Stippvisite nach nebenan: Stadtbibliothek Paderborn

Es ist gute alte Tradition: Wenn Bibliotheksmitarbeiterinnen irgendwo im Urlaub sind, besuchen sie die örtliche Bibliothek! Nun, ich war nicht sehr exotisch unterwegs, ich war in Paderborn – meine Heimatstadt. Eigentlich erstaunlich, ja, unverzeihlich, dass ich hier nicht schon früher mal über die Paderborner Stadtbibliothek geschrieben habe, schließlich ist sie Bibliothek des Jahres 2021 (ein Zeitungsbericht hier)!

Ich erinnere mich noch gut an das Gebäude der alten Domdechanei, als es nur eine Ruine war. Einmal stand die stählerne Baustellentür offen und ich konnte einen Blick ins Innere werfen: ein großer, über mehrere Stockwerke entkernter Raum, dunkel und verrußt; irgendjemand erzählte, da würden Ratten hausen. Und Gespenster. Brrr, der Bau war der kleinen HilDa unheimlich.

Doch dann wurde renoviert und hinter die barocke Fassade zog eine moderne Stadtbibliothek mit ungewöhnlich offenem Raumkonzept. Endlich hatte auch Paderborn eine Stadtbibliothek, das war Ende der 70er. Bis dahin gab es ein katholisches Medienzentrum, durchaus auch gut, aber mit anderer Funktion (das Medienzentrum gibt es übrigens immer noch; davon vielleicht ein anderes Mal mehr, ich bin ja öfter in Paderborn 😉 ).

Die Vorderseite eines barocken Gebäudes, weiß verputzt und mit Sandsteinumfassungen um Fenster und Eingangstür; über der Tür ein Wappen

Anfang 1984 durfte ich die Stadtbibliothek in einem sechswöchigen Praktikum während meines Studiums näher kennenlernen – nach einem ersten Semester, bei dem mir doch Zweifel an meiner Berufswahl gekommen waren. Das Praktikum half mir aber und überzeugte mich: Ja, ich wollte Bibliothekarin werden und dann in genau so einer Öffentlichen Bibliothek und vor allem in so einem tollen Team arbeiten. (Nun, mein Wunsch hat sich erfüllt, allerdings einige Kilometer entfernt in einer anderen Stadt namens Bielefeld – aber das ist eine andere Geschichte.☺️)

Seitdem ist schon wieder viel Zeit vergangen, die Bibliothek hat sich verändert, erhielt zusätzliche Räumlichkeiten, übernahm neue Aufgaben und erweiterte ihre Angebote und den Service. Vor einiger Zeit wurde auch die Zentralbibliothek erneut umgebaut, ein neues Raumkonzept und neue Inneneinrichtung. Auch das Bibliotheksteam hat sich natürlich verändert in den letzten fast 40 Jahren, aber offensichtlich ist es noch immer großartig – anders kann man nicht Bibliothek des Jahres werden!

Ein Gewässer im Vordergrund, dahinter eine Bruchsteinmauer, efeubewachsene Bäume ohne Laub. Durch die Bäume sieht man die barocke Fassade eines zweigeschossigen Gebäudes. Im Hintergrund der markante Turm des Paderborner Doms.

Wenn Ihr also mal Paderborn besucht, empfehle ich auch einen Besuch in und um die Zentralbibliothek. Die liegt sowieso mitten im Zentrum der Altstadt, im Schatten von Dom und Kaiserpfalz, umrahmt von einigen Paderarmen und deren Quelltöpfen. Eine der schönsten Ecken von Paderborn: direkt nebenan die Fachwerkhäuser an der Dielenpader und der Geißelsche Garten als kleines Inselwäldchen mitten in der Stadt. Das schönste Fachwerkhausensemble Paderborns ist nur eine Straße weiter: das Adam-und-Eva-Haus, daneben der „Erzengel“, gegenüber das Deelenhaus (ein Kultur- und Veranstaltungsraum mit besonderer Atmosphäre). Leider sieht das Adam-und-Eva-Haus zurzeit so aus:

Gerüst mit Plane verhüllt komplett eine Hausfassade

Aber die gute Nachricht – und da sind wir wieder bei der Stadtbibliothek – nach Restaurierung und Umbau wird hier eine neue Zweigstelle eröffnet. Nur wenige Schritte neben der Zentrale? Ungewöhnlich. Aber das denkmalgeschützte Dechanei-Gebäude kann nun mal nicht einfach erweitert werden – doch die Stadtbibliothek erweitert ihre Angebote. Zu den Plänen und dem neuen Konzept findet Ihr hier etwas.

