Haben Sie nächste Woche geschlossen?

Update: Wir bleiben auch im November offen! Wir bitten euch weiterhin, die geltenden Hygienemaßnahmen zu beachten und eure Aufenthalte bei uns zu reduzieren. Gemeinsam schaffen wir das!


Tja, das wissen wir selber noch nicht so genau. Für die Statistik führen wir jeden Tag Strichlisten, wie viele Auskünfte wir erteilt haben. Am Empfang haben wir die Strichliste heute Mittag mal aufgeteilt in „Auskünfte“ und „Haben Sie nächste Woche geschlossen?“. Weil uns letztere Frage überproportional häufig gestellt wird.

Gerne würden wir euch da schon eine klare Antwort geben, das ist ja schließlich eine berechtigte Frage. Explizit werden Bibliotheken in den neuen Vorgaben nicht erwähnt. An einer Stelle ist nur von „ähnlichen Einrichtungen“ die Rede. Daher müssen wir abwarten, welche Beschlüsse das Land und auch die Stadt Bielefeld treffen.

Wir hoffen, dass wir euch dann Anfang nächster Woche hier genauere Infos mitteilen können.

Bis dahin stricheln wir noch ein bisschen weiter auf unserer Liste. 🙂

Anna Katharina Hahn: Aus und davon

LITERATURTAGE BIELEFELD 2020
EINE ART VON WAHRHEIT

„Das Kind drückte sich dicht an die Mutter und bat um eine Geschichte“

Der Pfannekuchen klebt an der Küchendecke. Und dann rennt der viel zu dicke Enkelsohn auch noch weg, bleibt unerreichbar, während sich seine ältere pubertierende Schwester mit ihren Verehrern ungefragt in der Küche einnistet. Da ihre Mutter Hals über Kopf in den USA eine dringend benötigte „Auszeit“ nimmt und in der überseeischen Vergangenheit der Familie nach Erinnerungsresten sucht, übernimmt kurzerhand Oma-Eli die Familienregie, nicht ahnend, was sie, die früher problemlos das Reisebüro Geiger gemanagt hat, sich da eingebrockt hat. Da kommt die Frage auf, was stimmt eigentlich nicht mit der jungen Generation, die ständig digital kommuniziert, aber in der sie tragenden Wohlstandsfamilie nichts preisgibt?

Der Familienroman wird bei Anna Katharina Hahn zur Zeitanalyse. Es geht um Feminismus, Pietismus, Körper, Verantwortung, Annäherung und Abstoßung im Beziehungsnetz, um deutsche Auswanderer in den USA, Mobbing auf dem Schulhof und, erzählerisch ein Meisterstück, um eine über hundert Jahre alte Schmusepuppe namens Linsenmaier.

Anna Katharina Hahn, geboren 1970, stellt alle vier Jahre ihre neuen Romane, die stets zentrale „wunde Punkte“ der Gesellschaft thematisieren, bei unseren Literaturtagen Bielefeld vor, beginnend 2012 mit „Am Schwarzen Berg“. 2016 erschien „Das Kleid meiner Mutter“, die berührende Geschichte einer Studentin vor dem Hintergrund der massiven Wirtschaftskrise in Spanien. Mit „Aus und davon“ ist nun eine

„fabelhafte … Familiengeschichte zwischen Pietismus und Abgrund“

entstanden, lobt Hubert Winkels in der Wochenzeitung DIE ZEIT, leichthändig gelinge Anna Katharina Hahn

„die Balance von Tragik und Humor“.

Der Roman steht sowohl auf der SWR-Liste der qualitativ besten Belletristik-Neuerscheinungen, wie auch auf der SPIEGEL-Bestseller-Liste.


Die Katalogdaten zu den Werken von Anna Katharina Hahn im Bestand der Stadtbibliothek findet Ihr hier.
Das Literaturverzeichnis zur Lesung gibt es hier als PDF: AnnaKatharinaHahn

Der Roman wurde oft im Feuilleton besprochen, einige Rezensionen haben wir verlinkt:

        • Stephan Wackwitz von der TAZ entdeckt in dem Roman das kleinbürgerliche „Stuttgart, wie es wirklich ist“: hier.
        • Patrick Bahners von der FAZ ist angetan von den überzeugenden Bildern, die die Autorin in dem Roman einer schwäbisch-pietistischen Familiengeschichte findet: hier.
        • Paul Jandl (NZZ) empfiehlt den Roman sogar den Leser:innen in 100 Jahren noch, wenn die wissen wollen, wie deutsches Familienleben heute ausgesehen hat – ein Generationenroman, tragikomisch und mit großartiger Detailschärfe erzählt: hier.
        • Die begeisterte Buchkritik von Maike Albath kann man auch im Podcast hören beim Deutschlandfunk Kultur: hier.
        • Für das Goethe-Institut besprach Marit Borcherding den Roman hier.

