfrau zu finden, nach getaner Arbeit schläft sie auf dem Sofa ihrer Schwester. Zu spät bemerkt sie, dass ihr Touristenvisum abgelaufen ist. Unversehens schlittert sie in das Leben einer Illegalen, wird Teil der riesigen Dunkelziffer an Untergetauchten im Dickicht der neuen, noch wildwüchsigen deutschen Hauptstadt.

Für Natascha Wodin ist es, als würde sie von ihrem Schicksal erneut eingeholt. Im Heimweh dieser Ukrainerin, mit der sie mehr und mehr eine Freundschaft verbindet, erkennt sie das Heimweh ihrer Mutter wieder, die daran früh zerbrochen ist. Jetzt, Jahre später, zeichnet sie mit verhaltener, tief anrührender Poesie das Porträt von Nastja, einer kämpferischen Frau.

Natascha Wodin, 1945 als Kind sowjetischer Zwangsarbeiter in Fürth geboren, wuchs erst in deutschen DPLagern, dann, nach dem frühen Tod der Mutter, in einem katholischen Mädchenheim auf.

Für ihren Roman „Sie kam aus Mariupol“ bekam Natascha Wodin den Alfred-Doblin-Preis Preis, den Preis der Leipziger Buchmesse und den Hilde- Domin-Preis für Literatur im Exil 2019 verliehen. In diesem Jahr erhielt sie für „Nastjas Tränen“ den renommierten Joseph-Breitbach-Preis.

(Text aus dem Programmheft zur Veranstaltungsreihe)


Die ausleihbaren Werke von Natascha Wodin findet Ihr in unserem Online-Katalog.

Hier auch eine Literaturliste zum Download oder Ausdruck als PDF

    Eine Auswahl Rezensionen und Gespräche über das Buch haben wir hier verlinkt:

    Freitag, 28. Oktober, 20 Uhr
    Stadtbibliothek, Neumarkt 1
    Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr

    Moderation: Angelika Teller
    Musikalische Begleitung: FLUZ (Nele Immer, Nils Rabente)
    Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 5,– €

    In Kooperation mit dem Verein der Freunde und Förderer der Stadtbibliothek Bielefeld, e.V.

    Zum Online-Ticketverkauf

    Zur Livestream-Buchung

    Jaroslav Rudiš: Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen

    Literaturtage Bielefeld 2022

    „Von der Wandelbarkeit des Erinnerns“

    „Viele dieser alten Strecken gehen einfach mitten durch mein Herz.“

    Buch "Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen" von Jaroslav Rudis zusammen mit dem Programmheft der Literaturtage Bielefeld 2022

    Der Schriftsteller, Dramatiker und Drehbuchautor Jaroslav Rudiš stammt aus Turnov, und Turnov liegt im Böhmischen Paradies. Wer seine Kolumnen kennt, weiß das. Denn gerne heben die heiter-melancholischen Fußnoten des Tschechen an mit dem Satz: „Wir sitzen in einer Kneipe im Böhmischen Paradies.“ Dort wird dann viel Bier getrunken und über die Lage der Welt und der Dinge philosophiert. Vor kurzem waren seine Freunde und er noch Corona-Experten. Inzwischen sind sie Chefstrategen. Vieles würde in Europa besser laufen, wenn man sie fragen würde. Allerdings fragt sie keiner. Und solange sie darauf warten, trinken sie eben noch ein Bier. Es scheint, als habe einer wie Jaroslav Rudiš alle Zeit der Welt. Als würden die Uhren anders ticken für ihn, als würden sie manchmal sogar rückwärts laufen, wie die Gleise, auf denen sich der schreibende Voyageur mit Vorliebe bewegt. Langsame Strecken, quer durch Europa. Von Berlin aus bis zum Gotthardtunnel und vom südlichen Sizilien bis ins nördliche Lappland. Reisen im Nachtzug nach Polen und die Ukraine, im Speisewagen von Hamburg nach Prag, wo die Kellner längst zu seinen Freunden geworden sind. Denn ja, Rudiš ist ein Eisenbahner. Mit Leib und Seele, Fleisch und Blut. Und wie gerne der 1972 Geborene selbst einst die schmucke Uniform der Eisenbahner übergestreift hätte und begeisterten Dienst unter dem von ihm so sehr geliebten Emblem des Flügelrades geleistet hätte, davon erzählt seine Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen. Wenn bloß diese Brille nicht gewesen wäre, diese verdammte Brille. So machte seine schwache Sehkraft zwar einen Strich unter seine starke Sehnsucht, aber die literarische Welt wurde um einen Chronisten bereichert, der mit viel menschlicher Wärme, historischer Klugheit und feinem Humor aufzeichnet, was unseren Kontinent einzigartig macht.