Ganz egal, ob Ihr Euch für die Bibliothek und ihren Service interessiert, für die restaurierten Gebäude oder die Innenarchitektur oder ob Ihr „nur“ die Altstadt und die schönen Ecken von Paderborn erkunden wollt, das alles ist jedenfalls sehenswert. Wenn Ihr Gelegenheit habt, schaut mal rein. Zurzeit entsteht da noch mehr Neues und Interessantes. Nun, Stillstand gibt es für eine Bibliothek des Jahres natürlich nicht.

Falls jetzt jemand den Eindruck haben sollte, dass ich stolz auf die preisgekrönte Stadtbibliothek meiner Heimatstadt bin – ja, stimmt, isso. Der Preis ist verdient! Noch mal Gratulation an die Kolleginnen und Kollegen in Paderborn.🏆

HilDa

Buchtipp: „Tagebuch eines Buchhändlers“ von Shaun Bythell

Kuriose Mitarbeiter, unverschämte Kunden, Wasserrohrbrüche, verschwundene Kater, Buchfestivals – Shaun Bythell hat so einiges aus seiner Buchhandlung zu berichten. Die trägt den zwar nicht kreativsten aber bestimmt treffendsten Namen: The Bookshop. Also Die Buchhandlung.

Seine Buchhandlung für gebrauchte Bücher befindet sich in der schottischen Stadt Wigtwon, auch bekannt als „Scotlands National Book Town“. Neben Shauns Buchhandlung gibt es dort noch viele weitere und ein jährliches Buchfestival. The Bookshop ist die größte Secondhand Buchhandlung in Schottland.

In seinem Tagebuch berichtet er für ein Jahr aus seinem Arbeitsalltag. Er erzählt von den Menschen, die ihm Bücher verkaufen wollen und aus welchen Beweggründen sie das tun. Wir lernen seine etwas kuriose Mitarbeiterin Nicci kennen, die gerne mal Shauns Ordnung der Bücher durcheinander bringt. Immer wieder gibt es auch neue und ehemalige Mitarbeiterinnen oder Praktikanten, die durch Shauns Buchhandlung streifen. Und natürlich die Kunden. Arbeit mit Menschen ist etwas echt tolles, zumindest mache ich das bei uns in der Bibliothek sehr gerne. Aber: es gibt halt auch diese Leute, die es einfach drauf haben, einem den Tag zu vermiesen. Man sollte das gar nicht so an sich ran lassen. Den ganzen Tag hatte man nur Kontakt zu netten Menschen und dann kommt ein Miesepeter, und das ist der einzige, an den man sich erinnert. Shaun beschreibt diese Leute mit sehr trockenem Humor (der sich eh durch das ganze Buch zieht) und man kann sich nur mit ihm über Kunden amüsieren, die um jeden Euro feilschen, Bücher aus Regalen ziehen, um scheinbar größtmögliches Chaos zu hinterlassen oder ihn nach Büchern fragen, die sie dann offensichtlich im Anschluss lieber bei Amazon bestellen. In diesen Beschreibungen blitzt wohl eine etwas misanthropische Haltung durch. 🙂

Bibliothekare sind leider auch nicht seine Lieblingsmenschen – die stempeln Bücher, kleben Signaturen und Barcodes auf ansonsten schöne Einbände oder bekleben sie gleich ganz mit schmutzabweisenden Folien. Für eine Secondhand-Buchhandlung nicht der idealste Buchzustand, da muss ich ihm Recht geben. 😉

Amazon ist auch so ein Lieblingsthema von Shaun. Irgendwie ist er darauf angewiesen, aber sein Verhältnis zum großen A zeigt sich ganz gut durch eine Trophäe, die er in der Buchhandlung aufgehängt hat: ein wortwörtlich erschossener Kindle.

Ganz nebenbei berichtet Shaun uns von seiner jeweils aktuellen Lektüre. Da verbirgt sich noch der ein oder andere Literaturtipp, den man gerne mitnimmt.

Shaun durch das Jahr in seiner Buchhandlung zu begleiten, war ein sehr unterhaltsames Unterfangen. Mittlerweile hat er sogar noch weitere Bücher geschrieben. Bisher ist jedoch nur das hier vorgestellte ins Deutsche übersetzt, da muss ich mir die anderen vielleicht mal im Original besorgen.