Beim Deutschlandfunk Kultur kann man auch ein Gespräch mit der Autorin über ihren neuen Roman nachhören: mit Joachim Scholl in der Sendung Lesart hier.
Judith Heitkamp hat Anna Katharina Hahn für den Bayerischer Rundfunk befragt: hier.

Freitag, 30. Oktober, 20 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr
Moderation: Klaus-Georg Loest
Musikalische Begleitung: Thomas Schweitzer, Saxophon
Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 2,– €

Die Lesung ist bereits ausverkauft.
Wenn Ihr den Livestream buchen wollt: Hier entlang, bitte – LIVESTREAM

Anne Weber: Annette, ein Heldinnenepos

LITERATURTAGE BIELEFELD 2020
EINE ART VON WAHRHEIT

„Was treibt sie an?“ – „Es ist der Reiz des Unvorhersehbaren.“

Annette kämpft eigentlich nicht für ein Land, sondern „für Ideen, Gleichheit und Selbstbestimmung“, für Algerien. Das große Ziel ist die Unabhängigkeit des Landes von Frankreich. Sie schließt sich der Nationalen Befreiungsfront FLN an, wird in der Heimat zu zehn Jahren Haft verurteilt, flieht und wird schließlich Mitglied der ersten unabhängigen Regierung unter Ben Bella. Sie will soziale Gerechtigkeit, träumt vom Glück und fragt sich voller Bitterkeit, ob die Elite von Franzosen durch die Elite von Algeriern ersetzt wird. Die Erkenntnis: Auch beim FLN wird gefoltert. Es wird nicht nur um Unabhängigkeit gekämpft, sondern auch um Macht.

„Ja, es gibt sie“

Die Heldin des Epos von Anne Weber lebt im Süden Frankreichs ist Neurophysiologin und 96 Jahre alt. Schon während des Zweiten Weltkriegs war sie Mitglied der kommunistischen Partei und kämpfte in der Résistance im Untergrund gegen die deutschen Besatzer. So auch die fiktive Annette im Epos. Ist sie Heldin oder Terroristin? Oder beides? Als sie flüchtet, muss sie ihre Familie, ihre drei Kinder zurücklassen. Sie kämpft für den Sozialismus, für ein brüderliches Land. Hatte sie das Recht so zu handeln oder war zumindest die Gerechtigkeit auf ihrer Seite?

NDR Kultur bilanziert in der Rezension des Buches von Anne Weber:

„Annette schöpft ihre Kraft aus ihrer Naivität. Sie glaubt daran, dass ein gutes und gerechtes Zusammenleben möglich ist.“

Und wird zum modernen weiblichen Helden eines ungewöhnlichen Epos.

Am 12. Oktober erhielt Anne Weber für ihr Romanepos den Deutschen Buchpreis 2020.


Die Katalogdaten zu den Büchern von Anne Weber im Bestand der Stadtbibliothek findet Ihr hier.
Das Literaturverzeichnis zur Lesung gibt es hier als PDF: AnneWeber

Hier im Blog hat meine Kollegin das Buch schon Anfang September vorgestellt und empfohlen: hier.
Das Epos wurde oft im Feuilleton besprochen, nur einige Rezensionen haben wir verlinkt:

Dorothea Westphal spricht auf dem Blauen Sofa mit der Buchpreisgewinnerin über ihr Buch: in der ZDF-Mediathek (ca. 14 Min.)

Donnerstag, 29. Oktober, 20 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr
Moderation: Solveig Münstermann
Musikalische Begleitung: Anna Suzuki, Gesang und Flügel
Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 2,– €

In Kooperation mit dem Verein der Freunde und Förderer der Stadtbibliothek Bielefeld, e.V.