    Seine Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen verändert unseren Blick auf Bahnhöfe, Rangierloks, Weichen, Tunnel, Brücken, Schleifen und Signale. Mit solch ungebremster Freude an allem, was das Reisen mit der Eisenbahn ausmacht, nimmt er mit auf seine nimmermüden Fahrten, dass es am Ende des Buches fast unmöglich ist, nicht selbst ein Eisenbahner zu sein. Jedenfalls ein bisschen.

    Jaroslav Rudiš lebt, wenn er nicht in Zügen unterwegs ist, in Berlin. Bei Luchterhand erschienen u.a. seine Romane „Grand Hotel“, „Nationalstraße“ und bei btb  „Der Himmel unter Berlin“. Zudem publizierte er mit Jaromir 99 die auch verfilmte Graphic Novel „Alois Nebel“ und mit Nicolas Mahler „Nachtgestalten“. Für seinen 2019 erschienenen, erstmals auf Deutsch verfassten Roman „Winterbergs Reise“ erhielt er den renommierten Chamisso-Preis.

    (Text aus dem Programmheft zur Veranstaltungsreihe)


    Die ausleihbaren Werke von Jaroslav Rudiš findet Ihr in unserem Online-Katalog.

    Hier auch eine Literaturliste zum Download oder Ausdruck als PDF [925 KB]

    Eine Auswahl Rezensionen und Gespräche über das Buch haben wir hier verlinkt:

    • In der Mediathek des SWR2 findet Ihr ein ausführliches Radiofeature mit Interview, Moderation Martina Kögl (Audio, ca. 33 Min.)
    • Stefan Fischer empfiehlt in der SZ das „leidenschaftliche wie unterhaltsame“ Buch.
    • In der TAZ zeigt sich Klaus Hillenbrand begeistert von dem nützlichen und vergnüglichen Buch.
    • Für den SRF spricht Marc Lehmann im „Tagesgespräch“ mit dem Autor „als eine der prominentesten Stimmen der jungen ost-/mitteleuropäischen Literatur“ über das Ost-West-Verhältnis angesichts des Krieges in der Ukraine (Audio ca. 28 Min.)
    • Im Deutschlandfunk Kultur sprach der Autor mit Liane von Billerbeck über seine „Gebrauchsanweisung“ (Audio ca. 9 Min.)
    • Im Kulturmagazin des BR „Capriccio“ wurden mit einem kurzen Filmbericht Autor und Buch vorgestellt (YouTube, Video ca. 5 Min.)
    • Homepage des Autors (tschechisch und deutsch)

    Mittwoch, 26. Oktober, 20 Uhr
    Stadtbibliothek, Neumarkt 1
    Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr

    Moderation: Dr. Antje Doßmann
    Musikalische Begleitung: Leptophonics
    Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 5,– €

    Zum Online-Ticketverkauf

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    Marica Bodrožić: Die Arbeit der Vögel. Seelenstenogramme

    Literaturtage Bielefeld 2022

    „Von der Wandelbarkeit des Erinnerns“

    „Und dann gehen wir zu Fuß auf der Erde und sind zeitgleich mit unserem Bewusstsein
    Reisende im Universum des Seins.“

    Buch "Die Arbeit der Vögel: Seelenstenogramme" von Marica Bodrozic zusammen mit dem Programmheft der Literaturtage Bielefeld 2022 auf einem grau-silbernen Tuch