Das Buch könnt ihr bei uns in der Onleihe oder vor Ort ausleihen.

lga

100 Jahre Bärchen!

Es war einmal ein kleines Kind, das fragte die Mama ob es ein Gummibärchen haben darf. Die Mama sagte ja, holte die Dose hervor und stutzte- die Bärchen waren sehr viel größer als gewöhnlich. Das Kind freute sich und Mama sah sich den Deckel der Box genauer an. „Tanzbären – die 1. Goldbären-Generation aus 1922“ stand dort geschrieben. Nun mag man ja den Begriff „Tanzbär“ nicht mehr so gut finden, aber mir war überhaupt nicht bewusst, wie lange es diese Süßigkeit schon gibt! Für mich ein Grund, mal wieder in die Vergangenheit abzutauchen…

  • Am 13.12.1920 gründet der gelernte Bonbon-Kocher Hans Riegel HARIBO (HAns RIegel BOnn) und produziert in einer Hinterhof-Waschküche die ersten Süßigkeiten.
  • 1922 erfindet er den Tanzbären, eine Bärenfigur aus Fruchtgummi und legt damit den Grundstein für den Erfolg seiner Firma. Zwei Tanzbären kosteten damals übrigens einen Pfennig.
  • 1923 erwirbt er ein Auto um seine Kundschaft zu beliefern. Bislang hat seine Frau Gertrude per Fahrrad die Tagesproduktion ausgeliefert.
  • 1925 stellt er erstmals Lakritz her. Bestseller damals sind Lakritzstangen mit HARIBO-Schriftzug. Bald folgt die heute auch weltberühmte Lakritzschnecke und der Schwarzbär kommt auf den Markt.
  • 1930 folgt ein neuer Geniestreich: „Haribo macht Kinder froh“ – so lautet der einfache und einprägsame Werbeslogan. Neben dem Schwarzbären kommt noch ein weiterer Verwandter den Tanzbären auf den Markt. Nämlich der Teddybär.
  • mit 52 Jahren stirbt Hans Riegel 1945, 1946 übernehmen die Brüder Hans und Paul Riegel von ihrer Mutter die Leitung des Unternehmens.
  • Es ist soweit: 1960 kommen die Goldbären auf den Markt! 1967 werden die Goldbären vom deutschen Patentamt offiziell als eingetragenes Warenzeichen anerkannt.
  • 1962 wird im deutschen Fernsehen zum ersten Mal Werbung für HARIBO ausgestrahlt. Mitte der 60er-Jahre wird der Werbeslogan „Haribo macht Kinder froh“ um den Zusatz „und Erwachsene ebenso“ ergänzt.
  • 1978 ändern die Goldbärchen ihre Form. Die relativ weit nach außen weisende Fußstellung wird zurückgenommen und sie erhalten ihr kompaktes Aussehen, das wir heute kennen.
  • 1986: MAOAM wird teil von HARIBO, der Schriftzug wird beibehalten.
  • 1989 werden die Goldbären von der Farbe her etwas blasser.
  • 1991 wird Thomas Gottschalk Werbepartner (bis 2015)
  • 2007: Zum 85. Geburtstag erhalten die Goldbären eine neue Geschmacksrichtung und ein neues Beuteldesign. Als sechste Geschmacksrichtung kommt „Apfel“ hinzu. 
  • Seit 2009 gibt es die „Saft-Goldbären“.
  • 2020 feiert das Familienunternehmen in dritter Generation das 100. Jubiläum.
  • 2022: Hundert Jahre Bärchen!!!
Unter www.haribo.de könnt ihr den ganzen Werdegang der Goldbären nochmal nachlesen. 🙂

kwk

Buchtipp: Sein oder Nichtsein

1999. Ein Jahrhundert endet, ein berühmtes Tragödien-Schauspiel soll in einer unkonventionellen Inszenierung neu entstehen. Einer der bekanntesten Regisseure im deutschsprachigen Raum will es noch einmal wissen: Peter Zadek inszeniert mit über 70 Jahren „Hamlet“. Zusammen mit einem handverlesenen Ensemble will er an seine Bochumer Erfolge in den 70ern anknüpfen. Damals (1977) spielte Ulrich Wildgruber den Hamlet, eine legendäre Inszenierung, noch immer unvergessen. Diesmal will Zadek Angela Winkler in der Titelrolle. Und dann sind noch weitere große Namen dabei: Hermann Lause, Eva Matthes, Otto Sander, Uwe Bohm, … .