Die Lesung ist bereits ausverkauft. Aber …
Jaaaa, es gibt jetzt doch einen Livestream. Wenn Ihr den buchen wollt: Hier entlang, bitte – LIVESTREAM

Iris Wolff: Die Unschärfe der Welt

LITERATURTAGE BIELEFELD 2020
EINE ART VON WAHRHEIT

Roman "Die Unschärfe der Welt" von Iris WolffIn diesem Roman verbinden sich die Lebenswege von sieben Personen aus vier Generationen, die sich trotz Schicksalsschlägen und räumlichen Distanzen unaufhörlich aufeinander zu bewegen. So entsteht vor dem Hintergrund des zusammenbrechenden Ostblocks und der wechselvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts ein Roman über Verlust und Neuanfang, Freundschaft und Liebe und das, was wir bereit sind für das Glück eines anderen aufzugeben. Bindeglied ist Samuel, der Ende der 60er Jahre in einem Banater Dorf in Rumänien aufwächst. Am Anfang macht sich seine hochschwangere Mutter mit einem Schlittenwagen auf den Weg ins nächste Krankenhaus. Am Schluss erlebt seine Tochter in Baden-Württemberg ihre ersten Liebeswirren. Dazwischen liegen Flucht, Rückkehr in die Heimat und erneuter Aufbruch. Jede Perspektive bietet einen neuen Blick auf Samuel.

Kunstvoll und höchst präzise lotet Iris Wolff die Möglichkeiten und Grenzen von Sprache und Erinnerung aus und von jenen Bildern, die sich andere von uns machen.

„Selbst 100 Fernsehsendungen über die Geschichte Siebenbürgens und Europas im 20. und 21. Jahrhundert können nicht das leisten, was die interkulturelle Literatur von Iris Wolff, was ihr dichterischer, spielerischer und bezaubernder Umgang mit Sprache, was ihr genauer, vertrauter, liebender Blick, ihr Sprachrhythmus, ihre so poetische wie präzise Sprache vermögen.“

So Laudator Klaus Hübner vom Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas der Ludwig-Maximilians-Universität München anlässlich der Verleihung des Marieluise-Fleißer-Preises 2019.

Iris Wolff, geboren in Siebenbürgen, lebt in Freiburg im Breisgau. Sie wurde für ihre Romane bereits mehrfach ausgezeichnet und ist Mitglied im internationalen Exil-PEN. „Die Unschärfe der Welt“ steht auf der Longlist der nominierten Titel zum Deutschen Bücherpreis 2020.

(Text aus dem Programmheft zur Veranstaltungsreihe)


Die Katalogdaten zu den Werken von Iris Wolff im Bestand der Stadtbibliothek findet Ihr hier.
Das Literaturverzeichnis zur Lesung gibt es hier als PDF: IrisWolff

Der Roman wurde oft im Feuilleton besprochen, einige Rezensionen haben wir verlinkt:

        • Carsten Hueck im Deutschlandfunk Kultur lobt das Buch als einen intimen, tiefernsten und enorm sinnlichen Roman: hier der ganze Beitrag auch zum Hören.
        • Im WDR 2 gibt Denis Scheck den Buchtipp: „ein schmales Buch, aber doch eines mit Kraft“, kann man hier hören.
        • In der Frankfurter Rundschau rezensiert Cornelia Geißler: „anrührend und aufwühlend“, der ganze Text hier.
        • In der FAZ lobt Andreas Platthaus Autorin und Roman: hier.
        • Und in der Süddeutschen Zeitung nennt Meike Feßmann den Roman ein „Zauberkunststück der Imagination“: hier.

Ein Radio-Interview mit der Autorin findet Ihr z. B. bei SWR 2 (ca. 7 Min.)
Die website von Iris Wolff findet Ihr hier.