    Die schwangere Autorin wandert auf dem alten Schmugglerpfad über die Pyrenäen, der als letzter Fluchtweg Walter Benjamins vor seinem Selbstmord 1940 in Portbou bekannt ist. Marica Bodrožić erinnert in ihren Reflexionen an den vom NS-Regime verfolgten jüdischen Autor, Philosoph und Kulturkritiker, an seine sozial verstandene Ästhetik. Durch eine Vielzahl von präzisen Naturbeobachtungen ergänzt, kombiniert mit dem Zündstoff der Erinnerung an Verfolgte und Gequälte bis in die Gegenwart, verbunden mit eigenen familienbiografischen Beobachtungen, entsteht in einem inneren Monolog eine Weltbeschreibung in den Berghöhen: mit weitem Blick in Zeit und Raum.
    „Kein Schicksal ist von einem anderen getrennt“: das von Walter Benjamin ist hier verbunden mit dem ihrer Verwandtschaft oder mit dem des Dichters Ossip Mandelstam. Hochaktuell ist wiederum das Beispiel der belarussischen Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch, die Putins Ziel benannte: „…die Welt hat wieder Angst vor uns“.

    Bodrožić formt ihren Prosa-Text ausgesprochen lyrisch, erforscht das „Innenleben der Wörter“ und erzählt dabei unerhörte Geschichten. Marica Bodrožić wurde in Dalmatien geboren und kam als 10jährige nach Hessen. Die bekennende Europäerin lebt heute, nach Stationen in Paris und Zürich, in Berlin. Für ihr bisheriges Werk wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Manès-Sperber-Literaturpreis für ihre Essays, Romane und Gedichte, die in 16 Sprachen übersetzt vorliegen. Diese zeichnen sich, so unter anderem die Jury-Begründung, durch ein „hohes Maß an Reflektiertheit aus, die eine betont expressive neoromantisch grundierte Sprachkunst … einschließt“.    

    (Text aus dem Programmheft zur Veranstaltungsreihe)


    Die ausleihbaren Werke von Marica Bodrožić findet Ihr in unserem Online-Katalog.

    Hier auch eine Literaturliste zum Download oder Ausdruck als PDF [832 KB]:

    Eine Auswahl Rezensionen und Gespräche über das Buch haben wir hier verlinkt:

    • Im NDR gibt es neben Rezension von Joachim Dicks auch eine Autorenlesung (Audio ca. 44 Min.)
    • Für die SZ schrieb Joseph Hanimann eine ausführliche Rezension.
    • Bei der Leipziger Buchmesse im Frühjahr 2022 saß Marica Bodrožić auf dem Blauen Sofa.
    • Ein Radio-Feature von Käthe Jowanowitsch über die Autorin und ihr aktuelles Buch findet Ihr im Deutschlandfunk (Audio ca. 9:25 Min.)
    • Die Autorin hat eine eigene Website.

    Montag, 24. Oktober, 20 Uhr
    Stadtbibliothek, Neumarkt 1
    Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr

    Moderation: Klaus-Georg Loest
    Musikalische Begleitung: Djamilija Keberlinskaja-Wehmeyer, Klavier
    Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 5,– €

    In Kooperation mit der Literarischen Gesellschaft OWL, Literaturhaus Bielefeld e.V.

    Zum Online-Ticketverkauf

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    Julia Franck: Welten auseinander

    Literaturtage Bielefeld 2022

    „Von der Wandelbarkeit des Erinnerns“

    „Wir erinnern uns an Ereignisse und unsere nächsten Menschen vollkommen unterschiedlich – so unterschiedlich, wie wir für uns selbst und voneinander träumen.“

    Julia Franck

    Roman "Welten auseinander" von Julia Franck zusammen mit dem Programmheft der Literaturtage Bielefeld 2022