Klaus Pohl, der Horatio, schreibt Tagebuch, die Grundlage für seinen Roman zwanzig Jahre später.

„Von dieser abenteuerlichen Expedition in ungewöhnlicher Besetzung erzähle ich hier anhand meiner Tagebücher aus jener Zeit in wohltemperierter dichterischer Freiheit.“

(Seite 10)

Ein Roman also, doch im wesentlichen nicht fiktiv.

Roman "Sein oder Nichtsein" von Klaus Pohl. Galiani-Verlag, Berlin

Peter Zadek weiß ganz genau, was er will – wenn er nicht mal eben alles bisher gesagte umschmeißt und genau das Gegenteil verlangt: zum Beispiel das Bühnenbild, plötzlich wünscht er es weiß, kaum dass der zuvor abgesprochene schwarze Anstrich getrocknet ist. Seine Wünsche gehören sofort umgesetzt. Keine Diskussionen, wenn „der Zampano“ will! Der große Zadek treibt sein Ensemble erbarmungslos durch quälende Proben.

Uli Wildgruber hadert mit seinem Alter, mit seinem künstlerischen Anspruch und mit der Demütigung, dass ausgerechnet eine Frau die Hauptrolle spielen soll; er selbst wäre doch trotz seines Alters, ja, gerade wegen seiner Reife der ideale Hamlet – und er wird nicht müde, das auch alle wissen zu lassen. Angela Winkler hadert mit dem Text, sie will den Hamlet nicht, immer wieder entflieht sie den Proben. Und treibt alle anderen Beteiligten in den Wahnsinn. Aufstand. Es wird viel geschrien, deklamiert, mit Abbruch gedroht. Alles ist hoch emotional. Doch davon abgesehen wollen alle unbedingt Teil des großen Geniestreichs werden, nichts weniger wird erwartet.

So entwickelt sich also Kunst? Es ist schon ein Heidenspaß, das zu lesen, nimmt aber auch ein wenig die Illusion von der reinen Kunst und vom Kollektiv eines Ensembles. Und wenn Zadek alle zusammenstaucht oder Wildgruber monologisiert oder Lause grummelt – also ich musste das laut lesen und brüllen, bramarbasieren, grummeln. Hoffentlich haben da die Nachbarn nicht mitgehört.😏

Die Probenbühne in Luxemburg, wo Peter Zadek alle Beteiligten versammelt, wird zur Großen Bühne für gleich mehrere exaltierte Persönlichkeiten; gespielt wird Shakespeare – und Das-Wunder-wie-aus-dem-Chaos-Kunst-entsteht.

Klaus Pohl gelingt ein hinreißender Roman nicht nur für Theaterfreunde. Und ein bitter-süßer Abgesang auf das Regietheater und seine alten Stars, auch eine schöne Hommage an den sensiblen Berserker Ulrich Wildgruber, der 1937 in Bielefeld geboren wurde und auch hier beerdigt ist.
Unsere Katalogdaten findet Ihr hier.

HilDa

Rezept: Brownies mit Macadamianüssen

Ich habe neulich beim morgendlichen Einstellen von Medien mal wieder ein Backbuch entdeckt. Nach schnellem Durchblättern habe ich es kurzentschlossen ausgeliehen und Zuhause dann nochmal in Ruhe durchgeschaut. Heute möchte ich euch das erste Rezept vorstellen, das ich ausprobiert habe (Spoiler: es ist sehr schokoladig.. 😉 ).

Die Zutaten:

200 g Butter
200 g Mehl
100 g Macadamianüsse
200 g Zartbitterkuvertüre
175 g Zucker
4 Eier
100 g Sauerrahm
1 Teelöffel Backpulver
etwas Puderzucker für den Schneelook

Die Zubereitung:

Zuerst eine Backform ausbuttern und zusätzlich mit ein wenig Mehl bestäuben. Die Form sollte etwa die Maße 20 x 30 cm haben.

Die Macadamianüsse in eine Pfanne werfen und duftend rösten. Nach dem Abkühlen, die Nüsse grob klein hacken. Anschließend auch die Kuvertüre hacken (oder auch nicht, dann dauert es halt länger bis sie schmilzt – das ist eventuell meine bevorzugte Methode) und zusammen mit der Butter über einem heißen Wasserbad schmelzen. Das ganze etwas abkühlen lassen.