Dienstag, 27. Oktober, 20 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr
Moderation: Angelika Teller
Musikalische Begleitung: Nils Rabente, Flügel, Elmar Lappe, Schlagzeug, und Kevin Hemkemeier, Bass
Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 2,– €

Die Lesung ist bereits ausverkauft.
Wenn Ihr den Livestream buchen wollt: Hier entlang, bitte – LIVESTREAM

Buchtipp – Iris Wolff: Leuchtende Schatten

„Es war das Unausgesprochene, das mich beschäftigte, etwas war zwischen uns nie in Worte gefasst worden.“

Aber Iris Wolff vermag in Worte zu fassen. Sie breitet in wunderbar zarten Bildern eine verlorene Welt vor uns aus: die Welt einer abrupt endenden Kindheit, die Welt einer (noch) intakten Großfamilie und einer tiefen Mädchenfreundschaft – überschattet von einem Geheimnis – , nicht zuletzt die Welt einer ersten Liebe. Und die Welt einer untergehenden Kultur, einer Landschaft und einer Heimat. Der Roman spielt in Siebenbürgen, überwiegend in Hermannstadt, in den Jahren 1943/44; er endet kurz nach dem Frontwechsel Rumäniens 1944. Alles bleibt grüner, harmonischer und schöner in der Erinnerung, als es wohl je war – alles wird durch Ideologie und Krieg zerstört, durch Hass zerrissen, durch Flucht und Vertreibung verloren sein.

„Unsere Begegnung schließt die Erinnerung an die letzten Jahre ein, in denen es uns als Großfamilie gab.“

Roman "Leuchtende Schatten" von Iris Wolff auf den Knien der LeserinIris Wolff lässt die Geschichte von Ella erzählen. Offensichtlich aus großer zeitlicher Distanz blickt sie zurück auf diese prägenden Monate ihrer Jugendzeit, Monate eines unaufhaltsamen Wandels – und Verlustes. Es beginnt mit einem Unfall und einer Rettung, aus der eine ungewöhnliche Mädchenfreundschaft erwächst, ungewöhnlich wegen der Seelenverwandtschaft, die Ella gleich auf den ersten Blick spürt, und weil die beiden Mädchen aus ganz unterschiedlichen Gesellschaftsklassen und sozialen Verhältnissen kommen. Die Zeit mit Harriet bleibt Ella so klar in Erinnerung, Iris Wolff lässt sie detailliert erzählen. Sie beschreibt sehr genau und lebendig die Natur, das Zusammenleben, die einzelnen Personen, vor allem die Gefühle der Teenager.

„Unsere Geschichte wurde nie zu Ende erzählt, doch wenn ich die Augen schließe, sehe ich die Bilder unserer Freundschaft vor mir. Sie haben auch über die Zeit nichts von ihrer Klarheit und Intensität verloren. Sie tauchen auf, verlieren ihre Formen, fügen sich neu zusammen, wandern mit dem Lidschlag, doch sie verflüchtigen sich nicht.“

Das Zeitgeschehen bleibt anfangs noch im Hintergrund, aber immer gegenwärtig: Der Krieg rückt näher, bestimmt mehr und mehr den Alltag. Erst sind es die Aufmärsche und die Freiwilligen, die Ängste und Sorgen der Mütter, die ersten Verlustmeldungen in der Nachbarschaft.

Das Geheimnis, das die beste Freundin umgibt, die bereits ihre Mutter verloren hat, vermag Ella nicht auf den großen Verlust in ihrem Leben vorzubereiten: Alles ist mit einem Schlag anders. Das bisher so beständige und vertraute Umfeld verwandelt sich nicht nur im politischen Umbruch, sondern auch im Privaten. Die Trauer wird bleiben und alles überschatten – nur die Erinnerung bringt alles zum Leuchten.

Iris Wolff findet Metaphern, die ihren Beschreibungen diese Leuchtkraft und poetische Leichtigkeit geben. Sehr berührt haben mich zum einen die weiblichen Charaktere in diesem Roman, die beiden Mädchen sowie Ellas Mutter und ihre Großmutter; zum anderen diese intensive Trauer am Ende des Buches.

„Jener dunklen, verborgenen Stelle, der nie zu begreifenden Sinnlosigkeit des Verlusts, …“

ist dieser Roman gewidmet, so scheint mir.

(Alle Zitate sind von der letzten Seite des Romans)

Roman "Die Unschärfe der Welt" von Iris WolffIris Wolffs neuer Roman „Die Unschärfe der Welt“ ist übrigens hauptsächlich in der Nachbarregion Banat angesiedelt. Ich bin gespannt auf die Lesung und das Gespräch mit der Autorin am 27. Oktober im Rahmen der Literaturtage Bielefeld 2020. „Leuchtende Schatten“ habe ich gelesen, weil der neue Roman erst Ende August erschienen ist – kurz nachdem er schon auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis genannt wurde. Meine Kollegin, die „Die Unschärfe der Welt“ bereits vorab gelesen hat, ist jedenfalls begeistert.