    Julia Franck lässt uns in ihrem Buch ganz nah an sich und ihre Herkunftsfamilie heran, ohne aufzurechnen. Dabei erfahren wir, dass die in Ostberlin geborene Julia mit ihrer Mutter und ihren drei Schwestern 1978 in den Westen ausreist. Dort leben sie in einem maroden Bauernhaus in Schleswig-Holstein. Die um sich selbst kreisende Mutter auf ständiger Sinnsuche, mittellos, überfordert und unorganisiert, kümmert sich nur unzulänglich um ihre Töchter. Diesem Chaos entzieht sich das Mädchen und geht schon mit dreizehn Jahren allein nach West-Berlin. Von dort aus besucht sie regelmäßig ihre Großmutter, eine Bildhauerin, im Osten der Stadt. Als Verfolgte des Nazi-Regimes, aber auch mit guten Kontakten zur Nomenklatura der DDR, genießt diese enorme Privilegien. So dass die Enkelin ohne Schwierigkeiten die Grenze zwischen den beiden Deutschländern passieren darf. Aber auch die Großmutter spürt keine besondere Verantwortung für ihre Enkeltochter. Einzig das Tagebuchschreiben wird zu einer verlässlichen Beziehung. Während des Abiturs begegnet sie Stephan, ihrer großen Liebe und lernt ihren Vater kennen. Beide wird sie wieder verlieren.

    »Welten auseinander« ist Julia Francks bewegende Erzählung einer ungewöhnlichen Jugend voller Brüche und Unsicherheiten; ein schmerzhaft-schönes Buch der Selbstbehauptung, das von Scham und Trauer so genau erzählt wie von Tod und Liebe.

    All dies vor dem Hintergrund der deutsch-deutschen Geschichte, die in unseren Erinnerungen und Erzählungen manchmal Welten auseinander liegen.

    Julia Franck wurde 1970 in Berlin geboren. Sie studierte Altamerikanistik, Philosophie und Neuere Deutsche Literatur an der FU Berlin. 1997 erschien ihr Debüt ›Der neue Koch‹, der Roman ›Lagerfeuer‹ (2003) wurde 2012/13 für das Kino unter der Regie von Christian Schwochow unter dem Titel ›Westen‹ verfilmt. Für ihren Roman ›Die Mittagsfrau‹ bekam sie den Deutschen Buchpreis 2007.

    (Text aus dem Programmheft zur Veranstaltungsreihe)

    Am 13. Oktober wurde bekanntgegeben, dass die Autorin den Schiller-Gedächtnispreis 2022 des Landes Baden-Württemberg erhält.


    Die ausleihbaren Werke von Julia Franck findet Ihr in unserem Online-Katalog.

    Hier auch eine Literaturliste zum Download oder Ausdruck als PDF [637 KB]

    Eine Auswahl Rezensionen und Gespräche über den Roman haben wir hier verlinkt:

    • Ganz aktuell ist ein Interview von Sven Michaelsen mit der Autorin im SZ-Magazin (zwar hinter einer Bezahlschranke, aber mit Bibliothekskarte ist der Zugriff auf das SZ-Archiv für Euch kostenfrei).
    • Ein weiteres ausführliches Interview führte Cornelia Geißler bereits vor einem Jahr für die Frankfurter Rundschau.
    • Der Roman stand im Januar 2022 auf Platz 1 der SWR-Bestenliste
    • Für den Deutschlandfunk hat Eberhard Falcke den Roman besprochen – Text und Audio (6:46 Min.)
    • Anke Dörsam schrieb für die TAZ eine Buchbesprechung.
    • Michael Hametner schrieb für Der Freitag eine sehr ausführliche Rezension.
    • Weitere Zusammenfassungen zu Rezensionen in überregionalen Medien findet Ihr im Kulturmagazin Perlentaucher hier.
    • Nur noch bis zum 21.10.2022 steht das Gespräch mit Wiebke Porombka auf dem Blauen Sofa in der ZDF-Mediathek (26 Min.)