Zucker und Eier in eine Rührschüssel geben und cremig schlagen. Die leicht abgekühlte Schokoladenmasse nach und nach unterziehen. Den Sauerrahm dazu geben und unterrühren. Zuletzt Mehl, Backpulver und die Nüsse hinzugeben und ebenfalls unterrühren.

Den Teig gleichmäßig in der Backform verteilen und im vorgeheizten Backofen (180 °C Ober- und Unterhitze) etwa 30 Minuten backen. Die Brownies sollten zum Schluss immer noch weich und saftig sein.

Nach dem Abkühlen, den Kuchen in Stücke schneiden und nach belieben mit Puderzucker berieseln (wenn es sonst schon nicht schneit, kann man sich ja wenigstens die Illusion von Schnee in die Küche holen).

Das Rezept findet ihr in dem Buch Cookies, Brownies und Brookies, das Buch könnt ihr vor Ort, aber auch in der Onleihe ausleihen. Ich habe schon das nächste Rezept ins Auge gefasst. 🙂

lga

Spielerisch Programmieren lernen mit dem Ozobot – ein Praktikumsprojekt

Im Rahmen meines Studiums Bibliothek und digitale Kommunikation ist ein Praxissemester vorgesehen, welches dazu dient, aus der theoretischen Welt der Hochschule hinauszuschauen, das erlernte Wissen mit dem praktischen Betrieb einer Bibliothek zu verknüpfen und viele neue Erfahrungen zu sammeln. Diese Ansätze nahm ich mir zu Herzen und entschied mich dazu, etwas weiter weg von Köln, nämlich in der Stadtbibliothek Bielefeld, mein Praxissemester zu absolvieren. Ein wichtiger Bestandteil des Praktikums ist ein selbstständig erarbeitetes Projekt. Die Entscheidung, als Praktikumsprojekt eine Veranstaltungsreihe zu planen, stand relativ früh schon fest, da ich bereits im Studium positive Erfahrungen in der Konzipierung und Durchführung von Veranstaltungen sammeln konnte. Folgend würde ich gerne etwas über die Vorbereitung und den Verlauf meines Projektes berichten:

Auf einem weißen Blatt Papier ist ein verwinkelter Weg mit unterschiedlichen Farben aufgemalt.
Blatt Papier mit einem aufgemalten Weg und einem kleinen Ozobot-Roboter; außerdem sind Stifte und Karten mit Grafiken zu sehen

Im Dezember fand die erste Phase des Projektes statt, nämlich die Ideenfindung. Für zwei Wochen durfte ich die hauptamtlich geführten Stadtteilbibliotheken von Bielefeld besuchen und einen Einblick in ihre unterschiedlichen Projekte bekommen. Da ich wusste, dass die Zielgruppe der Veranstaltung Kinder im Alter zwischen 8-11 Jahren sein würden, überlegte ich mir, was Kinder in dem Alter besonders interessieren könnte. Angesichts der Tatsache, dass wir uns in einem digitalen Zeitalter befinden und es viele interessante Themen in dem Bereich gibt, welche auch spielerisch gut vermittelbar sind, entschied ich mich dazu, eine Veranstaltungsreihe mit den Schwerpunkten Programmierung, Robotik und Gaming zu machen. So kam ich dann auch auf die Idee, mit Ozobots zu arbeiten, welche von der Bibliothek zur Verfügung gestellt wurden.

Die zweite Phase des Projektes war die Planung der Veranstaltung. Der Medienkompetenz Rahmen NRW war dabei mein Leitfaden, gleichzeitig gab er dem Konzept auch eine grobe, in Lernziele unterteilte Struktur. Daran angelehnt suchte ich mir Aufgaben mit steigendem Schwierigkeitsgrad aus, welche die jeweiligen Meilensteine erfüllten. Da die Stadtteilbibliothek Stieghorst im Gebäude der FWM Gesamtschule liegt und daran gebunden auch engen Kontakt zu den Lehrern der Schule pflegt, ergab sich die Möglichkeit, eine Kooperation zu vereinbaren. So stand dann fest, dass ich am 26.01. und 27.01.2022 meine Veranstaltungsreihe „Spielerisch Programmieren lernen mit dem Ozobot“ gemeinsam mit 10 Kindern durchführen konnte.