Katalogdaten zu „Leuchtende Schatten“ und zu allen Werken der Autorin in unserem Bibliotheksbestand.

Übrigens gibt es in der WDR-Mediathek in der Reihe „Wunderschön!“ eine Folge „Geheimnisvolles Siebenbürgen – Reise in eine andere Zeit“, der Film widmet sich in fast 90 Minuten dem heutigen Siebenbürgen und zeigt auch einige Bilder aus Hermannstadt. Wer sich also ein bisschen auf diese Landschaft und Kulturregion einstimmen will – hier entlang, bitte.

HilDa

Heinrich Steinfest: Der Chauffeur

LITERATURTAGE BIELEFELD 2020
EINE ART VON WAHRHEIT

Roman "Der Chauffeur" von Heinrich SteinfestIn der Welt des Chauffeurs Paul Klee herrschen Übersicht und Präzision. Aber das Leben hält keine Garantie für unendliche Ordnung bereit. Nach einem Autounfall und einer schweren Fehlentscheidung beschließt er, ein Hotel ganz nach seinen Vorstellungen zu führen. Und das Glück will es, dass er sich in die Maklerin Inoue verliebt. Also planen sie das Haus gemeinsam, von den Zimmern bis zum Frühstück. Aber Klees ideale Welt zerbricht ein zweites Mal.

„Der Chauffeur“ ist Heinrich Steinfests intensivster Roman und die Geschichte eines Mannes, den die Liebe und der Tod einmal zu oft behelligen.

Denis Scheck sagt über ihn:

„Heinrich Steinfest unterhält nicht nur, er öffnet einem buchstäblich die Augen für – ein großes Wort – die Vielfalt der Schöpfung.“

Der Österreicher wurde in Australien geboren, wuchs in Wien auf und lebt heute als freischaffender Künstler in Stuttgart. Das sind die geographischen Lebensstationen des erklärten Nesthockers Heinrich Steinfest. Er ist der Schöpfer des einarmigen Detektivs Cheng und wurde dafür mehrfach mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet. Zudem war er zweimal für den Deutschen Buchpreis nominiert: 2006 mit „Ein dickes Fell“; 2014 mit „Der Allesforscher“. Über seinen letzten Roman „Die Büglerin“ geriet das Feuilleton ins Schwärmen.

„Ich meine, das Leben ist unglaublich zerbrechlich und das macht mich auch ein bisschen wütend auf das Leben.“ (Heinrich Steinfest)

(Text aus dem Programmheft zur Veranstaltungsreihe)


Die Katalogdaten zu den Werken von Heinrich Steinfest im Bestand der Stadtbibliothek findet Ihr hier.
Das Literaturverzeichnis zur Lesung gibt es hier als PDF: HeinrichSteinfest

In der 3Sat-Buchzeit wurde der Roman in einem kurzen Film (ca. 3 Min.) vorgestellt.
Christine Westermann schwärmt geradezu in ihrer Kurzrezension bei WDR 5.
Peter Pisa verrät in seiner Rezension im Österreichischen Kurier „nur so am Rande“ fast schon zu viel, darum ein Spoileralarm hierfür.

Mittwoch, 21. Oktober, 20 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr
Moderation: Angelika Teller
Musikalische Begleitung: Henning Rice, Flügel, und Ismail Özgentürk, Saxophon
Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 2,– €

Die Lesung ist bereits ausverkauft.
Wenn Ihr den Livestream buchen wollt: Hier entlang, bitte – LIVESTREAM

Dream it, Make it, Share it: MAKE OWL Goes China!