    Donnerstag, 20. Oktober, 20 Uhr
    Stadtbibliothek, Neumarkt 1
    Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr

    Moderation: Angelika Teller
    Musikalische Begleitung: Milan Böse, Bass; Leon Brames, Schlagzeug; Valentin Katter, Trompete und Gesang
    Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 5,– €

    Zum Online-Ticketverkauf

    Es wird keinen Livestream zur Lesung geben.

    Katerina Poladjan: Zukunftsmusik

    Literaturtage Bielefeld 2022

    „Von der Wandelbarkeit des Erinnerns“

    „Alles sei flüchtig, […] gestern sei schon wieder ein Generalsekretär gestorben, […] und auch der Besen in der Küche sei verschwunden … “

    Roman "Zukunftsmusik" von Katerina Poladjan zusammen mit dem Programmheft der Literaturtage Bielefeld auf einem grau-silbernen Tuch

    In ihrem für den Preis der Leipziger Buchmesse nominierten Roman konzentriert sich Katerina Poladjan auf das Geschehen irgendwo in Russland, an einem bestimmten Tag, dem 11. März 1985. An diesem Tag wird Michail Gorbatschow zum Generalsekretär der KPdSU gewählt, womit für das ganze Land eine teils lang ersehnte Zeitenwende einsetzt, von der zunächst noch keiner ahnt.

    Im Zentrum stehen vier Frauen aus vier Generationen: Enkeltochter, Tochter, Mutter und Großmutter, jede mit ihrem Alltag, mit ihrer Eigensinnigkeit und ganz persönlicher Hoffnung. Sie leben in einer Art historischen Roman, der sich auf einen einzigen Tag konzentriert. Musik begleitet diesen Tag im Leben dieser Menschen, vor allem Chopins Trauermarsch: Die zweite Klaviersonate, die Anfang der 80er Jahre in der UdSSR an den Tagen der Trauer nach dem Tod eines Generalsekretärs im Radio gespielt wurde. Zeitlosigkeit und Ziellosigkeit dominieren, alle versuchen irgendwie, ihr Leben zu sortieren. Die Autorin schafft es hervorragend, uns an diesem Leben am Wendepunkt teilhaben zu lassen: in beengten Wohnverhältnissen zu Sowjetzeiten lebend, mit der Hoffnung auf eine Zukunft, die noch nicht eingetreten ist…

    Katerina Poladjan wurde in Moskau geboren und lebt seit 1979 in Deutschland. Nach ihrem Debütroman „In einer Nacht, woanders“ erschienen „Vielleicht Marseille“ und „Hinter Sibirien.“ Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Stipendien. Ihr dritter Roman „Hier sind Löwen“ wurde in sieben Sprachen übersetzt, stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises und wurde 2021 mit dem Nelly-Sachs-Preis ausgezeichnet.

    (Text aus dem Programmheft zur Veranstaltungsreihe)


    Die ausleihbaren Werke von Katerina Poladjan findet Ihr in unserem Online-Katalog.

    Hier auch eine Literaturliste zum Download oder Ausdruck als PDF [755 KB]

    Eine Auswahl Rezensionen und Gespräche über den Roman haben wir hier verlinkt:

    • Im WDR gibt es ein langes Gespräch mit der Autorin hier (ca. 36:30 Min.). Eine Empfehlung von Denis Scheck findet Ihr über die gleiche Seite (ca. 5:30 Min.)
    • Denis Scheck hat die Autorin auch für seine Sendung Druckfrisch in der ARD interviewt (ca. 8:50 Min.)
    • Dirk Knipphals rezensierte den Roman sehr ausführlich für die TAZ.
    • Maike Albath nennt „Zukunftsmusik“ in der SZ „hochmusikalisch und virtuos“, hier.
    • Im Podcast „weiter lesen“ des RBB sprechen Nadine Kreuzahler und Thomas Geiger ca. 45 Minuten lang über den Roman.
    • Weitere Zusammenfassungen von Rezensionen in überregionalen Medien findet Ihr im Kulturmagazin Perlentaucher.