Ein Ozobot auf einer verwinkelten "Schatzkarten"-Linie mit verschiedenen Farb-Codes

Die dritte und letzte Phase war die Durchführung. Bevor die Kinder kamen, bereitete ich alle notwendigen Arbeitsmaterialien wie Lernkarten, Papiere, Stifte und natürlich die Ozobots vor. Beide Veranstaltungen hatten eine Dauer von 45 Minuten, was im Nachhinein betrachtet etwas knapp war, da die Kinder sehr fasziniert von den kleinen Robotern waren und daher auch gern länger damit gearbeitet hätten. Als Einstieg haben wir erstmal über Roboter im Allgemeinen gesprochen, welche Roboter die Kinder bereits kennen, wo sie eingesetzt werden und wie sie funktionieren. Am Beispiel des Ozobots wurden dann wichtige Begriffe wie kalibrieren und Codieren definiert. Die Funktionen des Ozobots sind simpel und leicht zu verstehen, mit Sensoren kann er unterschiedliche Farben erkennen und darauf reagieren. Die Farbcodes, mit denen der Ozobot gesteuert werden kann, waren auf einem Blatt vermerkt, sodass die Kinder nach kurzer Einführung anfingen, eigene Bahnen zu zeichnen und den Ozobot zu steuern. Mit Lernkarten wurde das Verständnis über die Funktion und den richtigen Einsatz der Farbcodes vertieft.

Kinder (es sind nur die Arme und Hände zu sehen) probieren Ozobots auf fertigen Lernkarten aus, vorgefertigte Karten mit den Farbcodes

Besonders spannend zu beobachten war die Aufgabe, eine eigene Schatzkarte zu erstellen und den Ozobot auf Schatzsuche zu schicken. Das kreative Arbeiten gefiel den Kindern sehr gut. Die fertigen Schatzkarten bestanden aus kniffligen Wegen mit Abzweigungen, welche nicht nur zum Schatz, sondern auch zu Sackgassen und Monstern führten. Durch passend platzierte Farbcodes wurde der Ozobot zum Schatz geleitet.

Ich hatte sehr viel Spaß bei der Planung als auch der Durchführung des Projektes, und die positive Resonanz der Kinder zeigte mir, dass auch sie Spaß an der Arbeit mit den Robotern hatten und hoffentlich für die Zukunft mitnehmen, dass Bibliotheken spannende Orte sind, wo auf unterschiedliche Weise Informationen vermittelt werden.

Selin Köroglu

„Hörrlich“ viel Auswahl

Hört ihr viel Radio? Ich würde gerne mehr, aber es ergibt sich nicht wirklich oft die Gelegenheit. Ich bin nicht der Typ, der sich so nebenbei Musik anstellt oder eben Radio hört. Wo Radio aber ein Muss ist, ist im Auto. Das kenne ich so aus der Kindheit. Wenn ich mal allein unterwegs bin mit dem Auto (was selten vorkommt), „zappe“ ich gern durch meine eingespeicherten Sender. Spannend fand ich als Kind immer den Sendersuchlauf wenn es in den Urlaub ging. Denn mitunter verließen wir unser Bundesland und brauchten dann andere Frequenzen zwecks Staumeldungen. Andere „Länder“, andere Sitten könnte man sagen. 🙂

Auch meine Großeltern hatten immer das Radio im Auto an. Ziemlich laut und nur den Schlagersender. Gleich beim Zündschlüssel umdrehen ertönten die Herz-Schmerz-Gesänge. Mich hat es nicht gestört. Als ich dann selber fahren konnte, durfte ich hören was ich wollte. Bei uns galt die Regel „Der Fahrer entscheidet, was gehört wird“. Finde ich gut so und wird auch immer noch angewendet. Den Schlagersender meiner Großeltern wollte ich natürlich nicht hören. Ich bin dem Sender treu geblieben, den meine Eltern früher immer an hatten. Ich verrate nicht, welcher es ist. 😉 Natürlich habe ich auch andere Sender getestet, aber mir gefallen bis heute diese lockeren Radiomoderationen nicht. Klar, Spaß gehört mitunter dazu, aber ich mag es eben auch mal etwas…jetzt fehlt mir das Wort. „Seriöser“ hört sich zu steif an, „ernster“ ist auch nicht das richtige Wort…“nicht so jugendlich“ trifft es ganz gut glaube ich. Oh man, nun fühle ich mich alt. :-/