Stadtbibliothek Bielefeld, city2science und internationale Schüler*innen der Luisenschule Bielefeld produzieren Videos für die Tinker Faire Beijing 2020

„Maker“ sind kreative Selbermacher aller Generationen. Das Projekt „MAKE OWL“ bringt sie zusammen – über Workshops, MakerMeetUps, Maker Festivals und Makerthons in der gesamten Region Ostwestfalen-Lippe. Die Maker-Aktivitäten in Ostwestfalen finden immer häufiger auch internationale Anerkennung: Nach einer Präsentation auf der ersten globalen Maker Faire erhielt Dr. Annette Klinkert vom Büro city2science im August 2020 eine Einladung aus China, ausgewählte Maker-Projekte für Kinder auf der sog. „Tinker Faire“ in Peking zu präsentieren. Aufgrund der Corona Pandemie konnte leider kein persönlicher Besuch eines „Maker-Teams“ in China organisiert werden. Stattdessen produzierte ein engagiertes Team der Stadtbibliothek Bielefeld gemeinsam mit city2science und dem Filmemacher Mike Dennis Müller zwei Videos mit Schüler*innen der Luisenschule Bielefeld.

Im offenen „Makerspace“ der Stadtbibliothek Bielefeld bauten 14 Kinder im Alter zwischen 10 und 12 Jahren am 23. September zunächst fahrende „Brushbots“ – mobile Mini-Roboter aus Spülbürsten, Pfeifenputzern und kleinen Motoren. Danach durften die Schüler*innen echte „Laserschwerter“ basteln – aus Schaumstoffröhren mit funkelnden LEDs als Innenleben. Angeleitet wurden sie durch Kayhan Karakas, der neben dem beliebten Makerspace auch den erfolgreichen Gamerspace in der Stadtbibliothek Bielefeld betreut.

„Tinkering“ steht international für kreatives Basteln mit technischen Materialien. Die „Tinker Faire“ ist ein Erfinderfestival in Peking, das Anfang Oktober Tausende Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern einlädt, kreativ zu werden und über Mitmachangebote neue Zugänge zu Technik und Naturwissenschaften zu erleben. Veranstalter des Events ist das „China Soong Ching Ling Science & Culture Center for Young People“.

Die Schüler*innen stammten aus der internationalen Sprachklasse 1 der Luisenschule Bielefeld. In dieser Klasse lernen die Kinder die deutsche Sprache kennen, während sie parallel die Regelklassen der Schule besuchen. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin Wiebke Horn nehmen die Schüler*innen einmal in der Woche am Projekt „Meine Sprache – Deine Sprache“ der Stadtbibliothek Bielefeld teil.  Mit dabei waren Kinder aus Griechenland, Italien, Spanien, Kroatien, Indien, Türkei, Libanon und Irak.

Im „Makerspace“ wird die Stadtbibliothek Bielefeld zum Labor und zur Werkstatt. Neben den Büchern entstand am Neumarkt ein kreativer Lernraum, in dem Mitmachen und Ausprobieren im Vordergrund stehen.  Neben der Vermittlung von Informations und Medienkompetenz bietet der Makerspace einen Beitrag zur digitalen Bildung, aber auch zum Spracherwerb – wie im Projekt „Meine Sprache – Deine Sprache“.

Dr. Annette Klinkert, city2science

Jackie Thomae: Brüder

LITERATURTAGE BIELEFELD 2020
EINE ART VON WAHRHEIT

„Er war allein auf der Welt, aber nicht entwurzelt. Ein nicht unerheblicher Teil seiner Energie floss in die Überzeugung, sein Leben wäre perfekt.“

Jackie Thomaes Roman „Brüder“ handelt von zwei gleichaltrigen Männern, Mick und Gabriel, die denselben Vater haben, aber lange nichts voneinander wissen. Ihre Geschichten, die zwischen 1985 und 2005 spielen, werden in zwei Teilen getrennt erzählt.

Der Vater, aus dem Senegal stammend, hat 1970 in der DDR Medizin studiert und in Berlin und Leipzig jeweils eine Frau mit einem kleinen Jungen hinterlassen. Beide Jungen wachsen in der DDR auf, ihren Vater kennen sie nur von Fotos, beide haben zwar beinahe die gleichen Voraussetzungen – allein erziehende Mutter, dunkle Hautfarbe – und schlagen doch völlig unterschiedliche Lebenswege ein, die sie bis nach London, Paris und Südamerika führen. Beide müssen sich eine gewisse Lässigkeit mit ihrer Herkunft und nicht-weißen Identität erst erarbeiten und sind gezwungen, sich im Laufe der Jahre als Persönlichkeiten zu erfinden.