    Dienstag, 18. Oktober, 20 Uhr
    Stadtbibliothek, Neumarkt 1
    Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr
    Moderation: Dr. Iulia Capros
    Musikalische Begleitung: Thomas Schweitzer, Saxophon
    Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €

    Zum Online-Ticketverkauf

    Es wird keinen Livestream zur Lesung geben.

    Bettina Flitner: Meine Schwester

    Literaturtage Bielefeld 2022

    „Von der Wandelbarkeit des Erinnerns“

    „Dieses Buch hat Wucht und Zartheit, Emotion und Intelligenz, das Schöne, das Schreckliche, das ganze Leben fächert sich auf…“

    Elke Heidenreich

    Das Buch "Meine Schwester" von Bettina Flitner liegt zusammen mit dem Programmheft der Literaturtage Bielefeld auf einem grau-silbernen Tuch

    Als die Fotografin Bettina Flitner vor einigen Jahren vom Suizid ihrer geliebten Schwester erfuhr, waren die ersten Reaktionen Schock, Lähmung und Verzweiflung. Doch dann entschied sie sich zum Erzählen. Das Ergebnis ist ein tief bewegender Text, ein Buch der Befreiung.

    Mit einem an der Fotografie geschulten, unbestechlichen Blick, voller Hingabe, Witz und Traurigkeit erzählt Bettina Flitner die Geschichte einer innigen Geschwisterbeziehung: eine Kindheit der 70er Jahre, die Jahre auf der Waldorfschule, die Erinnerung an die charismatischen Großeltern, darunter ein berühmter Reformpädagoge, der Vater ein Kulturmanager und Exponent des links-liberalen Bildungsbürgertums der alten BRD, ein Jahr in New York, die Ferien auf Capri, die ersten Liebesabenteuer in der Pubertät. Und dann die Risse: die Überforderung der Kinder durch das Leben der Eltern im Zeichen sexueller Libertinage, die Flucht der Mutter in die Depression, die unerfüllbaren Berufserwartungen der Eltern an die Töchter. Bettina Flitners Buch ist ein mutiger Schritt, sich den Gespenstern der gemeinsamen Vergangenheit zu stellen, sich von diesen zu befreien und so den Tod geliebter Menschen verarbeiten zu können. Ein Buch über ein Thema, das für viele Menschen immer noch von Tabus und Schweigen besetzt ist.

    Bettina Flitner ist in Köln geboren, wo sie auch heute wieder lebt. Sie startete als Filmemacherin, arbeitet aber nach ihrem Studium an der Film- und Fernsehakademie in Berlin als Fotografin. Oft kombiniert sie in ihren Arbeiten, die in vielen Galerie- und Museumsausstellungen gezeigt wurden, Fotografie und Text.

    (Text aus dem Programmheft zur Veranstaltungsreihe)


    Die ausleihbaren Werke von Bettina Flitner findet Ihr in unserem Online-Katalog.

    Hier auch eine Literaturliste zum Download oder Ausdruck als PDF [535 KB]

    Eine Auswahl Rezensionen und Gespräche über den Roman haben wir hier verlinkt:

    • Für die WDR-Sendung Tischgespräch sprach Andrea Burtz mit Bettina Flitner (ca. 49 Min.)
    • Im Deutschlandfunk sprach Maja Ellmenreich mit der Autorin (ca. 67 Min.)
    • Kristin Hunfeld und Maria Klindworth porträtierten Bettina Flitner für BremenZwei (ca. 38 Min.)
    • Zusammenfassungen von verschiedenen Rezensionen in überregionalen Medien findet Ihr beim Kulturmagazin Perlentaucher.

    Freitag, 14. Oktober, 20 Uhr
    Stadtbibliothek, Neumarkt 1
    Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr

    Moderation: Angelika Teller
    Musikalische Begleitung: Nils Rabente, Klavier
    Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 5,– €

    In Kooperation mit dem Verein der Freunde und Förderer der Stadtbibliothek Bielefeld, e.V.