Neben guten Moderatoren ist natürlich eine gute Musikauswahl wichtig. Und viele Sender spielen echt gefühlt immer nur das Gleiche. Auch „mein“ Sender schafft es mitunter, manche Lieder ständig zu bringen. Aber das nur am Rande. Ja nun, der Schlagersender, über den wollte ich eigentlich noch etwas los werden. Denn der entpuppt sich nun als ganz angenehm, spielen sie doch Lieder, die nicht mehr ganz so herzig sondern echte gute Oldies sind. Die auch in Discos gespielt wurden (Cindi Lauper…) oder einfach aus der Musikbranche nicht wegzudenken sind (Abba…). Jetzt fühle ich mich schon wieder alt. Aber egal. 😉 Und ehrlich gesagt brauche ich manchmal diese Lieder und nicht den neuen zusammengewürfelten Remix aus eben diesen „alten“ Liedern. Früher sagten meine Eltern oft bei meiner Musik „Ach, das gab’s doch früher schon das Lied, das ist ein Cover“ und ich fand die alte Version oft blöd. Jetzt habe ich oft den selben Gedankengang wie meine Etern damals. Die alten Lieder, neu herausgebracht mit Techno-Touch gefallen mir nicht so gut wie die „alten“ aus meiner Jugend.

Wen ich irgendwie unbewusst abgespeichert habe, ist der Kultursender. Dort wird von morgens bis abends Klassik gespielt. Mozart, Beethoven, Schubert… allesamt. Wenn auf den anderen Sendern wirklich nichts passendes läuft, lasse ich mich davon berieseln. Meistens frühmorgens auf dem Weg zum Bahnhof. 😉 Und dann sagt eine ruhige Stimme „Liebe Hörerinnen und Hörer, das war das Klavierkonzert Nr. soundso, Opus hastenichtgesehen mit und ohne Geige“. Oder so ähnlich. Wundervoll. Wenn es gut war, nehme ich mir immer vor, mir das zu merken und bei der Arbeit dann die Musikbibliothek auf der Suche nach den Noten zu durchforsten. Und dann hier einen Hörtipp dazu zu verfassen.

Und noch eine kleine Notiz zum Schluss: Laut „Statista“ gab es 1987 ganze 44 Radiosender, 2021 sind es 461. Hui.

kwk

Buchtipp: „Mein Onkel, den der Wind mitnahm“ von Bachtyar Ali

Grenzen|los|lesen
Irak, Kurdistan

Schon vor einigen Jahren hatte mich ein Roman von Bachtyar Ali fasziniert, obwohl ich auch zugeben muss, dass ich die symbolträchtigen Bilder und vor allem die alptraumhaften Szenen nicht immer verstehen konnte („Der letzte Granatapfelbaum“, der Blogbeitrag dazu hier). Die neue Erzählung ist kurz und klingt schon im Klappentext märchenhaft.

Roman "Mein Onkel, den der Wind mitnahm" von Bachtyar Ali. Unionsverlag

Djamschid Khan verliert im Gefängnis so sehr an Gewicht, dass er leicht wie Papier vom Wind davon geweht werden kann. Das verhilft ihm zur Flucht, doch diese seltsame Eigenheit bestimmt nun sein Leben. Und auch das des Ich-Erzählers, der als ungebildeter Jugendlicher zu einem der Beschützer und Seilträger seines außergewöhnlichen Onkels Djamschid bestimmt wird. Es wird seine Lebensaufgabe, seinen Onkel am Boden zu halten – und ihm mit Hilfe von Seilen auf Wunsch das geliebte Fliegen zu ermöglichen. Doch diese Kunst bleibt nicht lange geheim, das Militär hat größtes Interesse an Djamschid als „Geheimwaffe“ zur Aufklärung an der Front und so müssen der fliegende Onkel und seine jugendlichen Begleiter, die im Führen der Seile geübt sind, im grausamen Iran-Irak-Krieg ihren Dienst tun. Als Djamschid im Einsatz abstürzt, verliert er sein Gedächtnis und auch sein Charakter verändert sich. Iranische Gefangenschaft, Flucht in die kurdischen Berge, die trügerische Hoffnung auf ein normales Leben mit einer geliebten Ehefrau, das Exil in der Türkei als erfolgreicher Fluchthelfer, eine Odyssee durch Europa, die Demütigungen als Showattraktion, … . Immer wieder ist es der Ich-Erzähler, der den Onkel sucht oder in den Himmel starrend auf ihn wartet, wenn er mal wieder vom Wind weit fortgetragen wurde und irgendwo in der Welt abgestürzt ist. Der junge Mann und die Heimat Kurdistan sind wie Anker, zu denen der Onkel auch nach neuerlichem Gedächtnisverlust und vielen Irrungen wieder zurückfindet, denn an eines erinnert er sich immer: „Ich bin Kurde und kann fliegen“.