In ihrem Roman fragt die 1972 in Halle an der Saale geborene Autorin danach, wie wir zu den Menschen werden, die wir sind, und macht auf kluge Weise deutlich, wie schwierig es sein kann, Fremdzuschreibungen zu überwinden und zum Herren über die eigene Biografie zu werden. Mit ihrem Roman „Brüder“ stand Jackie Thomae auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2019. Für seine „mit Leichtigkeit“ aufgegriffenen Fragen erhält sie 2020 den Düsseldorfer Literaturpreis.

(Text aus dem Programmheft zur Veranstaltungsreihe)


Die Katalogdaten zu den Werken von Jackie Thomae im Bestand der Stadtbibliothek findet Ihr hier.
Das Literaturverzeichnis zur Lesung gibt es hier als PDF: JackieThomae

Der Roman wurde oft im Feuilleton besprochen, einige Rezensionen haben wir verlinkt:

René Aguigah interviewte die Autorin auf dem Blauen Sofa der Frankfurter Buchmesse 2019 für den Deutschlandfunk Kultur: Interview (ca. 30 Min.)

Donnerstag, 15. Oktober, 20 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr
Moderation: Dr. Maria Kublitz-Kramer
Musikalische Begleitung: Henning Rice, Flügel und Valentin Katter, Trompete und Gesang
Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 2,– €

In Kooperation mit der Literarischen Gesellschaft OWL.

Die Lesung ist bereits ausverkauft.
Wenn Ihr den Livestream buchen wollt: Hier entlang, bitte – LIVESTREAM

Über Paul Celan, 100. Geburtstag

Literaturtage Bielefeld 2020
Eine Art von Wahrheit

Niemand knetet uns wieder aus Erde und Lehm,
niemand bespricht unseren Staub.
Niemand.

Paul Celan: Niemandsrose (1. Strophe)

Prof. Dr. Kai Kauffmann (Universität Bielefeld) lädt Prof. Dr. Dieter Burdorf (Universität Leipzig) zum Gespräch.

Drei Bücher über Paul CelanPaul Celan würde am 23. November 100 Jahre alt und vor 50 Jahre wurde seine Leiche in der Seine gefunden.
Zeit zum Erinnern an diesen großen Dichter. Als einziger Sohn deutschsprachiger, jüdischer Eltern im damals rumänischen Czernowitz geboren, die in den 40er Jahren durch das nationalsozialistische Regime ermordet wurden. Er hieß ursprünglich Paul Antschel, später rumänisiert Ancel, woraus das Anagramm Celan entstand, wie Wikipedia weiß. Ab 1948 lebte er in Paris.

Die „Todesfuge“ ist sein bekanntestes Gedicht, entstanden 1944/45, später auf Deutsch in seiner Gedichtsammlung „Der Sand aus den Urnen“ in Wien veröffentlicht und 1952 in Niendorf an der Ostsee der Gruppe 47 vorgetragen, wo der Text laut Heinrich Böll „auf die peinlichste Weise missverstanden“ wurde. Heute wird es in zahlreichen Anthologien und Schulbüchern abgedruckt, auf Gedenkfeiern zitiert und vielfach adaptiert. Hier gilt, wie für weite Bereiche seines Werkes, dass die Publikations- und die Rezeptionsgeschichte komplex ist und die Dechiffrierung keinesfalls auf der Hand liegt.

Genug Anlass für ein öffentliches Gespräch.
Kai Kauffmann, Professor für „Germanistische Literaturwissenschaft“ an der Universität Bielefeld, hat den ausgewiesenen Kenner Prof. Dr. Dieter Burdorf, Universität Leipzig, dazu eingeladen. Burdorf ist Herausgeber des Bandes „Im Geheimnis der Begegnung: Ingeborg Bachmann und Paul Celan“ und Verfasser einer „Einführung in die Gedichtanalyse“, die bereits in der dritten Auflage vorliegt.

Mit Rezitationen von kurzen Auszügen aus Celans Werk.


Eine Literaturliste mit zumeist neuen Büchern über Paul Celan und sein Werk gibt es als PDF: PaulCelan

Donnerstag, 8. Oktober, 20 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr
Musikalische Begleitung: Djamilija Keberlinskaja-Wehmeyer (Hochschule für Musik, Detmold) am Flügel mit Textrezitationen
Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 2,– €

In Kooperation mit der Literarischen Gesellschaft OWL.