    Zum Online-Ticketverkauf

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    Ulf Erdmann Ziegler: Eine andere Epoche

    Literaturtage Bielefeld 2022

    „Von der Wandelbarkeit des Erinnerns“

    „Ein grandios gelungener erhellender Roman, der dem Politischen ein Tiefenbewusstsein zu geben vermag und dem alltäglichen Menschsein seine politische Dimension erschließt.“  

    Jörg Magenau

    Der Roman "Eine andere Epoche" von Ulf Erdmann Ziegler liegt zusammn mit dem Programmheft der Literaturtage Bielefeld auf einem grau-silbernen Tuch

    Ulf Erdmann Ziegler hat mit „Eine andere Epoche“ seinen vierten Roman vorgelegt. Darin leuchtet er ganz unterschiedliche Ereignisse aus der jüngeren Vergangenheit der Bundesrepublik Deutschland aus. Im Herbst 2011 fliegt die rechtsextreme Zelle NSU auf, als das ausgebrannte Wohnmobil mit den beiden toten Terroristen entdeckt wird und in Zwickau das Haus des NSU-Trios brennt. Das andere Ereignis sind die Vorgänge um den damals amtierenden Bundespräsidenten Christian Wulff, in deren Folge dieser zurücktreten wird. Ziegler widmet sich der politischen und medialen Wahrnehmung dieser beiden Ereignisse, die den routinierten Politikbetrieb aus dem Alltagstrott reißen sollten. Und dann aber doch in ganz unterschiedlicher Weise von Medien und Politik aufgegriffen werden. 

    Eingebaut werden Erzählungen über Menschen, die ihre Jugend zum Teil gemeinsam in Schaumburg-Lippe verbracht haben und sich nun im Berliner Politikbetrieb wieder treffen. Was hat die Menschen in ihrer Biographie zu der Persönlichkeit gemacht, die sie in der aktuellen Lebensphase sind? In Berlin besetzen sie unterschiedliche Positionen und vertreten verschiedene politische Auffassungen: als Minister, Büroleiter und Abgeordneter. Der Roman nähert sich über diese Personen deren Alltag im Bundestag, entwickelt so intime Einblicke in deren Arbeit und Befindlichkeiten. Zudem gibt es vielfältige Verschränkungen mit dem privaten Alltag – jenseits des Machtzentrums und der Arbeit des Untersuchungsausschusses zum NSU. Nicht allein die Schauplätze verschwimmen: Es sind moralische Grundüberzeugungen, die ins Wanken geraten, wenn es um das Aufdecken von Behördenversagen in Bezug auf das jahrelange Morden des NSU geht. Ein Dialog aus dem Buch bringt es auf den Punkt: „Und es gibt keine Wahrheit?“ „Oh doch, eine Wahrheit gibt es, aber niemanden, der sie kennt.“

    Ulf Erdmann Ziegler (Jg. 1959) hat neben Neuerer Deutscher Literatur auch Visuelle Kommunikation studiert. In seinem Roman taucht diese Kompetenz immer wieder auf, wenn er wie mit unterschiedlichen Blenden die Tiefen oberflächlicher Phänomene ausleuchtet.

    (Text aus dem Programmheft zur Veranstaltungsreihe)


    Die Werke von Ulf Erdmann Ziegler und auch einiges über den Autor findet Ihr in unserem Online-Katalog.

    Hier auch eine Literaturliste zum Download oder Ausdruck als PDF [ca. 590 KB]

    Eine Auswahl Rezensionen und Gespräche über den aktuellen Roman haben wir hier verlinkt:

    • In der SZ-Süddeutsche Zeitung rezensiert Christoph Bartmann „Eine andere Epoche“ als Schlüsselroman über die Berliner politische Blase und die Bundes-SPD in der Opposition nach den Schröder-Jahren.
    • „Gar nicht langweilig“ findet Jörg Magenau den Politroman in seinem Beitrag für Deutschlandfunk Kultur (Text und Audio, ca. 7 Min.)
    • „Herausragend“ nennt Paul Jandl den Roman in der NZZ-Neue Züricher Zeitung.
    • Weitere Zusammenfassungen von Rezensionen in überregionalen Medien findet Ihr im Kulturmagazin Perlentaucher.