Eine märchenhafte Erzählung voller Rätsel, Abenteuer und Symbolik, aber ganz klar im zeitgeschichtlichen Umfeld von 1979 bis fast in unsere Gegenwart verortet: Iran-Irak-Krieg, die Willkür unter Saddam Hussein, Bürgerkrieg in Kurdistan, Flüchtlingsschicksale und Schlepper-Kriminalität.

Im Nordirak geboren (1966), lebt Bachtyar Ali bereits seit Mitte der 1990er Jahre in Deutschland. Er schreibt auf Kurdisch (Sorani), übersetzt wurde die Erzählung von Ute Cantera-Lang und Rawezh Salim. Die Romane von Bachtyar Ali werden dem Magischen Realismus zugeordnet, bei uns bekannter durch die lateinamerikanischen Vertreter dieser Richtung. Diese Erzählung kann man auch gut verstehen, ohne viel über kurdische Kultur zu kennen. Auch große Kenntnisse über die Nahost-Geschichte der letzten 40 Jahre sind nicht unbedingt nötig.

Ein guter Einstieg in das Werk dieses Autoren, der zur Weltliteratur zählt.

Unsere Katalogdaten zu den Werken von Bachtyar Ali findet Ihr hier, die Detaildaten zur neuen Erzählung hier.

Viel Freude beim Lesen.
HilDa

Happy Birthday Bobby-Car!

Hier mal wieder ein Beitrag aus meiner privaten Kopf-Kategorie „interessantes, vielleicht nützliches Wissen“:

Dieses Jahr wird das unverwüstliche kleine rote Auto schon vierzig Jahre alt! Der Erfinder, Ernst A. Bettag, sah es erst als hässliches Entlein an. Doch es wurde von den Menschen geliebt und heutzutage kann man sich keinen Kinderhaushalt mehr ohne den roten Flitzer vorstellen. Hier ein kurzer Abriss der Erfolgsgeschichte:

1938 wurde die Johann Höfler Metallspielwarenfabrik gegründet, welche 1954 von dem Dipl.-Ing. Bettag übernommen wird. Die Produktion wird auf Kunststoff umgestellt (1956) und 1962 wird die Firma in BIG-Spielwarenfabrik umbenannt. Wir alle kennen das Wappentier der Marke; der Büffel zierte 1966 zum ersten Mal ein Produkt. 1972 dann wird das erste BIG-Bobby-Car auf der Internationalen Spielwarenmesse Nürnberg vorgestellt. Was ich auch ganz interessant finde: 1985 kommt der Kindertraktor BIG John auf den Markt – er ist das erste Tretfahrzeug der Welt mit realistisch funktionierender Ladeschaufel. 2004 übernimmt die SIMBA DICKIE GROUP die BIG-Spielwarenfabrik.

Die klassische Variante ist übrigens 60 cm lang und 40 cm hoch. Natürlich hat das Auto mittlerweile allerlei Zubehör bekommen. Neben Anhänger und Schiebestangen gibt es für die lärmgeplagten Nachbarn (oder Eltern) sogenannte „Flüsterreifen“. Die dämpfen das typische Poltern, wenn nach Herzenslust über den Asphalt gebrettert wird. Wie viele Paar Schuhe schon durch das Rutschen abgenutzt wurden… ohje. Aber auch hier hat sich der Hersteller etwas einfallen lassen. Spezielle Schuhschoner sorgen dafür, dass die Schuhe der Kinder etwas länger heile bleiben.

Das Bobby-Car gibt es nicht mehr nur in dem typischen knallrot, sondern in verschiedenen Versionen. Einige Anfertigungen verwerfen das klassische Design und werden zeitgenössischen, echten Autos nachempfunden (z.B. Mercedes, Porsche). Von „Hello Kitty“- pink über Polizei-blau bis hin zu gold sind viele Farbvarianten vertreten. Limitierte Sonderanfertigungen und eben die verschiedenen Farben machen das Rutschauto durchaus für Sammler interessant. Und nicht nur Kinder haben ihren Spaß – es werden Rennen auch für Erwachsene veranstaltet. Allerdings müssen Achsen und Co. leicht modifiziert werden. Das Auto erreicht bei Abfahrten durchaus Geschwindigkeiten um die 100 km/h. Da will das Bremsen gelernt sein.

kwk