Lutz Seiler: Stern 111

Literaturtage Bielefeld 2020
Eine Art von Wahrheit

„Ich bin achtundzwanzig, und es ist so gut wie nichts geschehen.“ (Rainer Maria Rilke)

Lutz Seiler wurde zunächst als Lyriker bekannt. Seine literarischen Anfänge fallen in die Zeit kurz nach dem Mauerfall. Jene Zeit, in der sein zweiter Roman „Stern 111“ spielt. Dafür erhielt er den diesjährigen Preis der Leipziger Buchmesse. Sein Vorgängerroman „Kruso“ aus dem Jahr 2014 wurde mit dem Deutschen Buchpreis prämiert, auf Theaterbühnen gespielt und verfilmt. Die beiden Geschichten weisen Ähnlichkeiten auf und sind eng miteinander verbunden.

Roman "Stern 111" mit Programmheft Literaturtage 2020Stern 111 ist der Name eines im VEB Stern-Radio-Berlin gebauten Kofferradios. Und dieses Medium war für viele Jugendliche ein Tor zur Welt. Man empfing, je nach Wohnort in der DDR, denn nicht überall gab es „Westempfang“, Radio Luxemburg, AFN, Rias.

Carl Bischoff heißt der junge Mann, der am 10. November 1989 ein Telegramm seiner Eltern erhält, er möge dringend nach Hause, nach Thüringen kommen. Sie überraschen ihn mit der Mitteilung, dass sie in den Westen gehen wollen, bevor sich die Grenzen vielleicht wieder schließen. Das Mantra der Eltern: „Ab Gießen getrennt!“ Carl sollte in der elterlichen Wohnung die Stellung halten. Aber nach beklemmenden Wochen dort, flieht er. Er fährt mit dem Shiguli seines Vaters, einem sowjetischen Fiat-Nachbau, nach Berlin, dem Epizentrum der Veränderungen. Dieses Auto entwickelt sich zu einer wichtigen Nebenfigur des Romans.

Berlin-Mitte, Prenzlauer Berg, Kollwitz-Platz, 1989 –  das sind die Koordinaten. Carl, der jetzt Shigulimann genannt wird, gerät in die Ostberliner Hausbesetzer-Szene und ist Teil der Untergrund-Kneipe „Assel“, fühlt sich als Dichter und trifft seine Jugendliebe Effi wieder. Lutz Seiler entwirft ein schillerndes Panorama dieser ersten anarchischen Zeit nach dem Mauerfall.

Und en passant wird uns die Geschichte seiner Eltern erzählt. Über Notaufnahmelager und Durchgangswohnheime folgen sie einem lang gehegten Traum, von dem auch Carl nichts weiß.

„Der Roman fällt heraus aus allem, was bisher zu lesen war, weil Lutz Seiler nostalgiefrei etwas erzählt, was so bislang weder als Literatur noch als offizielle Geschichtsschreibung, sondern nur als mündliche Erinnerung existiert hat.“ (Christoph Schröder vom Deutschlandradio Kultur über Seilers Roman)

(Text aus dem Programmheft zur Veranstaltungsreihe)


Die Katalogdaten zu den Werken von Lutz Seiler im Bestand der Stadtbibliothek findet Ihr hier.
Das Literaturverzeichnis zur Lesung gibt es hier als PDF: LutzSeiler

Der Roman wurde oft im Feuilleton besprochen, einige Rezensionen haben wir verlinkt:

Jana Hensel führte für die Reihe „Suhrkamp DISKURS“ ein Gespräch mit Lutz Seiler über seinen Roman: Interview (ca. 25 Min.)

Auf der Internetseite von Lutz Seiler findet Ihr weitere Informationen über Leben und Werk, aktuelle Termine, Texte aus der Werkstatt u.v.m.

Mittwoch, 7. Oktober, 20 Uhr
Stadtbibliothek, Neumarkt 1
Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.00 Uhr
Moderation: Angelika Teller
Musikalische Begleitung: Valentin Katter, Gesang und Trompete; Leon Brames, Schlagzeug; Milan Böse, Bass
Eintrittspreis: 10,– €, ermäßigt 6,– €, Livestream 2,– €

In Kooperation mit dem Verein der Freunde und Förderer der Stadtbibliothek Bielefeld, e.V.

Die Lesung ist bereits ausverkauft.
Wenn Ihr den Livestream buchen wollt: Hier entlang, bitte – LIVESTREAM