    Mittwoch, 12. Oktober, 20 Uhr
    Stadtbibliothek, Neumarkt 1
    Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr

    Moderation: Dr. Udo Witthaus
    Musikalische Begleitung: Reinhold Westerheide, Gitarre
    Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 5,– €

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    Norbert Scheuer: Mutabor

    Literaturtage Bielefeld 2022

    „Von der Wandelbarkeit des Erinnerns“

    Mutabor = Ich werde verwandelt werden

    Roman "Mutabor" von Norbert Scheuer auf einem silbergrauen Tuch zusammen mit dem Programmheft der Literaturtage Bielefeld 2022

    Die junge, elternlose Nina Plisson weiß nicht, was aus ihrer Mutter geworden ist, auch nicht, wer ihr Vater war. Wissen andere in ihrer kleinen Heimatstadt Kall mehr? Was wird ihr vorenthalten?

    Nachdem das vereinsamte und widerspenstige Mädchen lange Zeit große Schwierigkeiten hatte, Lesen und Schreiben zu erlernen, wird sie sich, angeleitet von der pensionierten Lehrerin Sophia Molitor, grundlegend verändern. Sie beginnt, Erinnerungen aus ihrer frühen Kindheit aufzuschreiben, vom Liebhaber ihrer verschollenen Mutter in der Gestalt eines schwarzen Storches, von der Reise mit Großvaters Opel Kapitän ins sagenhafte Byzanz, zum Palast der Störche, später dann von ihrer großen, zunächst vergeblichen Liebe zu Paul Arimond. Für Nina verwandelt sich das Urftland mehr und mehr in einen Ort voller Märchen und Mythen, wie sie auf den Bierdeckeln von Evros, dem griechischen Gastwirt, stehen. Immer näher kommt sie dem Geheimnis, das ihr all die Jahre beharrlich verschwiegen wurde. Einfühlsam und spannend erzählt Norbert Scheuer in seinem neuen Roman mit dem ihm eigenen poetischen Ton von der Suche einer einsamen jungen Frau nach ihrer Geschichte, nach Zugehörigkeit und Glück.

    Norbert Scheuer lebt als freier Schriftsteller in der Eifel. Er erhielt zahlreiche Literaturpreise und veröffentlichte zuletzt die Romane «Die Sprache der Vögel» (2015), der für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert war, «Am Grund des Universums » (2017) und «Winterbienen» (2019), das auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand, zum Bestseller sowie außerdem in viele Sprachen übersetzt wurde. Er erhielt dafür unter anderem den Wilhelm-Raabe-Preis 2019.

    (Text aus dem Programmheft zur Veranstaltungsreihe)


    Die Werke von Norbert Scheuer und auch einiges über den Autor findet Ihr in unserem Online-Katalog.

    Hier auch eine Literaturliste zum Download oder Ausdruck als PDF [657 KB]:

    Eine Auswahl Rezensionen und Gespräche über den Roman haben wir hier verlinkt:

    • Wolfgang Schneider hält den Roman für „eines von Scheuers eindringlichsten und schönsten Erzählwerken“: Audio und Text im SWR.
    • Jörg Magenau nennt das Buch: „ein zauberhafter, zauberischer Roman voller Poesie“; Text und Audio in Deutschlandfunk Kultur.
    • „In Kall in der Eifel spiegelt sich in Norbert Scheuers Romanen das ganze Universum“ – sagt Marie Schmidt in der SZ-Süddeutsche Zeitung.
    • Im Online-Kulturmagazin Perlentaucher finden sich noch Zusammenfassungen von weiteren Rezensionen.

    Montag, 10. Oktober, 20 Uhr
    Stadtbibliothek, Neumarkt 1
    Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr
    Moderation: Angelika Teller
    Musikalische Begleitung: Henning Rice, Klavier und Valentin Katter, Trompete und Gesang
    Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 5,– €

    Zum Online-Ticketverkauf

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